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Special | Irak | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Irak − Potenziale im Klimakrisengebiet

Der Kampf gegen den Klimawandel wird im Land wichtiger − und dringender. Im Zentrum stehen dabei Effizienzsteigerungen im Energiesektor sowie der Schutz vor Dürre und Hitze.  

Von Detlef Gürtler | Berlin

  • Klimastrategie: Erstes Aktionsprogramm angekündigt

    Der Irak ist heute schon massiv vom Klimawandel betroffen. Die Regierung will mit Aufforstungen, erneuerbaren Energien und Wassereinsparungen dagegen angehen.

    Kaum ein Land wird bereits heute so stark vom Klimawandel heimgesucht wie der Irak. Dürre, über 50 Grad steigende Temperaturen sowie Sand- und Staubstürme bedrohen die Existenzgrundlage großer Teile der Bevölkerung: "Mehr als 7 Millionen Bürger sind betroffen, Hunderttausende mussten ihren Wohnsitz verlassen, weil die Landwirtschaft nicht mehr genug zum Leben einbrachte", sagte Premierminister Mohammed Al-Sudani im März 2023 bei einer Umweltkonferenz in Basra. Er kündigte zugleich ein umfassendes Aktionsprogramm gegen den Klimawandel an. Damit hat die seit Herbst 2022 amtierende Regierung einen energischeren Kurs im Kampf gegen den Klimawandel eingeschlagen als ihre Vorgängerinnen, deren Klimastrategie vor allem darauf abzielte, weder den Staatshaushalt noch die Privatwirtschaft noch die breite Bevölkerung zu belasten.

    Irak: Klimabilanz im Jahr 2021

    Indikator

    Irak

    Deutschland

    Bevölkerung (in Mio.)

    43,5

    83,2

    Ranking des Landes im Climate Change Performance Index (CCPI) 1)

    --

    Rang: 16

    Punktezahl: 61,11

    Anteil des Landes an den weltweiten Treibhausgasemissionen (in %) 2)

    0,6

    1,5

    CO2-Ausstoß gesamt (in Mio. t/Jahr)

    186

    675

    CO2-Ausstoß pro Kopf (in t CO2/Kopf und Jahr)

    4,3

    8,1

    Emissionsintensität der Wirtschaft (in kg CO₂/BIP 3))

    0,3

    0,2

    Energieintensität der Wirtschaft (in MJ 4)/2017 US$ PPP 5)2)

    5,6

    2,8

    1 2023, Rang von 63; 2 2019; 3 Bruttoinlandsprodukt; 4 Megajoule; 5 Purchasing Power Parity (Kaufkraftparität).Quelle: United Nations, 2023; Climate Change Performance Index; Global Carbon Atlas, 2023; International Energy Agency (IEA), 2023

    Zu den von Premierminister Al-Sudani angekündigten Maßnahmen gehört die Pflanzung von 5 Millionen Bäumen, die Schatten und Kühle spenden sowie die Schäden durch Staubstürme begrenzen sollen. Der Energieverbrauch des Landes soll bis zum Jahr 2030 zu 30 Prozent aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Und zur Reduzierung des Wasserverbrauchs im früher üppig versorgten Zweistromland sollen die bestehenden Bewässerungssysteme modernisiert und effizienter gemacht werden.

    Die Wasserknappheit im Irak ist dabei nicht in erster Linie eine Folge des Klimawandels, sondern das Ergebnis von Staudammbauten an den Oberläufen von Euphrat und Tigris in der Türkei, in Syrien und im Iran. Eine gemeinsame Wasserpolitik der Anrainerstaaten der beiden Flüsse gibt es nicht, entsprechend führt der Konflikt ums Wasser zu weiteren Spannungen in der ohnehin unruhigen Region. 

