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Mangel an Fachkräften erschwert Personalsuche in Kenia
Arbeitsmarkt | Kenia
Mangel an Fachkräften erschwert Personalsuche in Kenia
Kenia weist im afrikanischen Vergleich einen gut entwickelten Arbeitsmarkt vor. Deutsche Firmen finden hier in der Regel gute Arbeitskräfte, buhlen jedoch mit anderen Unternehmen.
03.07.2024
Von Carsten Ehlers
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Nairobi
Kenia ist ein von deutschen Unternehmen bevorzugter Standort in Afrika. Auch, weil hier Fachkräfte immer noch leichter und in größerer Anzahl zu finden sind, als in den Nachbarländern, wie Äthiopien, Uganda und Tansania. Die kenianische Bevölkerung ist mit durchschnittlich knapp über 19 Jahren sehr jung. Jedes Jahr schließen etwa eine Million junge Kenianer die Schule ab und strömen auf den Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Die Jugendarbeitslosigkeit ist generell hoch. Durch die seit der Pandemie lahmende Konjunktur hat sich die Lage zusätzlich verschlechtert. Etwa die Hälfte der Schulabgänger landet im informellen Sektor, genannt "jua kali" (Swahili für "brennende Sonne").
Stärken des Arbeitsmarkts
Junge, wissbegierge Bevölkerung
Politik will berufliche Ausbildung stärken
Kooperationen zwischen deutschen Firmen und Berufsschulen
Fachkräfte sind in Kenia nicht immer leicht zu bekommen. Gerade in technischen Berufen müssen Unternehmen oft eine intern organisierte Zusatzausbildung einplanen.
Für einfache Tätigkeiten findet man in Kenia schnell günstiges Personal, bei Fachkräften hingegen ist die Lage komplexer. Viele deutsche Unternehmen betreiben in Kenia ihre regionalen Vertriebsniederlassungen. Die hierfür benötigten Mitarbeitenden in den Bereichen Verwaltung und Vertrieb sind ohne größere Probleme verfügbar. Schwieriger wird es beim technischen Support. Speziell deutsche Anbieter von Anlagen, bei denen die technische Unterstützung wichtig ist, stehen angesichts des Fachkräftemangels vor einer Herausforderung.
Die Wartung von Anlagen ist die große Herausforderung für Unternehmen in Kenia. Gerade wenn es um High-Tech geht, gibt es wenig qualifiziertes Personal, weil die Bildungsinstitute sehr theoretisch ausbilden. Die firmeninterne Ausbildung bietet sich daher an und spart den Unternehmen mittelfristig hohe Kosten.
Bruno Backes
seit 2018 Leiter des Bereichs "Berufliche Aus- und Fortbildung" bei der AHK Ostafrika in Nairobi
Fachkräftemangel existiert auch in den Bereichen Tourismus und Gastronomie, wo ebenfalls deutsche Unternehmer aktiv sind. Zwar ist Personal für Service, Rezeption und Reinigung in ausreichender Anzahl vorhanden, jedoch verfügen diese Arbeitskräfte meist nur über eine Basisausbildung, die sie lediglich für eng umrissene Aufgaben qualifiziert. Bei spezialisierten Fachkräften wie Köchen oder Patissiers hingegen besteht ein Mangel. Auch hier ist eine praktische Qualifizierung notwendig.
Regierung will praktische Ausbildung stärken, tut sich aber schwer
Der Regierung ist das Problem des Fachkräftemangels bewusst. Schon die Vorgängerregierung unter Präsident Uhuru Kenyatta führte im Jahr 2018 das sogenannte Competency Based Education & Training (CBET) ein. Damit sollte im Rahmen der beruflichen Ausbildung der praktische Aspekt gestärkt werden, indem die Studenten während ihrer Ausbildung vermehrt in Unternehmen gehen. In der Praxis hat sich diese gute Intention jedoch als schwer realisierbar herausgestellt. Den Ausbildungszentren fehlt es oft an einer geeigneten Ausstattung. Auch sind pädagogische und didaktische Kenntnisse bei den Ausbildern kaum vorhanden.
