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Rahmenbedingungen und Marktzugang
In der öffentlichen Beschaffung hat die elektronische Vergabeplattform "E-Katalog" mehr Transparenz geschaffen. Ausländische Unternehmen werden dennoch systematisch benachteiligt.
08.11.2022
Von Frank Malerius | Jakarta
Indonesien ist ein schwieriger Markt für Medizintechnikhersteller. Er ist trotz der Einwohnerzahl von 275 Millionen Menschen noch immer vergleichsweise klein und bietet darüber hinaus mangels Fachkräften wenig Anreiz für eine Produktion vor Ort. Bisher gibt es nur wenige ausländische Branchenproduzenten in Indonesien. Sie stellen ganz überwiegend nur einfache Massenware her. Vor allem kleinere Marktteilnehmer lassen ihre Waren nur im Archipel vertreiben, zumeist über lokale Agenten.
Zunächst müssen medizintechnische Produkte aber im Land registriert werden. Das dauert oftmals nicht mehr als zwei Monate. Der Prozess ist laut Marktteilnehmern in der Regel transparent.
Die öffentliche Beschaffung von Medizintechnik läuft seit 2014 über eine digitale Vergabeplattform, den sogenannten E-Katalog. In ihm bieten Hersteller ihre Produkte zu einem zuvor ausgehandelten Festpreis staatlichen Krankenhäusern an (ohne, dass diese ihren Bedarf ausschreiben müssen). Der E-Katalog hat ein System mit Mittelsmännern ersetzt, dadurch Transparenz geschaffen und Korruption erschwert. Mittlerweile ist es laut Marktteilnehmern den staatlichen Krankenhäusern aber teilweise wieder erlaubt, Preisverhandlungen zu führen, was die Tore für unlautere Praktiken erneut öffnet. Ausländische Anbieter klagen darüber, dass es teilweise sehr lange dauert, bis ihre Produkte im E-Katalog gelistet werden.
Der E-Katalog ist für viele Hersteller ein unverzichtbares Vertriebsinstrument. Laut einer Untersuchung sollen etwa drei Viertel aller in Indonesien vertriebenen medizintechnischen Produkte auf den E-Katalog entfallen. Andere Schätzungen beziffern den Anteil des Bedarfs an Medizintechnik von staatlichen und privaten Krankenhäusern auf jeweils etwa 50 Prozent. Allerdings ist der private Markt kleinteiliger und lässt sich daher schwieriger bearbeiten.
Verbot in der öffentlichen Beschaffung für ausländische Lieferanten
Im Juli 2021 traf die ausländischen Medizintechnikunternehmen in Indonesien ein Paukenschlag. Ohne jede Vorwarnung schloss die Regierung tausende importierte medizintechnische Geräte in der öffentlichen Beschaffung aus (private Krankenhäuser dürfen weiterhin unbeschränkt Importprodukte einkaufen). Ziel der Maßnahme war, ausländische Hersteller zu einer Produktion vor Ort zu zwingen. Der E-Katalog wurde daraufhin von einheimischen Produkten geradezu geflutet. Ihre Anzahl stieg von 52.000 auf 600.000.
Doch das Verbot konnte die Position lokaler Produkte im Markt bisher nicht verbessern. Im 1. Halbjahr 2022 betrug ihr wertmäßiger Anteil in der Beschaffung staatlicher Krankenhäuser nur ein Viertel. Zu schlecht ist die Qualität der lokalen Produkte. Es gelang auch nicht, den Local Content ("TKDN") der gelisteten Produkte substanziell zu erhöhen. Selbst von den indonesischen Herstellern erfüllt nur ein kleiner Teil die Local-Content-Ziele von 25 bis 40 Prozent. Manchmal sind nicht einmal die benötigten Rohstoffe im Land verfügbar.
Und obwohl lokale Produkte manchmal sogar teurer als vergleichbare (und höherwertige) Importprodukte sind, lässt die Regierung nicht von ihrem Plan ab und verschärfte das Verbot im September 2022. Die angestrebte Lokalisierung der Produktion steht offenbar industriepolitisch weit oben auf der Agenda. Selbst Präsident Joko Widodo ist involviert und drohte den Verantwortlichen in Staatsunternehmen sogar mit Amtsverlust, wenn sie nicht mehr lokale Produkte einkaufen.
Geringe Rechtssicherheit
Im E-Katalog haben Produkte mit einem höheren Local-Content-Anteil größere Chancen auf einen Zuschlag. Für dessen Berechnung bestehen zwar Regeln, doch nicht immer ist klar, wie genau sie ausgelegt werden. Generell herrscht eine geringe Rechtssicherheit. Verordnungen können sich jederzeit kurzfristig ändern, oftmals gleicht die Vorgehensweise einem Trial and Error. Ausländischen Herstellern wird so jede Planungssicherheit genommen.
Die Benachteiligung ausländischer Unternehmen geht laut Marktteilnehmern sogar so weit, dass Produkte von indonesischen Firmen gegenüber denen von nicht-indonesischen Firmen bevorzugt werden - weil letztere ausländisch investiert sind. Also selbst dann, wenn eine ausländische Firma der Regierungslinie folgt und eine Produktion im Land aufbaut, wird ihren Produkten keine Chancengleichheit gewährt. Auch der Einsatz ausländischer Fachkräfte führt zum Punktabzug.
Die Optimisten unter den von den Maßnahmen betroffenen ausländischen Branchenvertretern glauben, dass die Regierung entgegen allen Beteuerungen ihren Kurs langfristig nicht durchhalten kann und zumindest teilweise zurückrudern muss. Zu sehr sinke die Versorgungsqualität durch minderwertige lokale Produkte.
Allgemeine Investitionsbedingungen haben sich verbessert
Indonesien hat in Südostasien einen vergleichsweise schlechten Ruf bei Investoren. Korruption, Rechtsunsicherheit und eine ausufernde Bürokratie schrecken Unternehmen ab. Im Corruption Perceptions Index 2021 steht das Land auf Platz 96 von 180 Ländern. Zumindest formell haben sich Investitionsbedingungen seit Implementierung der sogenannten Omnibus Law for Job Creation mit ihrer Liberalisierung des Investitionsrechts im Frühjahr 2021 erheblich verbessert. Es ist die wichtigste Wirtschaftsreform der letzten Jahrzehnte. Fast alle Branchen wurden für ausländisches Engagement geöffnet und der Handlungsspielraum ausländischer Unternehmen erweitert.
Für ein Urteil über den Erfolg oder Misserfolg der Reformen ist es kurz nach der Wiederöffnung des Landes nach der Coronakrise noch zu früh. Der Investitionsstandort Indonesien ist zwar noch immer nicht so offen wie Thailand und Malaysia. Doch ein positives Signal an Investoren ist die mittlerweile aktiv betriebene Industriepolitik, die Investoren mehr Zuwendung bietet als in früheren Zeiten.