    Eine schnelle Abkehr der Weltwirtschaft von fossilen Energien würde die Existenzgrundlage des Landes selbst gefährden. Mehr als 90 Prozent der Staatseinnahmen sowie der Exporterlöse entfallen auf den Ölsektor, der Anteil der Ölindustrie am Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag im Jahr 2022 nach Angaben des irakischen Planungsministeriums bei 57 Prozent. Die derzeit noch hohen Einnahmen aus der Ölförderung könnten theoretisch für einen Wirtschaftsumbau in Richtung Dekarbonisierung genutzt werden. In der Praxis jedoch haben die Beseitigung der Kriegsschäden, der Wohnungsbau und die Schaffung von Arbeitsplätzen für die rapide wachsende Bevölkerung höhere Priorität.

    Angesichts der hohen Bedeutung fossiler Brennstoffe für die Wirtschaft des Irak liegen in diesem Sektor auch die höchsten Potenziale für eine Reduzierung von Treibhausgasen. Eine besondere Rolle spielt dabei das Abfackeln von Gas: Etwa die Hälfte des im Jahr 2022 im Irak geförderten Erdgases wurde nämlich nicht genutzt, sondern abgefackelt. Bis zum Jahr 2026 soll diese ressourcenverschwendende und klimaschädliche Methode komplett abgeschafft werden, versprach Iraks Ölminister Hayan Abdul-Ghani im Dezember 2022. Sein Vorgänger hatte allerdings ein Jahr zuvor noch versprochen, 90 Prozent des Abfackelns innerhalb von zwei Jahren zu beseitigen. Die Internationale Energie-Agentur IEA hält auch die Vier-Jahres-Frist für zu optimistisch: Sie prognostiziert eine Halbierung des Fackelgases bis zum Jahr 2030, und gleichzeitig eine Verdoppelung des genutzten Erdgases.

    Von Detlef Gürtler | Berlin

  • Klimaziele: Forderung nach internationaler Unterstützung

    Irak macht seine Emissionsreduktionsziele vom Zufluss internationaler Hilfsgelder abhängig. Ohne Unterstützung sind die Klimaziele sehr bescheiden.

    194 Staaten haben das Pariser Klimaabkommen unterschrieben, auch der Irak. Inzwischen sind alle Unterzeichnerstaaten der Verpflichtung nachgekommen, eine Erklärung über beabsichtigte nationale Beiträge zur CO₂-Reduktion (Nationally Determined Contribution; NDC) abzugeben. Der Irak war der 194. und damit letzte Staat, der eine solche Selbstverpflichtung abgegeben hat - am 15. Oktober 2021, fast sechs Jahre nach dem Abschluss des Pariser Abkommens.

    Deutliche Emissionsreduzierung nur bei internationaler Unterstützung

    Die vom Irak im NDC-Report formulierten CO₂-Reduktionsziele kommen nicht nur sehr spät, sondern sind auch sehr bescheiden. Ohne ausländische Hilfe erklärt sich der Irak nämlich nur bereit, die Emissionen bis 2030 gegenüber einem "Business As Usual"-Szenario um 1 bis 2 Prozent zu vermindern. Nur bei massiver internationaler Unterstützung sei das Land in der Lage, die Treibhausgasemissionen um 15 Prozent zu reduzieren.

    Emissionswerte und -ziele Iraks (in Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente)

    Jahr

    Ist-Wert

    Ziel

    1990

    49

    2000

    72

    2010

    110

    2020

    174

    2030*

    148

    * Der im Oktober 2021 vorgelegte NDC-Report hält eine Senkung der Treibhausgasemissionen um 15 Prozent bis 2030 für möglich, wenn dafür internationale Unterstützung gewährt wird.Quelle: Ist-Werte: Global Carbon Atlas, 2023

    In der NDC-Selbstverpflichtung wird diese Unterstützung auch klar beziffert: 100 Milliarden US-Dollar (US$) internationale Zuschüsse. Als weitere Voraussetzungen für verstärkte Klimaschutzinvestitionen werden genannt, eine stabile Sicherheitslage, keine Ölmarktkrisen und eine allgemeine Verbesserung der Lebensbedingungen im Irak.

