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Branchen | Japan | Autonomes Fahren

Japan will bei Software-definierten Autos stärker werden

Software und Elektronik gewinnen im Auto an Bedeutung. Mit einer neuen Strategie will Japan die Wettbewerbsfähigkeit seiner Firmen stärken. Diese haben bereits Projekte gestartet.

Von Frank Robaschik | Tokyo

Um Anschluss zu halten, setzt Japans Wirtschaftsministerium (Ministry of Economy, Trade and Industry, METI) ehrgeizige Ziele. Laut der im Mai 2024 veröffentlichten Strategie zur digitalen Transformation in der Mobilität sollen 2030 weltweit 30 Prozent der produzierten Software-definierten Autos (SDV) von japanischen Firmen hergestellt werden. Dieser Marktanteil soll auch 2035 erreicht werden. SDV können ihre Software und Funktionen fortlaufend durch Kommunikation mit einer externen Cloud aktualisieren. Neben dem Trend zu mehr Elektromobilität werden Elektronik und Software im Auto wichtiger.

Im Jahr 2023 standen japanische Autohersteller für 28 Prozent aller weltweit produzierten Kraftfahrzeuge. Insofern scheint ein Weltmarktanteil von 30 Prozent bei SDV nicht völlig unrealistisch. Angesichts der wachsenden Bedeutung von IT- und Elektronikfirmen in der Kfz-Industrie sowie von chinesischen Anbietern ist das Ziel dennoch ambitioniert. Das METI erwartet, dass das SDV-Segment in den kommenden Jahren schnell wachsen wird. 

Amerikanische und chinesische Hersteller preschen aktuell mit neuen Konzepten bei Software im Auto vor. Tesla und Xpeng bieten über das Internet Software-Updates für ihre Fahrzeuge an. Waymo und Baidu betreiben erste autonom fahrende Taxis (Robotaxis). 

Prognose des Absatzes von SDVin Stück; Anteil japanischer Anbieter in Prozent
 

2030

2035

Weltmarkt

35 bis 41 Millionen

57 bis 64 Millionen

Japanische Anbieter (Ziel)

11 bis 12 Millionen

17 bis 19 Millionen

Anteil japanischer Anbieter (Ziel)

30

30

Quelle: METI 2024

Japan setzt auf Kooperation in Kernbereichen

Mit der neuen Strategie will Japan seine Firmen im internationalen Wettbewerb stärken. Sie sollen in für SDV wichtigen Kernbereichen gemeinsam Entwicklungen vorantreiben. Hierzu zählen hochgenaue Karten, Abstands- und Geschwindigkeitsmessung mit Laser, Cybersicherheit, Halbleiter und die Standardisierung von Programmierschnittstellen.

Kernbereiche für die Kooperation zwischen japanischen Herstellern
 Bereiche
Im und um das Auto3D-Präzisionskarten, LiDar (Light Detection and Ranging), Cybersicherheit, Programmierschnittstellen, Halbleiter und andere Elektrotechnik und Elektronik
EntwicklungsumgebungDateninfrastruktur, Simulationen, Ausbildung von Personal für die Softwareentwicklung, Generative KI
Quelle: Strategie zur digitalen Transformation in der Mobilität, METI 2024

Große Firmen investieren ins autonome Fahren

Der japanische Telekommunikationskonzern NTT investierte Ende 2023 in das US-Start-up May Mobility und erwarb die Rechte, dessen Technologie im Bereich des autonomen Fahrens in Japan zu vertreiben. Anfang 2022 hatte bereits Toyota Tsusho in May Mobility investiert. Das Nahziel von NTT und Toyota ist der Betrieb autonom fahrender Busse in japanischen Regionen, die Probleme haben, genügend Angebote im öffentlichen Nahverkehr zu generieren. Später sollen andere Fahrzeugarten folgen.

Toyota entwickelte mit e-Palette ein autonom fahrendes Fahrzeug, das im Rahmen von umfassenden Mobilitätsangeboten, also für Mobility as a Service (MaaS), einsetzbar ist. Es kommt bisher bei Demonstrationsprojekten zum Einsatz. MONET Technologies, ein Joint Venture, an dem Softbank und Toyota beteiligt sind, führt Demonstrationsprojekte für das autonome Fahren in Japan durch.

