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Milliardenschwerer Staatsfonds verkauft Beteiligungen
Kasachstan fährt die Staatsquote in der Wirtschaft weiter zurück. Dazu sind zahlreiche Privatisierungen geplant. Aktiva des Staatsfonds Samruk-Kazyna stehen auch zum Verkauf.
11.01.2023
Von Jan Triebel | Almaty
Die kasachische Regierung möchte dieses Jahr mehrere Beteiligungen des teilstaatlichen Sektors veräußern. Darunter fallen vor allem Aktiva des kasachischen Staatsfonds Samruk-Kazyna (SK), die als "Kasachstans Tafelsilber" gelten.
Die Privatisierung der SK-Beteiligungen wird vorrangig über Börsengänge in den nächsten Jahren erfolgen. Beobachter erwarten dabei keine Komplettverkäufe. Vielmehr ist wahrscheinlich, dass Anteilspakete in unterschiedlicher Höhe verkauft werden. Zu den wichtigsten Privatisierungskandidaten zählen unter anderem die Fluggesellschaft Air Astana, der Stromnetzbetreiber KEGOC und die kasachische Eisenbahn Kazakhstan Temir Zholy.
Die Vermögenswerte des Staatsfonds beliefen sich laut SK-Jahresbericht 2021 auf umgerechnet rund 71 Milliarden US-Dollar (US$; Durchschnittskurs der kasachischen Zentralbank 2021: 1 US$ = 426,03 Tenge). Die konsolidierte Bilanz erfasste 2021 die Ergebnisse von insgesamt 20 Unternehmen. Von ihnen verfügten wiederum die meisten über jeweils zahlreiche Beteiligungen.
Regierung will Staatsquote bis 2025 auf 14 Prozent herunterfahren
Diese Privatisierungen sind der wichtigste Bestandteil des "Komplexen Plans der Privatisierung 2021-2025" der kasachischen Regierung, der seit Ende 2020 verfolgt wird. Mit seiner Umsetzung soll die Staatsquote in der Wirtschaft bis 2025 auf 14 Prozent gesenkt werden, so Premier Alichan Smailow. Dabei machte er keine Angaben zum aktuellen Stand des staatlichen Einflusses auf die Wirtschaft des Landes.
Der aktuellen Fassung des Privatisierungsplans der Regierung zufolge wird SK bis 2025 außerdem noch zwei Beteiligungen aus dem Geschäftsbereich von Tau-Ken Samruk verkaufen. Dort sind mehrere Aktivitäten im Erzbergbau zusammengefasst. Ebenso ist vorgesehen, dass die Kasachischen Eisenbahnen im Vorfeld des Börsengangs einen Waggonbauer veräußern werden.
Andere Beteiligungen von SK, wie etwa das staatliche Postunternehmen KazPost oder die Projektgesellschaft für den Bau von Kasachstans erstem Atomkraftwerk, werden hingegen nicht erwähnt. Hinsichtlich von KazPost überrascht das, da die Regierung das Unternehmen immer wieder als wichtiges Privatisierungsobjekt erwähnte.
Mineralölunternehmen KazMunayGas machte Ende 2022 den Anfang
Zuletzt wurden bereits Anteile am kasachischen Mineralölkonzern KazMunayGas (KMG) veräußert. Zum Jahresende 2022 erfolgte der Börsengang (Initial Public Offering - IPO) von KMG.
Ursprünglich sollten bis zu 5 Prozent der Anteile (30,5 Millionen Aktien) an der Börse platziert werden. Der Ausgabepreis der KMG-Aktie lag bei umgerechnet 18,12 US$ (Durchschnittskurs November 2022: 1 US$ = 463,79 Tenge).
Der Börsengang betraf KMG zusammen mit 96 seiner Tochterunternehmen und anderweitigen Beteiligungen im In- und Ausland. Die in den Niederlanden registrierte KMG International N.V. blieb dabei außen vor. Diese Firmenholding, die 47 Auslandsaktivitäten von KMG lenkt, soll stattdessen 2023 oder 2024 als eigenständige Unternehmenseinheit versteigert werden.
