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Special | Straße von Hormuz | Lieferketten

Straße von Hormuz: Kein Anrainer hat Interesse an einer Blockade

Eine Schließung der Meerenge hätte für die weltweite Öl- und Gasversorgung und alle Golfstaaten verheerende Folgen. Der Schiffsverkehr könnte nicht auf Alternativrouten ausweichen.

Von Heena Nazir, Robert Espey | Dubai

Spannungen zwischen Iran und den USA, Israel, Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) führen immer wieder zu Spekulationen über eine mögliche Blockade der Straße von Hormuz. Drohungen aus Teheran, mutmaßliche iranische Beteiligungen an Angriffen auf Schiffe in der Region sowie die Beschlagnahme von Frachtern und Tankern durch die Islamische Republik befeuern die Diskussionen.

Der 167 Kilometer lange Schifffahrtsweg zwischen Iran und Oman ist der einzige Zugang zum Persischen Golf. An der schmalsten Stelle hat die Meerenge eine Breite von weniger als 40 Kilometern. Dort ist die Passage für die internationale Schifffahrt lediglich sechs Kilometer breit.

Ohne Energie aus dem Persischen Golf droht Weltwirtschaftskrise

Durch die Straße von Hormuz wurden 2023 täglich durchschnittlich mehr als 20 Millionen Barrel Rohöl, Kondensate und Ölprodukte transportiert. Dies entsprach etwa einem Fünftel des weltweiten Verbrauchs. Lieferländer, die die Meerenge für Exporte nutzen, sind vor allem Saudi-Arabien, die VAE, Kuwait, Irak und Iran.

Der Flüssiggastransport insbesondere aus Katar durch die Straße von Hormuz lag 2023 bei durchschnittlich knapp 300 Millionen Kubikmetern pro Tag. Der Ausfall der Öl- und Gaslieferungen würde die Energiepreise explodieren lassen, mit verheerenden Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.

Freie Transportkapazitäten über Pipelines sind nur in geringem Umfang verfügbar. Zudem wären Pipelines im Kriegsfall nur schwer zu schützen. In Saudi-Arabien existiert seit 1982 eine 1.200 Kilometer lange Ölleitung von der Ostküste zum Roten Meer mit einer Kapazität von 5 Millionen Barrel pro Tag. Diese Leitung wurde 2019 durch Raketen der jemenitischen Huthis schwer beschädigt.

Abu Dhabi nahm 2012 eine 360 Kilometer lange Pipeline von Habshan nach Fujairah am Golf von Oman mit einer Kapazität von 1,5 Millionen Barrel pro Tag in Betrieb. Beide Pipelines dürften über freie Kapazitäten von insgesamt etwa 3 Millionen Barrel pro Tag verfügen.

Im Februar 2024 vergab Abu Dhabi den Bauauftrag für eine weitere Pipeline nach Fujairah. Die 520 Kilometer lange Verbindung soll 2,4 Milliarden US-Dollar (US$) kosten. Mit der Fertigstellung wird 2028 gerechnet.

Iran eröffnete 2021 einen Ölterminal in Bandar-e Jask außerhalb der Straße von Hormuz. Nach iranischen Angaben können dort 1 Million Barrel pro Tag verschifft werden. Irans sehr beschränkte Gasexporte wären von einer Blockade nicht betroffen. Die Gaslieferungen gehen über Pipelines hauptsächlich nach Irak und in die Türkei.

Trotz Kriegs blieb Meerenge offen

Die bislang größten Behinderungen des Schiffsverkehrs in der Straße von Hormuz gab es während des Irak-Iran-Krieges von 1980 bis 1988. Der irakische Präsident Saddam Hussein, der auch von westlichen Ländern unterstützt wurde, begann 1984 den sogenannten "Tanker War" mit Angriffen auf iranische Schiffe sowie auf den wichtigsten iranischen Ölterminal auf der Insel Kharg. Iran beschoss daraufhin irakische Tanker sowie Schiffe der mit Bagdad verbündeten Staaten. Während des "Tanker War" wurden mehr als 300 Schiffe beschädigt. Elf Schiffe sollen gesunken sein.

Die Angriffe brachten den Verkehr in der Straße von Hormuz nicht zum Erliegen. Der Hauptgrund war die hohe Bedeutung der Meerenge für die weltweite Ölversorgung. Eine längere Schließung der Seepassage hätte für Iran und die arabischen Golfstaaten den Ruin bedeutet. An dieser Situation hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert.

Auch die USA, China und Russland sind an einer freien Schifffahrt durch die Meerenge interessiert. Dennoch können politische Spannungen und Störungen des Schiffsverkehrs in der Passage zu empfindlichen Reaktionen an den Öl- und Gasmärkten führen.

Blockade würde in Iran schwere Rezession verursachen

Für Irans Wirtschaft ist die Straße von Hormuz von zentraler Bedeutung. Trotz der US-Sanktionen sind die Ölexporte seit 2021 wieder deutlich gewachsen. Der Anstieg trug wesentlich dazu bei, dass die Konjunktur in der Islamischen Republik auf den Wachstumspfad zurückgekehrt ist. Nach Berechnungen des Fachinformationsdienstes Kpler stiegen die iranischen Ölausfuhren 2023 gegenüber dem Vorjahr um etwa 50 Prozent auf durchschnittlich 1,29 Millionen Barrel pro Tag.

Ein Wegbrechen der Exporteinnahmen würde das Land in eine schwere Rezession stürzen. Dass Teheran nach einer Blockade der Meeresenge durch iranische Streitkräfte seinen Ölterminal Bandar-e Jask am Golf von Oman als alternative Transportroute ungehindert nutzen könnte, ist unwahrscheinlich. Iran müsste mit Angriffen auf die in Bandar-e Jask endende, 1.000 Kilometer lange Onshore-Pipeline aus der Provinz Bushehr rechnen.

Für den Nichtölhandel, der bislang zum Großteil über den Hafen Bandar Abbas an der Straße von Hormuz abgewickelt wird, könnte Iran seinen im Ausbau befindlichen Tiefwasserhafen Chabahar am Golf von Oman nutzen. Dort wäre aber ein starker Ausbau der Frachtkapazitäten erforderlich. Deshalb bleibt Iran vorerst auf den Hafen in Bandar Abbas angewiesen.

Als Alternativen zum Seeweg stehen Iran zahlreiche Landrouten zur Verfügung. Es existieren Schienenverbindungen unter anderem in die Türkei sowie nach Russland, nach Pakistan und nach China. Allerdings wäre auf diesen Strecken eine deutliche Erhöhung der Transportkapazitäten notwendig.

Irans wichtigstes Transitprojekt, der International North South Transit Corridor (INSTC), würde durch eine Blockade der Straße von Hormuz gefährdet. Der INSTC verbindet Russland mit Indien über die Häfen Bandar Abbas und Chabahar. Im Januar 2024 unterzeichneten Iran und Indien eine weitere Vereinbarung über die Entwicklung des Hafens von Chabahar.

Die VAE könnten als Ausweichroute für den Nicht-Ölhandel den Hafen Fujairah nutzen. Zudem wird gegenwärtig eine Schienenverbindung zwischen den VAE und dem omanischen Hafen Sohar gebaut. Saudi-Arabien plant seit langem eine Schienenstrecke zwischen der West- und der Ostküste, die sogenannte Landbridge.

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