Deutsche Wettbewerbsposition | Italien
Deutschland ist die Referenz
Partner, Vorbild, Konkurrent: Deutsche Produkte sind in Italien beliebt und geschätzt.
18.01.2022
Von Oliver Döhne | Mailand
Italien ist für Deutschland ein bewährter und stabiler Wirtschaftspartner. Die Lieferketten beider Länder sind eng verzahnt, Forschung wird oft gemeinsam durchgeführt. Italien ist für Deutschland sowohl ein großer Absatzmarkt als auch eine wichtige Bezugsquelle für hochqualitative Komponenten. Aufgrund der geographischen Nähe beliefern deutsche Firmen den italienischen Markt meist aus deutscher Produktion und unterhalten im Land Vertriebs- und Serviceniederlassungen.
In einigen Fälle überzeugten Italiens spezialisierte Arbeitskräfte und weitere positive Standortfaktoren deutsche Firmen auch zum Aufbau einer lokalen Produktion für den Inlands- und Weltmarkt. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Bedeutung Italiens für die deutsche Wirtschaft kaum geändert, was die stabilen Beziehungen unterstreicht. Die Zusammenarbeit könnte in den kommenden Jahren noch an Bedeutung gewinnen.
Italien importierte 2020 laut UN Comtrade Waren im Wert von 413 Milliarden US-Dollar (US$), davon stammten 16,7 Prozent aus Deutschland. Destatis zufolge lag das Land auf Rang 7 der wichtigsten deutschen Absatzmärkte. |
Italien exportierte 2020 Waren im Wert von 489 Milliarden US$. 13 Prozent davon gingen nach Deutschland - Rang 6 der wichtigsten deutschen Bezugsmärkte. |
Laut einer Studie von Intesa San Paolo waren 2019 rund 1.900 deutsche Unternehmen/Tochtergesellschaften in Italien ansässig, hauptsächlich in den Regionen Lombardei, Venetien und Latium. Damit stellen deutsche Firmen etwa 168.000 Arbeitsplätze im Land. |
Stabiler Absatzmarkt
Der Absatz deutscher Produkte in Italien hat sich in den vergangenen zehn Jahren grundsätzlich stabil und langfristig wachsend entwickelt. Die Dynamik entspricht, stärker als bei anderen Lieferländern, der des Gesamtimports Italiens, da Deutschland eine Vielzahl von Gütern in unterschiedlichsten Bereichen liefert. Wenn der Gesamtimport, wie beispielsweise zwischen 2011 und 2013, deutlicher zurückgeht, ist Deutschland überdurchschnittlich betroffen und büßt Lieferanteile ein, profitiert aber dann bei einer Zunahme, wie zwischen 2016 und 2018, auch stärker als andere Länder. Insgesamt hat Deutschland in den vergangenen zwanzig Jahren, anders als Frankreich, insgesamt kaum Lieferanteile verloren.
China gewann in den vergangenen zwanzig Jahren durch seine günstigeren Produkte stetig hinzu und löste Frankreich 2020 als zweitwichtigsten Lieferanten Italiens ab. Die Niederlande, Spanien und Belgien konnte durch Fokussierung auf einige Sektoren insgesamt Marktanteile hinzugewinnen. Für die kommenden Jahre ist davon auszugehen, dass sich die konstante Nachfrage nach deutschen Produkten fortsetzt und angesichts einer noch stärkeren europäischen Zusammenarbeit noch intensiviert.
Konsum- und Kapitalgüter gefragt
In vielen wichtigen Industriebereichen ist Deutschland für Italien die Referenz und die Nummer eins als Bezugsquelle. Vorübergehend beeinträchtigt durch globale Ereignisse wie die globale Finanzkrise oder die Coronapandemie ist die Nachfrage nach deutschen Produkten in Italien groß, dauerhaft und tendenziell zunehmend. Selbst im verschärften weltweiten Wettbewerb und trotz des Aufstiegs Chinas verloren deutsche Hersteller aus der Kfz-Industrie, der chemischen Wirtschaft oder dem Maschinenbau in Italien kaum Marktanteile, was für die enge Verzahnung der Industrien beider Ländern spricht. In der Automobilindustrie, wo deutsche Hersteller 2020 etwas deutlicher einbüßten, waren globale und nicht Italien-spezifische Faktoren die Ursache. Die Zukunftsaussichten sind grundsätzlich positiv, zumal in Italien durch die europäischen Hilfsgelder des Recovery Fonds Mittel für die grüne und digitale Transformation bereit stehen, an der deutsche Firmen teilhaben können und werden.
Rang | Produkt | 2000 | 2010 | 2020 |
---|---|---|---|---|
Chemische Erzeugnisse 2) | ||||
1 | Deutschland | 21,8 | 20,0 | 19,3 |
2 | Belgien | 9,9 | 11,2 | 14,4 |
3 | Frankreich | 14,2 | 11,6 | 11,1 |
Kfz und -Teile 3) | ||||
1 | Deutschland | 35,5 | 35,8 | 29,8 |
2 | Spanien | 11,6 | 10,3 | 11,8 |
3 | Frankreich | 16,1 | 12,1 | 10,3 |
Maschinen 4) | ||||
1 | Deutschland | 28,6 | 27,4 | 26,1 |
2 | China | 2,4 | 9,9 | 14,1 |
3 | Frankreich | 10,7 | 9,6 | 7,7 |
Wichtiger Beschaffungsmarkt
Als Bezugsmarkt für knappe Bodenschätze spielt das rohstoffarme Italien global keine Rolle. Aufgrund seiner großen industriellen Erfahrung und Expertise, zum Beispiel in der Metallbearbeitung, sowie seiner erfolgreichen Forschungskapazitäten, zum Beispiel in der Pharmaindustrie, kommt Italien aber dennoch eine wichtige strategische Position als Lieferant zu. Entsprechend beziehen deutsche Firmen aus Italien zahlreiche Vorprodukte und Komponenten, die nicht ohne Weiteres aus anderen Ländern bezogen werden können. Das gilt besonders in Bereichen, wo es auf hohe Qualität, Präzision und Forschungsintensität ankommt. Dazu zählen hochqualitative Komponenten der Kfz-Industrie und Wirkstoffe für Medikamente.
Weitere Bereiche, in denen Italien eine kaum zu ersetzende Stellung einnimmt, sind die Mode-, Design- und Lebensmittelindustrie. Bei Lebensmitteln punktet Italien mit einer langen Tradition handgemachter, qualitätsorientierter und umweltkompatibler Produktion. In Mode-, Möbel- und Designwirtschaft spielen Italiener ihre angeborene Begabung für Ästhetik und Stil aus.