    Potenzial für Emissionsreduzierung vor allem im Energiesektor

    In der NDC-Selbstverpflichtung nennt die irakische Regierung Öl und Gas, Stromerzeugung, Handel, Landwirtschaft, Transport und Wohnungsbau als die wichtigsten Bereiche, in denen Maßnahmen zur Verminderung von Treibhausgasemissionen ergriffen werden könnten. Angesichts der überragenden Bedeutung der Ölförderung für die irakische Volkswirtschaft gibt es im Energiesektor die größten Reduktionspotenziale – sein Anteil an den gesamten Treibhausgasemissionen beträgt laut NDC 75 Prozent.

    Die wohl wichtigste Einzelmaßnahme dabei ist die Reduzierung oder komplette Eliminierung des Abfackelns von Erdgas. Noch immer wird ein Großteil des bei der Ölförderung anfallenden assoziierten Gases abgefackelt, aber mit deutlich abnehmender Tendenz. Nach einer Schätzung der Internationalen Energie-Agentur werden im Jahr 2030 etwa 80 Prozent des im Irak geförderten Erdgases auch tatsächlich genutzt werden.

    Im Stromsektor sollen bei bestehenden konventionellen Kraftwerken die Emissionen durch Effizienzsteigerungen oder durch Umstieg auf Gasbetrieb gesenkt werden. Der Anteil der Kraftwerke, die mit Gas (statt Öl) befeuert werden, soll sich weiter erhöhen. Zudem ist die Nutzung erneuerbarer Energien geplant, wird aber im NDC-Dokument nicht beziffert.

    Im Transportsektor wird eine stärkere Nutzung von Liquefied Petroleum Gas (LPG) angestrebt. Seit 2019 müssen Neufahrzeuge, die im öffentlichen Transportsektor eingesetzt werden, mit LPG-Technik ausgestattet sein. Irak produziert LPG, muss aber Benzin teilweise importieren.

    Die Energieeffizienz im Gebäudesektor soll durch moderne Bauvorschriften erhöht werden. In der Abfallwirtschaft wird an Waste-to-Energy-Projekte gedacht, beispielsweise die Nutzung von Deponiegasen. Aufforstungsprogramme sollen der Bodenerosion entgegenwirken und CO₂ absorbieren.

    Von Detlef Gürtler | Berlin

  • Energie: Von Öl zu Gas zu Sonne

    Beim Kraftwerksneubau hat der Irak bislang vor allem auf den Umstieg von Öl auf Gas gesetzt. Aber langsam kommen nun auch erneuerbare Energien in den Strom- und Energiemix.

    Energieversorgung: Bislang extreme Abhängigkeit von Öl und Gas

    Die überwältigend große Bedeutung fossiler Energiequellen für die irakische Volkswirtschaft spiegelt sich auch im Energiesektor des Landes wider. 98,5 Prozent des gesamten Energieverbrauchs und 94,5 Prozent der Stromproduktion beruhen auf der Verbrennung von Erdöl oder Erdgas. Eine Reduzierung von Treibhausgasen gelang dabei in den vergangenen beiden Jahrzehnten in erster Linie durch den Umstieg vom Brennstoff Öl auf Gas: Lag in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts der Anteil von Erdgas am Gesamtenergieverbrauch um die 5 Prozent, betrug dieser Wert zuletzt um die 30 Prozent.

    Stromerzeugung: Konventioneller Kraftwerkssektor mit Verschiebung von Öl zu Gas

    Im Stromsektor fällt der Wechsel von Öl zu Gas noch deutlich drastischer aus. Schon 2014 erreichten Gaskraftwerke einen Anteil an der Stromproduktion von mehr als 70 Prozent - ein Jahrzehnt zuvor waren es nur 40 Prozent. Bisher hat Irak fast ausschließlich auf den Ausbau und die Modernisierung konventioneller Kraftwerke gesetzt, wobei bestehende Anlagen zu energieeffizienteren Gas- und Dampfturbinenkraftwerken (GuD) umgerüstet werden. Die MEED Projektdatenbank für den arabischen Raum verzeichnet gegenwärtig 20 im Bau befindliche Öl- und Gaskraftwerksprojekte für über 22 Milliarden US-Dollar (US$).

