Wirtschaftsumfeld | Ostasien | F&E
Ostasien setzt stark auf Forschung und Entwicklung
Drei der fünf Länder mit den global höchsten Entwicklungsausgaben liegen in Ostasien. Bei Patenten sieht es ähnlich aus. Und die Länder setzen weiter auf Wachstum durch Innovation.
25.06.2024
Von Frank Robaschik | Tokyo
- F&E steht im Zentrum der Industriepolitik
- Jedes zweite neue Patent stammt aus Ostasien
- Hohe Entwicklungsausgaben insbesondere für Elektronik
- Ostasiatische Firmen geben viel Geld für Entwicklung aus
- Viele große Forschungscluster liegen in Ostasien
- Ostasien nutzt Forschungsergebnisse aus Deutschland
- Ostasien kauft viel Analyse-, Bio- und Labortechnik
China, Japan und Südkorea gehören nach der Höhe der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) zu den Top 5 Ländern weltweit. Sie lagen 2022 auf den Rängen zwei, drei und fünf. Dabei gab selbst Südkorea auf Rang fünf mehr für F&E aus als jedes andere Land in Europa außer Deutschland. Taiwan investierte mehr als Indien oder Italien. Beim Anteil der F&E-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt Südkorea nach Israel weltweit auf Rang zwei. Taiwan folgt auf Rang drei.
F&E steht im Zentrum der Industriepolitik
Mit Plänen wie „Made in China 2025“ oder langfristigen Forschungs- und Fünfjahresplänen strebt China in vielen Bereichen eine industrielle Führerschaft an. Gleichzeitig spielen Importsubstitution und der Nachbau von im Westen entwickelten Technologien eine wichtige Rolle.
Südkoreas Industriepolitik setzt auf Elektronik, Energietechnik, Fahrzeuge, Gesundheit, Werkstoffe, Wasserstoff, Abspaltung und Speicherung von Kohlenstoffdioxid, Digitales und Kultur. Für definierte Technologien, die das exportorientierte Land besonders förderwürdig erachtet, gewährt die Regierung Steuervorteile und Finanzierungen.
Japan gewährt im Rahmen der Wahrung seiner wirtschaftlichen Sicherheit Subventionen etwa für Halbleiter, Batterien, Industrieroboter, Werkzeugmaschinen, Flugzeugteile, Antibiotika, Schiffsteile und Cloud Computing. Über den Green Innovation Fund fördert die Regierung heimische Firmen bei der Entwicklung von Technologien für die grüne Transformation. Auch für Digitalthemen, wie die Entwicklung von 6G-Netzen stehen Fördermittel zur Verfügung.
Jedes zweite neue Patent stammt aus Ostasien
Nach Daten der World Intellectual Property Organization (WIPO) standen China, Japan und Südkorea 2023 gemäß dem Vertrag zur Zusammenarbeit bei Patenten (PCT) zusammen für mehr als die Hälfte der weltweiten internationalen Patentanmeldungen. Allein auf China entfiel mehr als ein Viertel. Das Land der Mitte löste 2019 die USA als größten Anmelder internationaler Patente ab. Japan lag 2023 mit einem Anteil von 18 Prozent auf Rang drei vor der Europäischen Union mit 17 Prozent. Südkorea rangierte bei den PCT-Patentanmeldungen noch vor Deutschland, dem mit 6,2 Prozent erstplatzierten europäischen Land.
Hohe Entwicklungsausgaben insbesondere für Elektronik
Chinesische Firmen investieren viel Geld in Entwicklungen in der Elektronik, dem Maschinenbau und der Elektrotechnik. Japan hat eine ähnliche Struktur bei F&E-Ausgaben wie Deutschland. Einzige größere Ausnahme sind die mehr als doppelt so hohen F&E-Aufwendungen in der Elektronik. Südkorea hat wiederum einen sehr starken Fokus auf Elektronik. Firmen stecken hier etwa dreieinhalbmal so viel F&E-Gelder in diesen Bereich wie Unternehmen in Deutschland. Japan und Deutschland investieren wiederum am meisten in der Kfz-Industrie.
