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Markttrends
Israels Gesundheitswesen ist hoch entwickelt und technologisch anspruchsvoll, doch der Krieg leert die Staatskasse. Das könnte auch die Nachfrage nach Medizintechnik dämpfen.
12.09.2024
Von Wladimir Struminski | Jerusalem
Israel hat ein modernes und hoch entwickeltes Gesundheitssystem. Laut einer Studie der US-amerikanischen Zeitschrift CEO World Magazine war es 2024 das zehntbeste der Welt und lag nur zwei Ränge hinter Deutschland. Eine besonders hohe Benotung erhielt Israels Gesundheitswesen bei dem Kriterium "Infrastruktur und Fachpersonal".
Israelische Krankenhäuser und Kliniken erwerben modernste Medizintechnik. Medizintechnische Ausrüstungen, die westlichen Standards nicht entsprechen, können keine Marktzulassung erhalten. In Israel sind Ärzte mit Diagnostik- und Behandlungsmethoden führender westlicher Länder vertraut und richten sich nach neusten medizinwissenschaftlichen Erkenntnissen.
betrugen die Gesundheitsausgaben je Einwohner 2022.
Haushaltsdefizit droht die Beschaffung zu dämpfen
Jetzt aber droht eine neue Gefahr: Die Folgen der geopolitischen Situation, in der Israel sich seit Ausbruch des Gaza-Krieges im Oktober 2023 befindet. Der Konflikt belastet extrem die Staatskasse und führt zu einem hohen Haushaltsdefizit. Für 2024 prognostiziert die Zentralbank ein Defizit von knapp 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Selbst wenn sich die Konfliktlage nicht verschärft, gelten empfindliche Einschnitte in staatliche Leistungen für die Bevölkerung inklusive des Gesundheitswesens als unvermeidlich. Das hätte auch negative Folgen für die Beschaffung von Medizintechnik.
Gesundheitswesen ist jetzt schon unterfinanziert
Der Markt für Medizintechnik hat jetzt schon großen Nachholbedarf. Das liegt daran, dass die Regierung das Gesundheitssystem bereits seit vielen Jahren unterfinanziert. Bezeichnend dafür ist die Entwicklung der Zahl der Krankenhausbetten in Universalkrankenhäusern. In den Jahren von 2013 bis 2022 nahm diese Zahl zwar um 12,8 Prozent auf knapp 17.000 zu, doch stieg die Bevölkerungszahl in dieser Zeitspanne um 21 Prozent.
Auch die Ausstattung mit medizintechnischen Ausrüstungen lässt oft zu wünschen übrig, was zu langen Wartezeiten für Untersuchungen führt. Ende 2021 entfielen beispielsweise nur fünf Magnetresonanztomografen auf 1 Million Einwohner. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 35.
Erschwerend kommt der rapide steigende Seniorenanteil an der Gesamtbevölkerung hinzu. In absoluten Zahlen wächst diese Altersgruppe sogar noch schneller. Laut der mittleren Variante der Bevölkerungsprognose des israelischen Zentralamts für Statistik (Central Bureau of Statistics) wird die Gesamtzahl der Landeseinwohner in den Jahren 2023 bis 2035 um 26,1 Prozent wachsen. Demgegenüber steigt die Zahl der Menschen im Alter ab 65 Jahren in derselben Zeitspanne um 40,6 Prozent. Die Konsequenzen für den Bedarf an Medizintechnik werden weitreichend sein.
Umfassende Krankenversicherung stützt den Markt
Allerdings macht die Finanzierungsstruktur des Gesundheitswesens eine wesentliche Schrumpfung des Marktes selbst bei finanziellen Schwierigkeiten der Regierung unwahrscheinlich. Nach israelischem Recht ist nämlich jeder Landeseinwohner krankenversichert – unabhängig von Alter, Einkommen und Vorerkrankungen. Alle Versicherten haben Anspruch auf eine staatlich finanzierte Leistungspalette, die Medikamente und Behandlungen umfasst. Letztere prägen die Nachfrage nach medizintechnischen Produkten mit.
Diese Leistungspalette, "Gesundheitskorb" genannt, wird staatlich finanziert und bietet insgesamt eine gute Grundversorgung für die israelische Bevölkerung. Dass diese Leistungspalette gekürzt wird, gilt allein schon aus innenpolitischen Gründen als ausgeschlossen.
Der Markt versorgt sich hauptsächlich über Einfuhr
Israel setzt moderne Medizintechnik ein und stellt hohe Ansprüche an medizintechnische Ausrüstungen. Das schafft zahlreiche Geschäftschancen für ausländische, darunter auch deutsche Anbieter von Medizintechnik.
Laut den jüngsten verfügbaren Zahlen der israelischen Industriestatistik entfielen auf die einheimische Branche 2021 rund 40 Prozent des Binnenmarktumsatzes. Mit 1,4 Milliarden US-Dollar (US$) deckte die Einfuhr 60 Prozent des israelischen Bedarfs an Medizintechnik. In den Jahren 2022 und 2023 stagnierten die Importe: Nach dem durch die Coronapandemie entstandenen Spitzenbedarf flaute die Nachfrage ab.
Wohlgemerkt verfügt Israel über eine eigene, moderne und gut ausgebaute Produktion von Medizintechnik. Allerdings suchen israelische Hersteller ihre Absatzchancen hauptsächlich auf dem Weltmarkt. Im Gesamtergebnis ist Israel in diesem Bereich mit großem Abstand ein Nettoexporteur. Im Jahr 2023 standen der Einfuhr von 1,4 Milliarden US$ Ausfuhren von Medizintechnik im Wert von 3,2 Milliarden US$ gegenüber.
Die Exportquote der medizintechnischen Branche liegt bei rund zwei Dritteln. Manche Unternehmen produzieren häufig kaum oder gar nicht für den Binnenmarkt. Damit ist der Anteil vieler Hersteller am Binnenmarktumsatz gering. Die hohe Exportquote der israelischen Branche beeinflusst die Marktstruktur. Sie führt nämlich dazu, dass ausländische Lieferanten oft eher gegeneinander als gegen israelische Konkurrenten antreten.
Deutschland ist drittgrößter Lieferant
Deutschland gehört hinter den USA und China zu Israels führenden Lieferanten von Medizintechnik. Mit 145 Millionen US$ erreichte die Einfuhr aus Deutschland 2023 einen Importmarktanteil von 10,2 Prozent.
Die wichtigsten deutschen Lieferpositionen waren 2023 Röntgenapparate und -geräte und Apparate und Geräte, die Alpha-, Beta- oder Gammastrahlen verwenden (30,2 Prozent; SITC 774.2) sowie medizinische, chirurgische und tiermedizinische Instrumente, Apparate und Geräte (27,3 Prozent; SITC 872.2).
Akteur/Projekt | Projektstand | Anmerkungen |
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Bau des Shimon-Peres- Krankenhauses in Beer Sheva / Gesundheitsministerium, Krankenkassen Meuhedet und Leumit, Sheba-Krankenhaus | Vorbereitung | Teil eines Programms zum Ausbau des Krankenhausnetzes |
Bau eines Krankenhauses in Kiryat Ata | Vorbereitung | Teil eines Programms zum Ausbau des Krankenhausnetzes |
Gesundheitsministerium, Krankenkassen, Krankenhäuser / Ausbau der Anwendung von Telemedizin | Durchführung | Zwecks Rationalisierung und Aufwertung der Patientenbetreuung |