Kasachstan sucht Investoren über einen Projektpool

Im Juli 2022 hat die kasachische Regierung ihre neue Investitionspolitik verabschiedet. Dabei soll der Fokus zukünftig deutlich stärker auf dem verarbeitenden Gewerbe liegen statt wie bisher auf dem Rohstoffsektor. Bis 2026 sollen 30 Prozent der gesamten Investitionen in diesem Wirtschaftsbereich realisiert werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 waren es noch 18,5 Prozent.

Hierbei sollen auch Investitionen aus dem Ausland eine tragende Rolle spielen. Die Regierung möchte zwischen 2022 und 2026 etwa 24,8 Milliarden US-Dollar (US$) jährlich an ausländischen Direktinvestitionen ins Land holen. Zwischen 2010 und 2021 lag ihr Bruttozufluss bei 22,7 Milliarden US$ pro Jahr.

Pool mit knapp 800 aktuellen Projekten

Wer sich als ausländischer Investor in Kasachstan engagieren möchte, sollte vor allem einen Projektpool im Blick behalten. Dieser enthält zahlreiche Vorhaben mit einem breiten Branchenquerschnitt aus allen Landesteilen. Das Komitee für Investitionen beim kasachischen Außenministerium ist dabei federführend und verspricht, die Daten quartalsweise zu aktualisieren (zuletzt am 11. Juli 2022). Der Projektpool ist in Kasachisch, Russisch und Englisch abrufbar.

Der Pool umfasst derzeit knapp 800 Vorhaben, von denen nicht alle in Frage kommen. So wird für mehr als die Hälfte der Projekte entweder "Commissioning" (18 Nennungen) oder "Construction and installation works" (386 Projekte) als aktueller Status genannt. Somit sind sie abgeschlossen oder befinden sich in der Umsetzung. Hinzu kommen 35 Projekte, bei denen aktuell die Finanzierungsmodalitäten (Status "Financing") geklärt werden und somit die Partnersuche bereits abgeschlossen sein dürfte.

Zahlreiche Chancen für Beteiligungen und Zulieferungen

Unter dem Strich bleiben von ursprünglich knapp 800 Vorhaben annähernd 360 übrig. Als Status weist bei diesen "Legal documents preparation" auf ein Frühstadium hin. Hinter gut 260 Projekten stehen kasachische Investoren, was laut der Einschätzung von Experten häufig Chancen für Beteiligungen und/oder Ausrüstungszulieferungen durch ausländische Interessenten eröffnet.

Zu den größten solcher Projekte zählen die folgenden (Umrechnung der jeweiligen Beträge in kasachischen Tenge zum Referenzkurs der kasachischen Zentralbank am 10. August 2022: 1 US$ = 478,39 Tenge):

• Modernisierung der Bahnstrecke zwischen Dostyk an der kasachisch-chinesischen Grenze und Moiynty (wichtiger Knotenpunkt für Turkestan-Sibirische und Südsibirische Eisenbahnen) für etwa 2,1 Milliarden US$;
• zwei kombinierte Bergbau-/Erzaufbereitungskomplexe im Gebiet Ostkasachstan für 1,2 Milliarden und 450 Millionen US$;
• Produktion von Terephthalsäure und ihrer Salze im Gebiet Atyrau für 1 Milliarde US$;
• Ausbau von 5-G-Mobilfunknetzen im gesamten Land für 925 Millionen US$;
• Werk für Kalidüngemittel im Umkreis der beiden Lagerstätten Satimola und Chelkar im Gebiet Westkasachstan für 910 Millionen US$;
• Aufbereitungskomplex für Eisenerz aus der Lagerstätte Kachary im Gebiet Kostanai für 735 Millionen US$;
• Bau der Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen Turkestan und Schymkent sowie weiter bis zur usbekischen Hauptstadt Taschkent für 675 Millionen US$;
• Werk für Tonerde im Gebiet Kostanai für 550 Millionen US$.

Ausländische Firmen bei knapp 100 Vorhaben involviert

Hinzu kommen insgesamt 95 Projekte, zu denen es erste Absprachen mit ausländischen Interessenten geben soll. Am häufigsten sind dies Unternehmen aus China mit 18 Nennungen, gefolgt von Firmen aus der Türkei (16) und Russland (13). Die Niederlande, die USA und Usbekistan kommen jeweils auf fünf Projekte, während es für Deutschland und Südkorea je vier sind.

Ausländische Direktinvestitionen spielen in Kasachstan eine wichtige Rolle. Ohne ihren Beitrag wäre der wirtschaftliche und gesellschaftliche Fortschritt kaum vorstellbar gewesen, der in mittlerweile gut 30 Jahren staatlicher Selbständigkeit erreicht wurde. Der Bestand der ausländischen Direktinvestitionen beträgt derzeit rund 152 Milliarden US$ (Stand Anfang April 2022), so Daten der kasachischen Zentralbank.

Großteil der ausländischen Direktinvestitionen im Rohstoffsektor

Rohstoffnahe Aktivitäten ziehen mit Abstand am meisten ausländisches Kapital an. Allein mehrere Großprojekte zur Gewinnung von Erdöl und Erdgas stehen aktuell für knapp 72 Prozent aller ausländischen Investitionen.

Dahinter folgt, ebenfalls mit einem starken Rohstoffbezug, die Metallerzeugung und -bearbeitung mit einem Beitrag von 4 Prozent. Sie ist gleichzeitig die wichtigste Branche für ausländische Investitionen im verarbeitenden Gewerbe. Weitere wichtige Branchen für ausländische Investoren waren: Nahrungsmittel-, Getränke- und Tabakindustrie; Gummi- und Kunststoffherstellung; chemische Industrie sowie Mineralölverarbeitung.

Bei den ausländischen Direktinvestitionen im Dienstleistungssektor entfällt der größte Beitrag auf Finanzdienstleister mit gut 3 Prozent. Größere Summen flossen zudem in Leistungen zur geologischen Erkundung von Rohstoffvorkommen, Rohrfernleitungen für den Öltransport und in die Sparte Kommunikation.

Die geografische Struktur sieht vor allem jene Länder ganz vorne, die im Öl- und Gassektor engagiert sind. Beim Spitzenreiter Niederlande kommt hinzu, dass international tätige Firmen häufig über Holdingstrukturen mit Sitz in den Niederlanden agieren, so auch bei Engagements in Kasachstan.