Viele Unternehmen begegnen dem Fachkräftemangel mit einer internen Ausbildung. Entscheidet sich ein Unternehmen für diesen Weg, benötigt es in der Regel ein Ausbildungsinstitut für den theoretischen Teil der Ausbildung. Diesen Partner sollte es sich sorgfältig aussuchen. Es bietet sich an, vor Ort deutsche Regierungsorganisationen zu kontaktieren. GIZ und KfW kennen sich mit der Qualität der Trainingsinstitute gut aus und können Unternehmen mögliche Partnerinstitute vermitteln.
Auch führen die GIZ und die KfW seit dem Jahr 2020 das Programm "Promotion of Youth Employment and Vocational Training" durch. Mit dem bis 2026 laufenden Programm wird die duale Ausbildung angelehnt an das deutsche Modell mit jährlich rund 1.500 bis 2.000 Berufsschülern landesweit an staatlichen Berufsschulen eingeführt. Die zur KfW gehörende Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG) beteiligt sich immer wieder finanziell an Investitionen des Privatsektors mit positiven sozialen Auswirkungen. Nicht ausgeschlossen, dass sie sich auch an dem Aufbau eines firmeneigenen Trainingszentrums beteiligt.
Die AHK Ostafrika in Nairobi unterstützt deutsche Unternehmen bei der Aus- und Fortbildung von Fachkräften:
Organisation und Überwachung der dualen Ausbildung und Prüfung im B-Zertifikatsbereich
Durchführung von Ausbildereignungslehrgängen inklusive Prüfung mit bisher über 600 Absolventen
Erstellen von Konzepten, Curricula und Betreuung individueller dualer Ausbildungsgänge für Firmen und Branchen inklusive Prüfungen im C-Zertifikatsbereich
Beratungsdienstleistungen aller Art zum Thema berufliche Bildung und Fachkräfte
Ein gutes Beispiel für unternehmensinterne Ausbildung ist Krones als Partner des GIZ/KfW-Programms zur dualen Ausbildung. Das weltweit aktive Unternehmen stellt Maschinen und Anlagen für die Getränke- und flüssige Lebensmittelindustrie her und betreibt in Nairobi ein Vertriebsbüro für Ostafrika. Um auch in Ostafrika die Maschinen und Anlagen bei den Krones Kunden zu installieren und zu warten, benötigt das Unternehmen gut ausgebildete Servicetechniker. Deshalb etablierte Krones vor einigen Jahren am Standort Nairobi eine Ausbildung in Mechatronik.
Einer der großen Vorteile dabei: Die einheimischen Techniker kennen den lokalen Markt und können besser auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen. Nach dem Schulabschluss werden die Jugendlichen zweieinhalb Jahre lang ausgebildet. Das Ausbildungssystem ist an das deutsche duale System angelehnt. Unterstützt wird Krones von der Kiambu National & Polytechnic (KINAP), die den theoretischen Teil übernimmt, und der AHK, welche die Prüfungen im C-Sektor organisiert.
Mittlerweile haben 17 Jugendliche die Ausbildung bei Krones in Kenia absolviert – ein großer Erfolg, der zeigt, dass sich unser Trainingszentrum in Nairobi bewährt hat. Ausschlaggebend dafür war die enge Zusammenarbeit mit der Partnerschule, denn eine gute theoretische Ausbildung ist für den Erfolg unverzichtbar. Zusätzlich war auch die Zusammenarbeit mit AHK, DEG und GIZ sehr hilfreich.
Henning Post
Leiter des Krones East Africa Training Center
Zunehmend im Gespräch ist im Zusammenhang mit dem Thema "Fachkräfte" auch die Vermittlung kenianischer Arbeitskräfte nach Deutschland. Das Ziel ist es, Fachkräfte für jene Berufe zu bekommen, in denen in Deutschland ein Mangel herrscht. Gleichzeitig erhofft man sich bei den Partnerländern damit auch eine bessere Verhandlungsbasis für das Ausweisen illegaler Immigranten zurück in deren Heimat.
Deutschland und Kenia planen Abkommen für die Migration von Fachkräften
Das im Juli 2023 verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz bildet die rechtliche Grundlage. Mit Leben gefüllt werden soll dieses Gesetz über sogenannte Fachkräftemigrationsabkommen mit verschiedenen Ländern weltweit. Kenia ist mit dabei, weil das Land über gutes Potenzial verfügt und sich zudem eine enge politische Partnerschaft zwischen den Regierungen unter Präsident William Ruto und Bundeskanzler Scholz entwickelt hat.