Land | Branchen |
---|---|
USA | Information und Kommunikation (177,8), Elektronik (104,9), Pharmaindustrie (103,9), Kfz-Industrie (28,1), Luft- und Raumfahrt (21,8), Medizintechnik (19,8), Maschinenbau (18,3), Chemie (9,5), Nahrungs- und Genussmittel (7,4), Elektrotechnik (5,7) |
China 2 | Elektronik und Optik (55,3), Maschinenbau (30,6), Elektrotechnik (25,8), Kfz-Industrie (20,1), Metallerzeugung (19,6), Chemieindustrie (14,6), Pharmaindustrie (13,4), Nahrungs- und Genussmittel (8,5), Textilindustrie (6,4) |
Japan | Kfz-Industrie (34,9), Elektronik (22,1), Maschinenbau (12,8), Pharmaindustrie (12,7), Chemie (8,6), Information und Kommunikation (4,4), Elektrotechnik (4,4) |
Deutschland | Kfz-Industrie (30,8), Elektronik (10,0), Maschinenbau (8,5), Pharmaindustrie (6,5), Information und Kommunikation (6,0), Chemie (5,4), Elektrotechnik (3,4) |
Südkorea | Elektronik (34,8), Kfz-Industrie (7,7), Maschinenbau (3,8), Information und Kommunikation (3,7), Chemie (3,2), Elektrotechnik (2,8), Pharmaindustrie (2,1) |
Taiwan | Elektronik (19,2) |
Ostasiatische Firmen geben viel Geld für Entwicklung aus
Unter den Top 20 der PCT-Patente anmeldenden Firmen waren lediglich vier nicht aus Ostasien. Unter den Top 30 stellten China und Japan jeweils zehn und Südkorea weitere drei. Während sich in Südkorea ein großer Teil der Entwicklungsausgaben auf die Samsung-Gruppe und die LG-Gruppe konzentriert, ist die Entwicklung in Firmen in China und in Japan deutlich breiter gestreut. Ein Großteil der besonders viele Patente anmeldenden Firmen sind in den Bereichen Elektronik und Telekommunikation tätig.
China | Japan | Südkorea |
---|---|---|
Huawei Technologies (1) | Mitsubishi Electric (4) | Samsung Electronics (2) |
BOE Technology Group (5) | NTT (10) | LG Electronics (6) |
CATL (8) | Panasonic (12) | LG Energy Solution (17) |
Guangdong Mobile Oppo Mobile Telecommunications (9) | NEC (15) | |
ZTE (11) | Sony (16) | |
Vivo Mobile Communication (13) | Murata Manufacturing (20) | |
Beijing Xiaomi Mobile Software (14) | NTT Docomo (21) | |
Changxin Memory Technologies (22) | Fujifilm (25) | |
Beijing Zitiao Network Technology (27) | Denso (26) | |
Honor Device (30) | Sony Semiconductor Solution (28) |
Taiwan ist kein Mitglied des Vertrags zur Zusammenarbeit bei Patenten (PCT). Daher können die Firmen dort keine PCT-Patente anmelden. Die aktivsten Anmelder in Taiwan waren 2023 laut dem Taiwan Intellectural Property Office der Halbleiterhersteller TSMC, Samsung Electronics (Südkorea), Applied Materials und Qualcomm (USA), Tokyo Electron (Japan), der Mikrocontrollerhersteller Mediatek, Nitto Denko (Japan), der Bildschirmhersteller AU Optronics, Coupang (Südkorea), der Computerhersteller Acer, der Elektronikhersteller Inventec und der Bildschirmhersteller Innolux. Mit Ausnahme von dem südkoreanischen Amazon-Äquivalent Coupang produzieren all diese Firmen Halbleiter, Bildschirme und andere Elektronik oder liefern der Elektronikindustrie zu.
Viele große Forschungscluster liegen in Ostasien
Laut der WIPO waren 2023 die fünf weltweit größten Forschungscluster in Ostasien. Von den Top 25 entfielen 14 auf die Region. Die Volksrepublik China allein stellt neun davon. Tokyo-Yokohama hält weiter die Spitzenposition. Auf Rang drei liegt Seoul.