    Das mit Abstand größte dieser Projekte sind vom Ministry of Electricity (MoE) beauftragte Gaskraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 11 Gigawatt und einem Investitionsvolumen von 12 Milliarden US$. Zum Vergleich: 2020 verfügte der Irak landesweit über maximal verfügbare Kraftwerkskapazitäten von etwa 20 Gigawatt.

    Erneuerbare Energien mit zuletzt sinkendem Anteil

    Für den Betrieb von Wind- und vor allem Solarkraftwerken ist der Irak zwar hervorragend geeignet, bislang sind aber noch kaum Kapazitäten ans Netz gegangen. Nach Angaben der International Renewable Energy Agency (IRENA) stagniert die Fotovoltaikkapazität seit einem Jahrzehnt bei etwa 40 Megawatt. Mit dieser Kapazität konnten zuletzt (2021) 0,4 Prozent der gesamten Stromproduktion des Landes erzeugt werden.

    Der Irak verfügt laut IRENA über Wasserkraftwerke mit einer installierten Kapazität von 1,6 Gigawatt. Allerdings steht von dieser Leistung nur ein geringer Teil tatsächlich zur Verfügung, denn die zunehmende Wasserknappheit verringert auch das Potenzial der Stromproduktion aus Wasserkraft. Ihre Bedeutung nimmt denn auch seit Jahrzehnten stetig ab: Während Wasserkraft im Jahr 2004 noch einen Anteil von 5 Prozent an der gesamten Energieproduktion des Landes hatte, sank dieser Anteil bis 2021 auf 1,3 Prozent. Heftige Regenfälle im März und April 2023 dürften diesen Abwärtstrend zumindest unterbrechen, da sie viele Reservoirs wieder gefüllt haben.

    Große Solarprojekte kündigen Trendwende an

    Seit 2021 gibt es in Iraks Solarsektor zumindest Bewegung bei den Projektankündigungen. Iraks aktuelle Planung strebt bis 2025 eine Fotovoltaikkapazität von 10 Gigawatt an. Im Juni 2021 hat die Regierung verkündet, ausländische Investoren für Solarprojekte mit einer Leistung von insgesamt 12 Gigawatt gewinnen zu wollen. Gemäß der MEED-Datenbank waren allerdings Anfang 2023 lediglich Solarkraftwerke in einem Umfang von 1,2 Gigawatt in Bau sowie Anlagen mit weiteren 6 Gigawatt in Planung. 

    Ein kombiniertes Gas-Solar-Megaprojekt wurde im April 2023 nach langem Tauziehen beschlossen: das "Gas Growth Integrated Project" mit einem Investitionsvolumen von 27 Milliarden US$ unter Federführung des französischen Total-Energies-Konzerns. In drei irakischen Ölfeldern sollen im Rahmen des Projekts Anlagen zur Nutzung des bislang abgefackelten assoziierten Gases entstehen.

    In der Region Basra im Süden des Landes soll zudem ein Solarkraftwerk in der Größenordnung von 1 Gigawatt gebaut werden. Nach der ursprünglich geschlossenen Vereinbarung vom September 2021 gab es Diskussion über Art und Umfang einer staatlichen irakischen Beteiligung. Am Ende stand eine Einigung auf einen 30-prozentigen Staatsanteil; die übrigen Anteile gehen an TotalEnergies (45 Prozent) sowie Qatar Energies (25 Prozent).

    Von Detlef Gürtler | Berlin

  • Verkehr: Hoffnungsschimmer Eisenbahn

    Im Personen- und Güterverkehr nehmen die Emissionen eher zu als ab. Der Ausbau des Schienennetzes könnte den Trend umdrehen, kommt aber über das Planungsstadium noch nicht hinaus.

    Im Verkehrssektor ist vorerst nicht mit einer Senkung der CO₂-Emissionen zu rechnen, eher im Gegenteil. Nach Angaben des irakischen Statistikamts CSO hat sich der Fahrzeugbestand im Land zwischen 2015 und 2021 um 32 Prozent auf 7,5 Millionen (ohne Fahrzeuge öffentlicher/staatlicher Institutionen) erhöht. Ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht. Die Kfz-Dichte von 175 Fahrzeugen je 1.000 Einwohner (2020) liegt in etwa auf gleicher Höhe wie in den Nachbarstaaten Iran (175), Syrien (209) und Jordanien (169).