Im Mai 2024 besuchte Dr. Joachim Stamp, der Sonderbeauftragte für Migrationsabkommen aus dem Bundesinnenministerium Kenia und verhandelte das Abkommen weiter aus. In einigen Monaten soll es von beiden Regierungen unterzeichnet werden. Das Abkommen soll mit Leben gefüllt werden, indem zum Beispiel im Herbst 2024 eine Jobmesse in Nairobi stattfinden soll.
Von den jährlichen etwa eine Millionen Schulabgängern schaffen es weniger als die Hälfte in den regulären Arbeitsmarkt beziehungsweise ins Studium oder eine Ausbildung. Das heißt, es gibt viele junge Menschen, die der kenianische Arbeitsmarkt nicht absorbieren kann. In den meisten Fällen müsste jedoch noch eine zusätzliche Qualifikation erfolgen. Organisationen wie die GIZ, AHK und das Goethe-Institut könnten mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet werden, um die Prozesse zu unterstützen.
Interessant sind auch Dienstleistungen im IT- Outsourcing für deutsche Firmen von Kenia aus. Dazu zählen Callcenter, Bildbearbeitungen aber auch IT-Services. Englisch als Geschäftssprache, eine ähnliche Zeitzone und günstigere Lohnkosten sind gute Rahmenbedingungen. An einem Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung der Datenschutzgesetzgebung zwischen Kenia und der EU wird gerade gearbeitet.
Bernd Lakemeier
Programmdirektor für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung bei der GIZ in Kenia
Regionalbüro in Nairobi. Die DEG finanziert unter anderem private Investitionen.
Kenia im weltweiten Vergleich
Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.
Kenia ist ein internationaler Standort. Personalsuche und -management funktionieren daher ähnlich wie in Europa. Dennoch sind kleine Unterschiede zu beachten.
Die Personalsuche läuft auch in Kenia online ab
Die Suche nach Mitarbeitenden läuft auch in Kenia meist online ab. Anzeigen in Tageszeitungen gehören der Vergangenheit an. In der Regel beauftragen Unternehmen lokale Recruiting-Agenturen mit der Suche oder bedienen sich ihrer eigenen Netzwerke, oft auch über Social Media wie LinkedIn. Unter anderem für die zeitraubende Vorselektion der Bewerbungen wird das Einbinden einer Recruitment-Agentur empfohlen. Die Kosten für die Beauftragung einer solchen Agentur liegen mit ein bis zwei Monatsgehältern im international üblichen Rahmen.
In Kenia erfahrene Unternehmen berichten davon, dass sich auch auf Stellenausschreibungen, die eine gewisse Qualifikation voraussetzen, viele ungeeignete Kandidaten bewerben. Das zeigt sich schon daran, dass viele Bewerbungen nicht dem in Deutschland Üblichen entsprechen - oft ohne Motivationsschreiben und nur mit Lebenslauf. Man sollte daher nicht zu viel voraussetzen und schon in der Stellenanzeige darauf hinweisen, dass zum Beispiel ein Motivationsschreiben oder Angaben zu den Sprachkenntnissen gewünscht sind.
Gerade bei der Besetzung wichtige Positionen empfehlen wir deutschen Unternehmen das letzte Gespräch in Präsenz durchzuführen. Nehmen Sie sich die Zeit und reisen dafür nach Kenia um sich ein fundiertes Bild zu machen anstatt es bei einem Online-Meeting zu belassen. Damit kann vielen Missverständnissen vorgebeugt werden.
Maren Diale-Schellschmidt
Delegierte der deutschen Wirtschaft und Leiterin der AHK Östliches Afrika in Nairobi.
Personalmanagement: Wer seine Leute binden möchte, muss kreativ sein
Kenianische Arbeitnehmer sind vom Gesetz her sehr gut abgesichert, sobald sie einen unbefristeten Vertrag haben. Um die Wahrscheinlichkeit von Missverständnissen zu reduzieren, wird daher empfohlen, zunächst das Arbeitsverhältnis zu befristen (zum Beispiel auf ein Jahr) und danach von der maximal sechsmonatigen Probezeit Gebrauch zu machen.
