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Kasachstan möchte weniger Kohle zur Energieerzeugung nutzen

Kasachstans Strom- und Wärmeproduktion hat großen Ausbau- und Modernisierungsbedarf. Zukunftsschwerpunkte sind neben erneuerbaren Energien auch Erdgas und die Atomkraft.

Von Jan Triebel | Almaty

Kasachstans Dekarbonisierungsstrategie, mit der das Land Klimaneutralität bis 2060 erreichen will, beziffert den langfristigen Investitionsbedarf im Energiesektor auf etwa 305 Milliarden US-Dollar (US$). Das entspricht nahezu der Hälfte des Finanzierungsbedarfs für alle geplanten Klimaschutzmaßnahmen.

Aktuell werden noch 70 Prozent des Stroms in Kasachstan mit Kohle erzeugt. Bereits 2030 soll der Kohleanteil nur noch bei 40 Prozent liegen. Der dazu nötige Umstieg auf alternative Energiequellen ist bereits angelaufen.

Mehrere Alternativen zur Kohle im Gespräch

Erneuerbare Energiequellen wie Sonne und Wind stehen dabei mit im Fokus. Auf Erdgas soll ebenfalls häufiger als bisher zurückgegriffen werden. Zudem wird Kasachstan zukünftig Strom mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mithilfe der Kernenergie erzeugen. Derzeit läuft der Auswahlprozess, welcher internationale Technologieanbieter dabei zum Zuge kommt. Mit einer Entscheidung ist voraussichtlich Ende 2022/Anfang 2023 zu rechnen. Experten gehen davon aus, dass das erste kasachische Atomkraftwerk frühestens 2035 ans Netz gehen kann.

Wer nach interessanten Ansätzen für Investitionen oder Zuliefermöglichkeiten im kasachischen Energiesektor sucht, sollte einen Projektpool im Blick behalten. Der Pool enthält derzeit knapp 800 Projekte, davon zahlreiche mit Energie als Schwerpunkt.

Nutzung erneuerbarer Energien wird ausgebaut

Im Bereich erneuerbare Energien sind aktuell rund 20 Vorhaben im Projektpool enthalten. Häufig läuft ihre Umsetzung bereits oder dürfte bald starten. Für Herbst 2022 sind mehrere Auktionsrunden angesetzt, die eine größere Zahl neuer Projekte zur Nutzung von Wind, Sonne, Wasser und Biomasse anstoßen werden.

Hinsichtlich von größeren Wasserkraftwerken führt der Projektpool zwei Vorhaben an (Umrechnung der jeweiligen Beträge in kasachischen Tenge zum Referenzkurs der kasachischen Zentralbank am 16. August 2022: 1 US$ = 476,18 Tenge):

  • eine Kraftwerkskaskade mit zehn einzelnen Anlagen am Fluss Ugam im Gebiet Turkestan mit 166 Megawatt Leistung für etwa 315 Millionen US$;
  • ein mit 44 Megawatt Leistung konzipiertes Wasserkraftwerk am Fluss Turgyssyn im Gebiet Ostkasachstan für 85 Millionen US$.

Almaty steigt von Kohle auf Erdgas um

Kombi-Kraftwerke mit Gas- und Dampfturbinen (kurz: GuD) setzen weitere Akzente in der Projektliste. Diese Technologie gilt als wichtige Zwischenlösung, um Kohle als Hauptenergieträger in Kasachstan schrittweise abzulösen. Auch sind GuD-Kraftwerke zunehmend als Netzreserve für die wachsende Zahl von Wind- und Solarkraftanlagen im Land gefragt.

Für den Ballungsraum von Almaty im Südosten des Landes sind drei GuD-Kraftwerken zur Strom- und Wärmeversorgung der 2-Millionen-Metropole im Gespräch. Noch werden die Kraftwerke vor allem mit Kohle befeuert. Die Luftqualität in der Stadt ist dementsprechend schlecht.  

