Branchen | Japan | Energiespeicherung, Batterien
Elektromobilität beschleunigt das Rennen um Batterietechnologie
Japan will im globalen Wettbewerb um Automobilbatterien weiter punkten. Im abhebenden Markt für Elektrofahrzeuge spielen leistungsfähige Energiespeicher eine Schlüsselrolle.
04.02.2022
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Die japanische Regierung hat im Oktober 2021 angekündigt, Investitionen in die lokale Produktion von Batterien für Elektroautos zu unterstützen. Den Aufbau von Erzeugungskapazitäten für State-of-the-Art Batterien will sie mit circa 880 Millionen US-Dollar (US$) fördern. Private Folgeinvestitionen in Ausrüstung und Entwicklung in Milliardenhöhe sind zu erwarten.
Ziel ist, dass auf dem Archipel bis 2030 eine Batteriekapazität entsteht, die mindestens 100 Gigawattstunden an Leistung erbringt und mehr als 2,4 Millionen Electric Vehicles (EV, Elektroautos) ausstatten kann. Dies soll nicht nur die Investition in die Batteriefertigung selbst ankurbeln sondern auch die damit zusammenhängende chemische Zulieferindustrie und nicht zuletzt auch das Recyclinggeschäft.
2019 | 2020 | 1. Halbjahr 2020 | 1. Halbjahr 2021 | |
---|---|---|---|---|
in Milliarden Yen | 289,8 | 318,9 | 137,6 | 217,2 |
In Miliarden US-Dollar | 2,7 | 3,0 | 1,3 | 2,0 |
Wechselkurs (1 US-Dollar) | 109 | 107 | 107 | 110 |
Aus Japan spielt nur Panasonic in oberster Liga
Panasonic ist laut einem Bericht des Technologiemagazins IEEE-Spectrum vom September 2021 der weltweit drittgrößte Anbieter für EV-Batterien. Der Konzern wird seine Produktion von Batteriezellen in Japan erweitern. Dafür rüstet der Elektronikriese sein bestehendes Werk in der Präfektur Wakayama im Jahr 2022 um und investiert circa 700 Millionen US$. Ab 2023 soll von dort die nächste Generation von EV-Batterien für den Großkunden Tesla geliefert werden. Diese neue Batterie soll eine deutlich verbesserte Leistung erzielen.
Unter den Batterielieferanten Japans ist GS Yuasa für herkömmliche Akkumulatoren eine feste Größe. Das Unternehmen hält sich mit Großinvestitionen für EV im gegenwärtigen Marktumfeld zurück. Eine neue Produktion des Joint-Venture-Unternehmens Blue Energy, an dem Honda beteiligt ist, soll 2022 in Betrieb gehen. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf Batterien für Hybridfahrzeuge.
Gegenwärtig führen Anbieter aus China, wie CATL und BYD, oder Südkorea, wie LG Energy Solution und Samsung SDI, das Rennen um weltweite Batteriekapazitäten an. In allen großen Kfz-Märkten entstehen neue Fertigungsstätten für Elektrobatterien. Laut der US-Investmentbank Goldman Sachs sollen bis 2025 in China und Europa allein über 80 Prozent der weltweiten EV-Batteriekapazitäten von 1.700 Gigawattstunden entstehen. Japan und die USA liegen deutlich dahinter.
Fokus richtet sich auf fortschrittliche Batterietechnologie
Japans Hersteller versuchen, mit Festkörperbatterien im internationalen Wettbewerb verlorenes Terrain wiederzugewinnen. Solche EV-Batterien sollen sicherer, schneller ladbar und leistungsfähiger sein als die gegenwärtig genutzten Lithium-Ionen-Modelle auf flüssiger Elektrolytbasis. Die Nachfrage nach Festkörperbatterien wird hoch sein, sobald Kosten auf konkurrenzfähiges Preisniveau gedrückt werden können, so die einhellige Ansicht der Branchenunternehmen.
