Recht kompakt | Kanada | Arbeitsrecht
Kanada: Arbeitsrecht
Das kanadische Arbeitsrecht wird geregelt durch Bundesrecht und auf Ebene der einzelnen Provinzen und Territorien.
11.07.2024
Von Jan Sebisch | Bonn
Anders als in Deutschland liegt die Regelungskompetenz in diesem Rechtsbereich hauptsächlich bei den Provinzen und Territorien. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes erstreckt sich lediglich auf bestimmte Arbeitsbereiche, denen eine überregionale Bedeutung zukommt. Dies betrifft unter anderem den Finanzsektor, aber auch die Luftfahrt-, die Transport- sowie die Medienindustrie. Eine Liste der bundesweit regulierten Branchen und Arbeitsplätze stellt die kanadische Regierung auf ihrer Webseite zur Verfügung.
Regelungen bezüglich der Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern an bundesweit regulierten Arbeitsplätzen lassen sich im kanadischen Arbeitsgesetzbuch (Canada Labour Code) finden. Der Canada Labour Code enthält Regelungen zum kollektiven Arbeitsrecht (Industrial Relation), Arbeitsschutz (Occupational Health and Safety), zu Lohn- und Arbeitszeitbestimmungen, Entlassungen und Abfindungen. Der Canada Labour Act wird durch zahlreiche Verordnungen konkretisiert.
Neben den gesetzlichen Regelungen wird das kanadische Arbeitsrecht zudem durch das Common Law geprägt beziehungsweise stützt sich auf Präzedenzfälle und wird durch die richterliche Auslegung weiterentwickelt. Eine Ausnahme stellt die Provinz Québec dar. In Québec ist der Civil Code (Zivilgesetzbuch) das einschlägige Regelungswerk.
Vertragsschluss
Ein Arbeitsvertrag kann grundsätzlich formfrei geschlossen werden. Allerdings ist zu Beweiszwecken wegen etwaiger Rechtsstreitigkeiten der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrags zu empfehlen. Ferner gilt es in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass im Rahmen von Arbeitsverhältnissen, die in den Anwendungsbereich des Canada Labour Code fallen, der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer innerhalb der ersten 30 Tage des Bestehens des Arbeitsverhältnisses eine Beschäftigungsbescheinigung (employment statement) auszustellen. Die Beschäftigungsbescheinigung muss unter anderem Informationen zum Beginn und zur Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie zum Arbeitsort enthalten. Eine Muster-Beschäftigungserklärung findet sich auf der Webseite des Federal Labour Standards Program. Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, diese Vorlage zu verwenden. Die erforderlichen Informationen können auch im Rahmen eines schriftlichen Arbeitsvertrags bereitgestellt werden.
Mit Ausnahme von Québec werden Arbeitsverträge, die den provinzialen Rechtsordnungen unterstehen, von den geltenden rechtlichen Regelungen der Provinz sowie des Common Law geregelt, in der die Arbeitsleistung erbracht wird. Dabei sind die einschlägigen, auf Provinzebene verabschiedeten Employment Standards Act (ESA) zu berücksichtigen. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht jedoch die Möglichkeit zu vereinbaren, dass der Arbeitsvertrag den Vorschriften einer speziellen anderen kanadischen Provinz unterliegen soll.
Vertragsbeendigung
Arbeitsverhältnisse können in Kanada durch einen Aufhebungsvertrag oder eine Kündigung beendet werden. An die Entlassung von bestimmten Arbeitnehmergruppen (zum Beispiel Schwangere) knüpfen die Provinzen oftmals besondere Voraussetzungen. In solchen Konstellationen kann ein Arbeitgeber unter anderem verpflichtet sein, das zuständige Arbeitsministerium zu informieren.
Ordentliche Kündigung
Im Hinblick auf eine etwaige ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers enthalten die jeweiligen Provinzgesetze (in Ontario zum Beispiel der Employment Standards Act, 2000) geltende Mindeststandards und Regelungen in Bezug auf die Kündigungsfrist. Kündigungen haben grundsätzlich schriftlich zu erfolgen. Ferner sehen die einschlägigen Provinzgesetze oftmals Mindestabfindungszahlungen vor.
Im Rahmen eines Arbeitsvertrages können andere Kündigungsfristen oder Abfindungszahlungen vereinbart werden, insofern diese nicht die gesetzlichen Mindeststandards unterschreiten. Sofern keine schriftliche Vereinbarung vorliegt, erachten die Gerichte in der Regel eine Kündigungsfrist von zwei bis vier Wochen pro Dienstjahr als angemessen.
Außerordentliche Kündigung
Bei einem schwerwiegenden Fehlverhalten des Arbeitnehmers ist eine fristlose Kündigung möglich. In solchen Fällen empfiehlt es sich, das Fehlverhalten des Arbeitnehmers genau zu dokumentieren.