Eckdaten zur Umrüstung von Kohle auf Gas in Almaty

Die vorab festgelegten Parameter lauten für die Almaty betreffenden GuD-Projekte wie folgt:

  • Leistung von 600 Megawatt am derzeitigen Standort des kohlebefeuerten Heizkraftwerks-2 für 660 Millionen US$;
  • Leistung von 450 Megawatt am derzeitigen Standort des kohlebefeuerten Heizkraftwerks-3 für 405 Millionen US$;
  • Leistung von 250 Megawatt am derzeitigen Standort des kohlebefeuerten Heizkraftwerks-1 für 225 Millionen US$.

Am weitesten scheint die Vorbereitung des Vorhabens zur Umstellung des Heizkraftwerks-2 auf Erdgas fortgeschritten zu sein. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) beteiligt sich voraussichtlich als Co-Finanzier. Die abschließenden Beratungen zu einem Kredit über 252 Millionen Euro sind für Mitte November 2022 angesetzt.

Zwei größere Gaskraftwerke als Netzreserve für den Süden des Landes

Auch im Süden Kasachstans werden weitere GuD-Kraftwerke gebaut, jeweils eines in den Gebieten Kysylorda (Leistung: 240 Megawatt) und Turkestan (926,5 Megawatt). Sie sollen 2025 und 2026 ans Netz gehen. Die beiden Anlagen sind vorrangig als Netzreserve vorgesehen.

Die Investoren für die Projekte wurden Mitte Juli 2022 per Auktion bestimmt. Der staatliche Betreiber des kasachischen Übertragungsnetzes, KOREM, garantiert 15 Jahre lang eine fixe Vergütung zur Refinanzierung der Investitionssumme.

Das Unternehmen Aksa Energy aus der Türkei ging als Sieger des Bieterverfahrens für die Stärkung der Netzreserve im Gebiet Kysylorda hervor. An der Ausschreibung nahmen insgesamt zwei Firmen teil. Das Tarifangebot von Aksa Energy lag umgerechnet bei etwa 24.150 US$ je Megawatt und Monat (ohne Mehrwertsteuer), gab KOREM über eine Pressemitteilung bekannt.

Darüber hinaus erhielt PGU Turkestan den Zuschlag für ein ebenfalls als Netzreserve vorgesehenes GuD-Kraftwerk im Gebiet Turkestan. Bei insgesamt drei Interessenten war das Gebot des kasachischen Unternehmens laut KOREM mit umgerechnet etwa 33.910 US$ je Megawatt und Monat (ohne Mehrwertsteuer) das günstigste.

Weitere Auktion für Netzreserve Ende September 2022

KOREM führt am 30. September 2022 eine weitere Auktion zum Ausbau der Netzreserve im Auftrag des kasachischen Energieministeriums durch. Gesucht wird ein Investor für ein 550-Megawatt-Kraftwerk, das entweder Wasserkraft oder Erdgas nutzt. Die potenziellen Interessenten können für den Standort zwischen dem Nord- und dem Südteil des Landes wählen.

Neben den technisch anspruchsvolleren GuD-Kraftwerken werden laut dem Projektpool auch drei neue Gasturbinenkraftwerke im Gebiet Westkasachstan geplant. Ihre Leistung beläuft sich auf zusammen 396 Megawatt, wofür Investitionen von 225 Millionen US$ veranschlagt sind.

Mehrere Projekte zu Modernisierung und Ausbau bestehender Kraftwerke

Hinzu kommen größere Investitionen zur Modernisierung und/oder Erweiterung mehrerer konventioneller Kraftwerke. Dazu zählt beispielsweise das mit Erdgas betriebene und 474 Megawatt starke Heizkraftwerk der Stadt Atyrau (Gebiet Atyrau), das für 33 Millionen US$ einen spürbaren Leistungsschub erhalten soll. Für eine weitere Anlage im erdölreichen Gebiet Atyrau sind Investitionen von 21 Millionen US$ veranschlagt, um einen Ausbau um 40 Megawatt zu ermöglichen.

Ein Heizkraftwerk im Gebiet Akmola soll für 30 Millionen US$ generalüberholt werden, ebenso wie ein 44 Megawatt starkes Gasturbinenkraftwerk im Gebiet Kysylorda für 21 Millionen US$. Darüber hinaus ist der Einbau eines neuen Dampfkessels für 20 Millionen US$ in einem Heizkraftwerk im Gebiet Nordkasachstan vorgesehen.

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