Digitalisierung und Automatisierung stehen im Fokus des Maschinenbaus in Italien.
Italien vermeidet Anfang 2023 die Rezession
Italiens Wirtschaft wächst Anfang 2023 moderat. Für die Bruttoanlageinvestitionen erwartet die Zentralbank im Jahr 2023 ein Plus von 2,9 Prozent. Im Jahr 2024 könnten es nur noch 1,6 Prozent sein. Dann wirken sich sinkende Anreize in der Bauindustrie aus, während die Kreditkosten zunehmen könnten. Die Ausrüstungsinvestitionen sollen stabiler bleiben und 2023 und 2024 um jeweils 3,1 Prozent zulegen.
Nach einer im März 2023 veröffentlichten Umfrage des Industrieverbands Confindustria wollen 20 Prozent der Firmen in den kommenden sechs Monaten investieren. Die Zuversicht in der verarbeitenden Industrie war im Februar 2023 stabil, bei den Kapitalgüterherstellern steigend und in der Bauwirtschaft rückläufig.
Der nationale Dachverband der Hersteller von Werkzeug-, Verpackungs- und Textilmaschinen (Federmacchine) ist optimistisch und erwartet für 2023 ein Plus der Inlandsnachfrage von 3,1 Prozent auf 32,8 Milliarden Euro. Davon sollen rund 12 Milliarden Euro aus dem Import kommen, etwa 2,1 Prozent mehr als 2022. Im März 2023 gaben hier sogar 70 Prozent der Verbandsmitglieder an, in den kommenden sechs Monaten investieren zu wollen, 32 Prozent der Investitionen sollen Anlagegüter betreffen.
Der andere große Dachverband, Anima, der unter anderem die Schwer- und Lebensmittelindustrie vertritt, meldete für 2022 einen Umsatzzuwachs von 5,3 Prozent auf 54,5 Milliarden Euro. "Ein Ergebnis, das hoffen lässt", sagte Anima-Präsident Marco Nocivelli. Dennoch gebe es weiterhin viele Unsicherheiten auf dem Weltmarkt, wohin die Verbandsmitglieder rund 57 Prozent ihrer Produktion liefern. Zudem drückten die hohen Preise für Material und Vorprodukte die Margen erheblich.
Markt für Werkzeugmaschinen und Automatisierung wächst
Bei Werkzeugmaschinen, Robotik und Automatisierungstechnik erwartet der Verband Ucimu für 2023 ein Wachstum des Inlandsmarkts um 3,7 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro, davon entfallen rund 2,6 Milliarden Euro auf den Import (+1,3 Prozent). Zwar haben viele Abnehmer Käufe im 4. Quartal 2022 vorgezogen, um noch die 40-prozentige Steuergutschrift für Industrie-4.0-Ausrüstung zu nutzen. Diese sank zum Jahresbeginn 2023 auf 20 Prozent. Allerdings sieht die Ucimu-Präsidentin Barbara Colombo auch für das Gesamtjahr 2023 eine lebhafte Nachfrage.
Die Verpackungsmaschinenhersteller büßten 2022 laut Verband Ucima zwar 3 Prozent Umsatz ein, bleiben aber mit rund 8 Milliarden Euro nur leicht unter dem Vor-Corona-Niveau des Jahres 2019. Nachfrage kommt verstärkt aus dem Inland. Herausforderungen sind fehlende Komponenten und die geplanten EU-Auflagen, die einen Pflichtanteil von wiederzuverwendenden Verpackungen vorsehen (Re-use statt Recycling). Grundsätzlich seien die Aussichten gut. Die derzeitigen Aufträge garantierten rund 7,5 Monate Produktion. Da die europäischen Auflagen an Schadstoffreduktion und Nachhaltigkeit steigen, sind die Erwartungen in der Umwelttechnik besser denn je.
Die Hersteller von Baumaschinen werden voraussichtlich weiter von den hohen Investitionen in die Infrastruktur profitieren, die der Staat mithilfe der Gelder aus dem europäischen Aufbauplan unternimmt. Das gilt insbesondere für den Ausbau der Energieinfrastruktur, von Erneuerbaren Energien bis zu Gas und Wasserstoff. Die Hersteller von Klimatechnik für Wohngebäude bekamen laut Anima Probleme, als die Regierung Änderungen am Förderprogramm Superbonus unternahm. Konkret ging es darum, dass Steuergutschriften nicht mehr ohne Weiteres an durchführende Renovierungsfirmen abgetreten werden können. Produzenten von Kunststoffmaschinen rechnen für das Jahr 2023 mit einem leichten Rückgang. Gründe sind die schwächelnde Nachfrage in In- und Ausland sowie die unsichere Gesamtlage.
Maschinen für die Lebensmittelindustrie fuhren 2022 rund 4,5 Prozent mehr Umsatz (4,7 Milliarden Euro) ein als im Vorjahr. Kühltechnik für Lebensmittel legte dabei um 5,1 Prozent auf rund 2 Milliarden Euro zu, während Maschinen zur Lebensmittelverarbeitung um 2,8 Prozent auf rund 1,6 Milliarden Euro wuchsen. Agrarmaschinen verzeichneten 2022 infolge von Lieferproblemen und fehlenden Vorprodukten einen leichten Rückgang, bleiben aber auf hohem Niveau.
Gute Nachfrage besteht nach Lager- und Logistikausrüstung, deren Anbieter laut Anima rund 1,8 Milliarden Euro umsetzten, 4,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Textilmaschinenhersteller mussten im 4. Quartal 2022 einen Auftragsrückgang von 35 Prozent gegenüber dem 4. Quartal 2021 hinnehmen. Gründe sind der Krieg in der Ukraine und die unsichere makroökonomische Lage.
Digitalisierung steht im Fokus der Branche
Strategische Schwerpunkte für den Maschinenbau sind Automatisierung und Digitalisierung. Dazu gehören ferngesteuerte und vorausschauende Wartung, kollaborative Roboter und künstliche Intelligenz. Chancen zur Zusammenarbeit für deutsche Unternehmen bestehen bei gemeinsamer Entwicklung innovativer Lösungen. Ansprechpartner sind hier auch die Kompetenzzentren für die Industrie 4.0, in denen Industrie und Forschung bei Themen wie intelligente Fabrik, Advanced Machine Learning/Collaborative Robotics und Additive Manufacturing kooperieren, zum Beispiel "Made" in Mailand, an dem sich Siemens und Bosch beteiligen, oder "Bi-Rex" in Bologna, das sich unter anderem auf Industrie-4.0-Anwendungen in den Life Sciences spezialisiert.
Fördersätze gehen zurück
Der Staat fördert Käufe von Industrie-4.0-Ausrüstung über Steuergutschriften, die Anfang 2023 auf 20 Prozent halbiert wurden und in den kommenden Jahren weiter sinken. Kleine und mittlere Unternehmen die in Maschinen und Anlagen investieren, erhalten über das Förderinstrument "Nuova Sabatini" Zinszuschüsse von 2,75 Prozent. Wenn es sich um 4.0-Ausrüstung oder Equipment für grünere Produktionsprozesse handelt, sind es 3,755 Prozent. Über den Bonus Investimenti Sud (Investitionen im Süden) sind Steuergutschriften zwischen 20 und 45 Prozent möglich, zum Beispiel in Erdbebenzonen, Sonderwirtschaftszonen (ZES) und Logistikzonen (ZLS).
Von Oliver Döhne
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Mailand