    Umstellung von Benzin- auf Gasmotoren

    Eine Verminderung des CO₂-Ausstoßes soll durch den Ersatz von Benzin durch Liquefied Petroleum Gas (LPG) erreicht werden. Trotz seines Ölreichtums muss der Irak einen Teil des Benzins importieren, da im Land Raffineriekapazitäten fehlen. Seit 2019 müssen deshalb erstmalig zugelassene Fahrzeuge, die im öffentlichen Transportsektor im Einsatz sind, mit LPG-Technik ausgerüstet sein.

    Elektroautos hingegen kommen im Irak noch kaum zum Einsatz. Das liegt nicht nur an der fehlenden Ladeinfrastruktur, sondern auch an den unzureichenden Kraftwerkskapazitäten im Land. Erst wenn deutlich mehr Strom zur Verfügung steht, und das zu einem relevanten Teil aus erneuerbaren Quellen, wird der Umstieg auf Elektromobilität im Irak ökonomisch und ökologisch sinnvoll.

    Investitionen ins Schienennetz geplant

    Der große Hoffnungsschimmer im irakischen Verkehrssektor ist das Schienennetz. Es ist zwar immerhin 2893 Kilometer lang, aber in keinem guten Zustand. Darunter leidet insbesondere der Personenverkehr: Die Zahl der Passagiere ist zwischen 2016 und 2022 von 417.000 auf 143.000 zurückgegangen. Genau umgekehrt verlief die Entwicklung im Güterverkehr - im gleichen Zeitraum stieg nach offiziellen Angaben das Volumen der per Schiene transportierten Güter von 52.000 auf 407.000 Tonnen.

    Die Struktur des Irak mit einer hohen Konzentration der Besiedlung entlang der Flussläufe von Euphrat und Tigris eignet sich im Prinzip ideal für den Schienenverkehr. Das spiegelt sich zumindest in den Planungen für den Ausbau und die Modernisierung des Schienennetzes wider, die unter anderem eine Schnellbahntrasse von Mosul im Norden über Bagdad bis nach Basra vorsehen. Insgesamt handelt es sich allein beim Ausbau des Schnellbahnnetzes laut MEED-Datenbank um Investitionen in Höhe von 23 Milliarden US-Dollar (US$).

    Im Frühjahr 2023 sind diese Projekte der Realisierung deutlich näher gekommen: Eine Vereinbarung mit der Türkei ermöglicht jetzt den Anschluss einer irakischen Bahnlinie an das türkische und damit das europäische Schienennetz. Mit dem Bau einer 1200 Kilometer langen Bahnverbindung vom Hafen Grand Faw im Süden bis zur türkischen Grenze im Norden soll schon nächstes Jahr begonnen werden, die Fertigstellung ist für 2028 geplant.

    Von Detlef Gürtler | Berlin

  • Industrie: Ausbau sicher, Dekarbonisierung unwahrscheinlich

    Der noch extrem kleine Industriesektor des Irak wird deutlich ausgebaut werden. Damit steigt auch der Ausstoß von Treibhausgasen.

    Die Rolle des Ölsektors ist im Irak derart dominant, dass die gesamte übrige Industrie daneben vergleichsweise winzig erscheint. Aktuell trägt die verarbeitende Industrie nach Angaben der Weltbank nur etwa 3 Prozent zur nationalen Wertschöpfung bei. Zum Vergleich: In den Nachbarstaaten Iran und Jordanien beträgt dieser Anteil jeweils gut 17 Prozent, und auch in einem extrem industrieschwachen Staat wie Äthiopien bringt es die Industrie auf mehr als 5 Prozent der nationalen Wertschöpfung. 

