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Wirtschaftsumfeld | Irland | Personal

Personalsuche und Personalmanagement

Wer in Irland beschäftigen will, bringt Personal am besten selbst mit oder rekrutiert global. Für Arbeitnehmer ist die Wohnungssuche ein größeres Problem als das Gehalt. 

Von Marc Lehnfeld | London

Irlands Wirtschaft wächst zwar kräftig, Unternehmen bereitet der Fachkräftemangel jedoch extreme Hürden bei der Personalsuche. Darunter leiden nicht nur ausländische Firmen, die erstmals mit einer Niederlassung in den irischen Markt expandieren. 

Für die irische Wirtschaft wird global gesucht

Laut einer Umfrage der Handelskammer Dublin aus dem 3. Quartal 2024 ist der Personalmangel das drittgrößte Problem für irische Unternehmen. Die Suche nach geeigneten Fachkräften dauert oft bis zu sechs Monate, da der Prozess zeitaufwändig und komplex ist. Unter Personalern gilt das frustrierte Mantra "Wir finden keine Iren", also wird immer öfter europaweit nach Personal gesucht, branchenabhängig auch weltweit. 

"Irland verfügt über einen sehr diversen und auch international geprägten Arbeitsmarkt", sagt Liam Ferguson, Managing Director bei B.Braun Medical in Irland. Der deutsche Pharma- und Medizinproduktehersteller B.Braun beschäftigt an seinen irischen Standorten bereits 160 Beschäftigte aus 16 verschiedenen Ländern. Das Unternehmen kann auch innerhalb des Konzerns Personal nach Irland anwerben, ist aber ebenfalls auf den externen Arbeitsmarkt angewiesen. Nach dem Brexit konnte das Unternehmen leichter medizinisches Personal aus Südafrika anwerben, weil die britische Insel zeitweise an Attraktivität im Arbeitsmarkt verlor. Im internationalen Vergleich überzeugt Irland laut Ferguson sowohl durch die EU-Mitgliedschaft mit günstigen Migrationsbedingungen innerhalb der Union als auch durch die global verbreitete Landessprache Englisch als geringe Eintrittshürde. 

Mitarbeiterbindung soll die Fluktuation begrenzen

Die Fluktuation im irischen Arbeitsmarkt ist hoch. Rund zwei Jahre bleiben die Beschäftigten in der Regel auf ihrem Posten und zeigen sich dann offen für neue Aufgaben. Um Beschäftigte zu halten, setzt B.Braun auf eine hohe Loyalität der Beschäftigten: Die praktizierte Kultur der Anerkennung und des Engagements führt zu einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit. Das deutsche Unternehmen erreicht so eine niedrige Fluktuationsrate von 2 Prozent. Außerdem führt B.Braun regelmäßig Benchmarking-Studien durch, um wettbewerbsfähige Vergütungspakete sicherzustellen, denn die Arbeitgeber konkurrieren bei der Personalsuche oft mit anderen ausländischen Großkonzernen. Wer die falsche Person einstellt oder nicht das richtige Paket anbietet, verliert die mühsam gewonnene Fachkraft schnell an die Konkurrenz. 

"Zum Standard gehören mittlerweile auch Zahnbehandlungen und Krankenzusatzversicherungen, weil das staatliche Gesundheitssystem überlastet ist", betont Jutta Jennings, Head of Human Resources bei der Deutsch-Irischen Industrie- und Handelskammer in Dublin. Sie unterstützt deutsche Unternehmen bei der Personalsuche. Die Zusatzversicherungen kosten im Schnitt rund 1.800 bis 2.000 Euro jährlich. Für den Arbeitgeber sind wegen der Besteuerung die Kosten doppelt so hoch. "Wettbewerbsvorteile können Unternehmen über die flexible Arbeitszeit und Homeoffice-Regelungen herausstellen, denn größere Firmen setzen wieder auf eine höhere Büropräsenz", erklärt Jennings. "Das ist bei den Beschäftigten vor allem in Dublin nicht sehr beliebt, weil sie wegen der hohen Wohnungskosten teilweise weiter außerhalb des Zentrums wohnen." 

Mittlerweile haben irische Arbeitgeber sogar die Pflicht, auf Antrag ihrer Beschäftigten individuelle Homeoffice-Regelungen zu verhandeln. Zwar ist damit kein zeitlicher Mindestanspruch auf die Arbeit von zu Hause verbunden, Arbeitgeber müssen sich aber der Diskussion stellen. In der Umfrage der Dublin Chamber sehen immerhin 47 Prozent der befragten Firmen keinen Produktivitätsunterschied. Allerdings schätzen 38 Prozent die Büroarbeit produktiver ein.

Wohnungskrise macht manche Arbeitgeber zu Vermietern

Die größte Belastung für Arbeitnehmer liegt in der Wohnungskrise des Landes. Die durchschnittliche Monatsmiete in Dublin beträgt im 3. Quartal 2024 etwa 2.476 Euro, im Landesdurchschnitt noch 1.955 Euro, während der durchschnittliche Bruttomonatslohn im gleichen Zeitraum bei nur 4.140 Euro liegt. 

Während das Wohnen in Wohngemeinschaften für viele Beschäftigte zur Regel gehört, beginnen Unternehmen, ihren Beschäftigten ein eigenes Wohnangebot anzubieten. Dazu gehören der Lebensmitteleinzelhändler Musgrave, Pflegedienstleister Windmill Healthcare oder der Hotelbetrieb von Killarney Hotels Collection. 

Nicht immer sind die Projekte erfolgreich. Als Ryanair zu Jahresbeginn 2024 bestätigte, für seine Beschäftigten 25 von 28 neu gebauten Häusern in Fosterstown nahe dem Dubliner Flughafen gekauft zu haben, sorgte das für Unzufriedenheit in der lokalen Bevölkerung. Zum Jahresende sind die Wohnungen noch immer nicht bezogen, weil sich die Rekrutierungspläne des Unternehmens von Irland in das europäische Ausland verschoben haben. Dass Arbeitgeber in großem Stil zu Vermietern werden, ist hingegen noch kein Trend.

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