Insgesamt meldeten rund 129.000 in- und ausländische Zeichnungswillige ihr Interesse an den Papieren von KMG an. Von diesen kamen jedoch nicht alle zum Zuge. In erster Linie wurden Anträge institutioneller Anleger auf Zuteilung größerer Anteilspakete nicht oder nur teilweise berücksichtigt, so SK in einer Pressemitteilung.
Börsengang von KMG brachte Erlöse in Höhe von rund 330 Millionen US$
Daher, aber auch wegen der überschaubaren Nachfrage, wurden nur 3 Prozent (18,3 Millionen Aktien) an KMG verkauft. Davon gingen 48,5 Prozent an private Anlegende aus Kasachstan, 47,2 Prozent an kasachische juristische Personen sowie 4,3 Prozenten an natürliche und juristische Personen im Ausland. Umgerechnet rund 330 Millionen US$ wurden erlöst, was KMG eine Bewertung von etwa 11 Milliarden US$ bescherte.
Der Kurs der KMG-Papiere entwickelte sich nach dem Handelsstart am 8. Dezember 2022 an den beiden kasachischen Wertpapierhandelsplätzen in Astana (Astana International Exchange - AIX) und Almaty (Kazakhstan Stock Exchange - KASE) bisher recht robust. Stand 9. Januar 2023 notierten sie dort rund 10 Prozent über dem Zuteilungspreis. Ob SK in den nächsten Jahren weitere KMG-Anteile an nationalen und/oder internationalen Börsen platzieren will, ist derzeit nicht bekannt.
Weitere Privatisierungen in Regionen und Kommunen
Während die Verkäufe aus dem Staatsfonds SK auch international beachtet werden, dürfte das Interesse für sonstige Privatisierungen eher überschaubar ausfallen. Zwischen 2021 und 2025 ist geplant, landesweit insgesamt 473 Beteiligungen der öffentlichen Hand - vorwiegend in Besitz der Kommunen oder von so genannten sozialunternehmerischen Konzernen auf regionaler Ebene - zu veräußern.
Die Verkaufsverfahren für 267 Unternehmen aus diesem Pool waren Anfang Januar 2023 bereits beendet. Die dabei zwischen 2021 und 2022 erzielten Privatisierungserlöse beliefen sich auf umgerechnet rund 130 Millionen US$ (Durchschnittskurs für 2021 und 2022: 1 US$ = 443,26 Tenge).
Eine Privatisierung dieser Aktiva erfolgte überwiegend durch den Verkauf von kompletten Unternehmen oder von Anteilen an diesen. Vereinzelt wurden zunächst auch nur vorläufige treuhänderische Verwalter gesucht. Diese Aufgabe war dann zumeist mit einem Vorkaufsrecht für die betreffende Beteiligung verknüpft. Die Zahl der Teilnehmenden an einzelnen Verkaufsverfahren bewegte sich zuletzt überwiegend im niedrigen einstelligen Bereich. Nur selten kratzte sie an der Marke von zehn.
Eine erste größere Privatisierungsrunde führte Kasachstan zwischen 2016 und 2020 durch. Von ursprünglich 788 Verkaufskandidaten wurden 479 privatisiert. Sie sorgten für Erlöse in Höhe von umgerechnet rund 1,6 Milliarden US$. Allein durch den Börsengang von Kazatomprom (KAP) wurden rund 750 Millionen US$ eingenommen. SK brachte Anteile am weltweit größten Uran-Produzenten im November 2018 an die Londoner Börse. Die KAP-Aktien sind dort über so genannte Hinterlegungsscheine für ausländische Aktien - Standard Global Depository Receipts (GDRs) - gelistet. Bis 2020 folgten zwei weitere Platzierungsrunden, wobei auch die Börse in Astana einbezogen wurde. |