Honda, General Motors und der US-Anbieter für selbstfahrende Autos Cruise planen ab 2026 in Tokyo Taxidienstleistungen mit autonom fahrenden Autos anzubieten. Nach einem Unfall in den USA hatte Cruise allerdings von Ende Oktober 2023 bis Anfang Mai 2024 dort das autonome Fahren mit Passagieren gestoppt. Nissan will ab dem Fiskaljahr 2027 in Japan autonomes Fahren als kommerzielle Dienstleistung in drei oder vier Orten anbieten. Auch ländliche Regionen kommen dabei in Frage. 

Das japanische Start-up Tier IV, ein Entwickler von Open-Source-Software für das autonome Fahren, plant, im November 2024 in Tokyo mit dem Betrieb von Robotaxis zu starten. Schwerpunkt sind zunächst Zeiten und Orte, in denen kaum konventionelle Taxis zur Verfügung stehen. Bis 2027 will Tier IV die Dienstleistung auf den ganzen Großraum Tokyo ausweiten.

Projekte für Chips und 3D-Karten laufen

Zur Entwicklung hochleistungsfähiger Chips für Autos entstand Ende 2023 das Konsortium Advanced SoC Research for Automobile (ASRA). Beteiligt sind die Autohersteller Toyota, Nissan, Honda, Mazda, Subaru und Suzuki, die Teileproduzenten Denso, Hitachi Astemo und Panasonic Automotive Systems, die Halbleiterfirmen Socionext, Mirise Technologies und Renesas sowie aus den USA Cadence Design Systems und Synopsis. Bis 2028 will ASRA Chiplets, also integrierte Schaltkreise mit genau definierten Funktionen, für Autos entwickeln. Ab 2030 plant ASRA, sie in der Massenproduktion einzusetzen. 

Honda lotet mit IBM Forschungskooperationen beim gehirninspirierten Computing (neuromorphes Computing) und bei Chiplets aus. Hinzu kommen könnten offene und flexible Software-Lösungen für SDV.

Dynamic Map Platform entwickelt hochauflösende 3D-Karten für das autonome Fahren. Eigner sind die staatsnahen Firmen Innovation Network Corporation of Japan (INCJ) und Japan Overseas Infrastructure Investment Corporation for Transport and Urban Development sowie private Firmen. Zu den privaten Firmen zählen die Kfz-Hersteller Toyota, Nissan, Honda, Suzuki, Mazda, Subaru, Mitsubishi, Daihatsu, Hino und Isuzu. Dynamic Map Platform hatte 2019 den US-Anbieter von Präzisionsnavigationskarten Ushr übernommen.

Im Fokus: Simulationen und Schnittstellen 

Das Japan Automobile Research Institute (JARI) soll laut METI bis März 2029 Fahrzeug- und Komponentensimulationsmodelle entwickeln, die auch für die Bereiche autonomes Fahren, Fahrerassistenzsysteme und Elektroautos geeignet sind. Bei Simulationen für Sicherheitsbewertungen fördert das METI das Forschungsprojekt Safety Assurance Kudos for Reliable Autonomous Vehicles (Sakura) und die Driving Intelligence Validation Platform. Die Standardisierung der Programmierschnittstellen soll unter anderem über die Japan Automotive Software Platform and Architecture erfolgen. 

Ähnlich wie Europa mit Catena-X baut Japan mit Ouranos eine industrielle Plattform für den sicheren Austausch von Daten auf. Um den ab 2025 geltenden Pflichten aus der EU-Batterieverordnung genügen zu können, wurde im Mai 2024 das Automotive Battery Traceability Center gegründet. Dieses nutzt Ouranos. Später könnte ein Datenaustausch mit Catena-X stattfinden. Im Herbst 2024 soll in Japan mit der Mobility DX Plattform eine neue Community zum Informationsaustausch in den Bereichen SDV und autonomes Fahren entstehen. 

Weitere Details zu Japans Strategie zur digitalen Transformation in der Mobilität finden sich auf der Internetseite des METI.

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