Unter den japanischen Entwicklern gehört Panasonic in Kooperation mit seinem Großkunden Toyota zu den Firmen, die zuerst mit Festkörperbatterien auf dem Markt sein wollen. Das Ziel ist, bis 2025 marktreife Modelle anzubieten. Die beiden Unternehmen gehören zu den Top-Patenthaltern in diesem Bereich. GS Yuasa meldete im November 2021, bei der Entwicklung von Festkörperbatterien gute Fortschritte zu machen. Sie sollen vor Ende der 2020er Jahre marktreif sein.
Japan hat viel Knowhow gesammelt
Nissan hat angekündigt, seine selbstentwickelten Festkörperbatterien bis zum Fiskaljahr 2028 (1. April bis 31. März) einsatzfähig zu haben. Zusammen mit den Allianzpartnern Renault und Mitsubishi sollen bis 2030 weltweit gemeinsam 35 Elektroautos im Angebot sein, wie die drei Hersteller im Januar 2022 ihrem "Alliance 2030" Plan vorstellten.
Nicht zuletzt Honda Motors, die Nummer drei im japanischen Markt, entwickelt derzeit eine eigene Festkörperbatterie. Diese soll in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre verfügbar sein. Bislang vertraut Honda auf CATL als Batterielieferant, da die meisten EV ohnehin in China hergestellt und verkauft werden. Honda will bis 2030 seine weltweite Modellpalette auf EV umstellen, darunter 40 Prozent vollelektrische Autos und 60 Prozent Hybridfahrzeuge.
Kreislaufgedanke ist ins Kalkül zu ziehen
Allein die Vielzahl der benötigten EV-Batterien sorgt dafür, dass sich Japans Automobilbranche den Lebenszyklus der Batterien genau anschaut. Denn die darin enthaltenen Rohstoffe, wie Lithium, Kobalt, Nickel und andere Materialien, werden aufwendig abgebaut, transportiert und veredelt. Das verursacht einen hohen CO2-Footprint. Zudem treibt die international steigende Nachfrage die Preise von Rohstoffen und Batterien nach oben.
In Japan wird das Recycling von der Automobilbranche selbst organisiert. Die EV-Batterien setzen sich aus einer Vielzahl zusammengeschalteter Zellen zusammen. Sie können je nach Zustand und Betriebsdauer in anderen Fahrzeugen wiedereingesetzt werden. Oder sie werden in stationären Batterieeinheiten verbaut, um so erneuerbare Energie zu speichern. Nicht zuletzt recyceln spezialisierte Firmen die Batterien, die kostbare Rohstoffe beinhalten.
EV-Nachfrage ist politikgetrieben
Die Elektrifizierungspolitik in vielen Ländern lässt den weltweiten Markt für aufladbare Batterien im automobilen Bereich stark steigen. Einer Prognose des japanischen Marktforschungsunternehmens Fuji Keizai zufolge soll der Absatz weltweit zwischen 2020 und 2035 um mehr als das Achtfache steigen. Für Japan und Europa erwartet Fuji Keizai einen Zuwachs von mehr als dem Neunfachen, berechnet jeweils auf Yen-Basis.
| 2021 *) | 2035 *) |
---|---|---|
Weltweit | 43,9 | 240,6 |
China | 19,7 | 89,7 |
Europa | 14,2 | 86,8 |
Nordamerika | 5,5 | 35,9 |
Japan | 2,1 | 15,9 |
Aufgrund von Dekarbonisierungsplänen stehen Elektrofahrzeuge im Fokus der Automobilindustrie. In Japan verpflichtet die Regierung die Automobilhersteller und -anbieter, ab 2035 nur noch elektrisch betriebene Pkw auf dem Archipel zu verkauften. Bei Nutzfahrzeugen lauten die Vorgaben, dass bis 2030 bei leichten Nutzfahrzeugen der Absatzanteil für elektrisch betriebene Kfz zwischen 20 Prozent und 30 Prozent liegen muss. Dieser Anteil soll bis 2040 für klimaneutrale Antriebe auf 100 Prozent steigen. Bei schweren Nutzfahrzeugen ist ebenfalls 2040 das Zieljahr.