    Der unnatürlich geringe Anteil der Industrie dürfte sich im Zuge des Wiederaufbaus des Irak nach den Kriegsjahrzehnten stark erhöhen. Dabei werden kurzfristig vor allem Grundstoffindustrien wie Zement- und Stahlindustrie eine bedeutende Rolle spielen. Mit diesem Neuaufbau werden deutlich erhöhte Emissionen von Treibhausgasen verbunden sein. Neben Zement und Stahl tragen dazu auch Projekte zur Modernisierung und Erweiterung anderer Industrien bei. Dazu gehören insbesondere die chemische Industrie (Kunststoffe, Düngemittel, Reifen etc.), die Glasherstellung oder der Aluminiumsektor.

    In der nationalen Klimaschutz-Selbstverpflichtung (NDC) vom Oktober 2021 bekennt sich der Irak zwar zum Einsatz von emissionsreduzierenden Technologien im Industriesektor, nennt aber keine konkreten Maßnahmen. Ob dem Bekenntnis also auch Taten folgen, bleibt abzuwarten. 

    Von Detlef Gürtler | Berlin

  • Gebäude: Fehlende Mittel für mehr Klimaschutz

    Die gewaltigen Aufgaben im Bausektor lassen dem Irak kaum Spielraum für zusätzliche Investitionen in Energieeffizienz.    

    Im Bausektor steht der Irak vor extremen Herausforderungen. Kriege und Bürgerkriege haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten Städte, Stadtbezirke und Infrastruktureinrichtungen zerstört. Allein die durch den Islamischen Staat zwischen 2013 und 2017 verursachten Schäden werden mit 54 Milliarden US-Dollar (US$) beziffert. Und zusätzlich zu den Aufgaben für den Wiederaufbau kommt noch ein Neubaubedarf durch die rapide wachsende Bevölkerung: Derzeit steigt die Einwohnerzahl des Landes jedes Jahr um etwa 1 Million.

    Natürlich ergeben sich durch diese gewaltigen Aufgaben bei Wiederaufbau und Neubau auch große Chancen zur Modernisierung und Ökologisierung der Gebäude. Allerdings sieht sich die irakische Regierung nicht in der Lage, für solche Aspekte zusätzliche Gelder zu mobilisieren – ihr geht Masse eindeutig vor Klasse. Sofern an Energieeffizienz orientierte Baustandards zusätzliche Investitionen erfordern, erhofft sich der Irak deshalb eine Unterstützung durch internationale Geber.

    Es gibt durchaus auch entsprechende Ansätze, beispielsweise ein Projekt der Geberorganisation Global Environment Facility über 23 Millionen US$ für Energieeffizienzmaßnahmen in Bagdad. Für den größten Teil des irakischen Neu- und Wiederaufbauprogramms dürfte aber gelten, dass Investitionen in Energieeffizienz nur dann vorgenommen werden, wenn sie direkt Kosten sparen oder sich sehr kurzfristig amortisieren.

    Von Detlef Gürtler | Berlin

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen *

    Germany Trade & Invest/Irak

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft, auch Hinweise zu Ausschreibungen

    AHK Irak (Deutsches Wirtschaftsbüro Irak)

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministry of Environment

    Zuständig für Klima- und Umweltpolitik 

    Ministry of Electricity

    Zuständig für die Stromerzeugung

    Ministry of Industry and Minerals

    Zuständig für die Industrieentwicklung

    Ministry of Oil

    Zuständig für die Öl- und Gasförderung

    Ministry of Transport

    Zuständig für den Transportsektor

    Ministry of Construction, Housing, Municipalities and Public Works

    Zuständig für Wohnungsbau und öffentliche Infrastruktur

    International Building, Construction and Machinery Exhibition

    Fachmesse für Bauwirtschaft und städtische Infrastruktur (jährlich in Erbil)

    Basra Oil & Gas International Conference & Exhibition

    Fachmesse für Öl und Gas (jährlich in Basra; nächster Termin: Oktober 2023)

    Construct Iraq Erbil

    Fachmesse für die Bauwirtschaft (jährlich in Erbil; nächster Termin: November 2023)

    * Webseiten irakischer Institutionen häufig gestört oder nicht erreichbar.

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