Rang | Name | Schwerpunkte der Patentanmeldungen | Top PCT-Patentanmelder |
---|---|---|---|
2 | Shenzhen-Hongkong-Guangzhou | Digitale Kommunikation, Computertechnik, audiovisuelle Technik | Huawei, Oppo, Zte |
4 | Beijing | Digitale Kommunikation, Computertechnik, audiovisuelle Technik | BOE Technology, Beijing Xiaomi Mobile Technology |
5 | Shanghai | Computertechnik, Digitale Kommunikation, Elektrotechnik | Aac Acoustic Technology, Zte |
11 | Nanjing | Computertechnik, Elektrotechnik, Messtechnik | Kunshan Govisonox Optoelectronics |
13 | Wuhan | Halbleiter, Optik, audiovisuelle Technik | Wuhan China Star Optoelectronics Semiconductor Display Technology |
14 | Hangzhou | Computertechnik, IT-Methoden, Digitale Kommunikation | Alibaba Group, Hikvision Digital Technology |
19 | Xian | Medizintechnik, Computertechnik, Messtechnik | Shanxi Lighte Optoelectonics Material |
23 | Qingdao | Konsumgüter, Klimatechnik, Computertechnik | Haier |
24 | Chengdu | Pharmazeutika, Chemie, Computertechnik | Sichuan Kelunbiotech Biopharmaceutical |
Rang | Name | Region | Schwerpunkte der Patentanmeldungen | Top PCT-Patentanmelder |
---|---|---|---|---|
1 | Tokyo-Yokohama | Japan | Computertechnik, Elektrotechnik, Medizintechnik | Mitsubishi Electric, Sony, NTT |
3 | Seoul | Korea | Digitale Kommunikation, Computertechnik, audiovisuelle Technik | Samsung Electronics, LG Electronics, LG Innotek |
7 | Osaka – Kobe – Kyoto | Japan | Elektrotechnik, Messtechnik, Halbleiter | Murata Manufacturing, Kyocera, Nitto Denko |
15 | Nagoya | Japan | Elektrotechnik, Fahrzeuge, Messtechnik | Denso, Autonetworks Technologies, Fuji |
18 | Daejeon | Korea | Elektrotechnik, Chemie, Messtechnik | LG Chem, LG Energy Solution, Kaist |
27 | Taipei | Taiwan | Digitale Kommunikation, Computertechnik, audiovisuelle Technik | Hewlett-Packard, Mediatek, Fg Innovation |
Ostasien nutzt Forschungsergebnisse aus Deutschland
Für Gebühren für die Nutzung von Ergebnissen aus F&E und für F&E-Leistungen verbucht die Deutsche Bundesbank regelmäßig signifikante Zahlungen aus Ostasien. Diese betrugen 2023 zusammen über 6 Milliarden Euro. Davon entfielen mehr als 4,2 Milliarden Euro auf China, mindestens 1,3 Milliarden Euro auf Japan und mehr als 500 Millionen Euro auf Südkorea.
Deutschland zahlt kaum Gebühren für die Nutzung von Ergebnissen aus F&E in Ostasien. Allerdings kaufte es 2023 F&E-Leistungen für mindestens 3,7 Milliarden Euro. Davon entfielen mindestens 2,7 Milliarden Euro auf China, mehr als 650 Millionen Euro auf Japan und etwa 400 Millionen Euro auf Südkorea.
Ostasien kauft viel Analyse-, Bio- und Labortechnik
Angesichts der hohen F&E-Ausgaben verwundert es nicht, dass die Länder der Region viel Analyse-, Bio- und Labortechnik kaufen. China ist der zweitgrößte Importeur weltweit. Japan liegt auf Rang fünf und Südkorea auf Rang sieben.
Für Branchenprodukte „Made in Germany“ ist China der zweitgrößte ausländische Abnehmer fast gleichauf mit den USA. Japan kauft fast so viele Branchenprodukte wie die Schweiz. Gleichzeitig ist Japan zweitgrößtes ausländisches Lieferland von Analyse-, Bio- und Labortechnik nach Deutschland.