Bestimmte Dienstleistungen wie die Gehaltsabrechnung oder das Formulieren des Arbeitsvertrages werden oft an externe Dienstleister ausgelagert. Dies können in Kenia Unternehmen internationale Kanzleien oder auch die AHK übernehmen. Es wird dringend abgeraten, Gehälter am Fiskus vorbei bar auszuzahlen. Die kenianische Finanzbehörde Kenya Revenue Authority (KRA) gilt als effizient arbeitende Behörde, die Unternehmen professionell prüft. Dem Irrtum zu erliegen, dass es in Kenia diesbezüglich Schlupflöcher gibt, die man für sich nutzen kann, dürfte sehr teuer werden.
Gutes Arbeitsklima und Zusatzleistungen können Fluktuation reduzieren
Die Wechselbereitschaft seitens der Mitarbeitenden ist in Kenia deutlich höher als in Deutschland. Will man eine zu hohe Fluktuation vermeiden, sollte man auf Aspekte achten, die für die Mitarbeiterbindung wichtig sind. Dazu zählen auch ein gutes Arbeitsklima, die Möglichkeit der Weiterbildung sowie bestimmte freiwillige Zusatzleistungen. Das können finanzielle Zuschüsse sein wie die Kostenübernahme für eine private Krankenversicherung. Einige Unternehmen kümmern sich auch um die Rentenbeiträge. Aber auch andere Aspekte, wie mehr Urlaubstage als die gesetzlich vorgeschriebene Mindestanzahl von 21 sind geschätzte Anreize.
Spätestens seit der Pandemie hält auch in Kenia Home-Office Einzug. Zwei Tage pro Woche sind bei Bürotätigkeiten üblich. Gerade im staugeplagten Nairobi, wo die An- und Abreise zum Arbeitsplatz sehr lange dauern kann, können flexible Home-Office- und Arbeitszeitregelungen von großem Vorteil für die Mitarbeitenden sein.
Die Löhne in Kenia sind im Schnitt niedrig. Ausländische Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden oft großzügige Pakete an. Das macht sie als Arbeitgeber attraktiv.
Sinkende Reallöhne seit dem Jahr 2020
Aufgrund von Kenias lahmenden Konjunktur dürften die Löhne und Gehälter vorerst stagnieren. Die Stagnation hält bereits seit der Pandemie an, zum Teil sind die Löhne gar rückläufig. Angesichts der seit 2022 zunehmenden Inflation erleiden viele Kenianer eine finanziell prekäre Situation. Hinzu kommen höhere Steuern aufgrund der Staatsverschuldung. Laut Kenya National Bureau of Statistics (KNBS) sind die Reallöhne im formellen Sektor seit dem Jahr 2020 vier Jahre hintereinander gesunken. Insbesondere Geringverdiener im informellen Sektor leiden unter der Situation, aber auch die Mittelschicht klagt über sinkende Reallöhne. Viele sind hoch verschuldet.
Durchschnittliche Monatslöhne für ausgewählte Branchen In US-Dollar, 2023
Branche
Monatslohn
Durchschnittslohn
548
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei
242
Verarbeitendes Gewerbe
396
Strom-, gas-, Wärme- und Kälteversorgung
1.386
Wasserversorgung, Abfallswirtschaft
198
Baugewerbe
496
Groß und Einzelhandel, Reperatur von Kfz
600
Transport und Lagerhaltung
1.008
Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie
268
Informations- und Kommunikationsleistungen
768
Finanz- und Versicherungswesen
1.359
Umrechnungskurs 2023: 1 US$ = 139.9 KShQuelle: Kenya National Bureau of Statistics (KNBS); Economic Survey 2024
Im formellen Sektor gibt es zwar leichte Lohnsteigerungen, diese gleichen aber in der Regel die steigenden Kosten nicht komplett aus. Ausländische Unternehmen mit hoher Kapitalkraft leisten sich in diesen schwierigen Zeiten oft höhere Gehaltssteigerungen und sind als Arbeitgeber gerade jetzt sehr beliebt. Gespart wird eher am "Gesamtpaket", vor allem an den sogenannten "allowances". Dabei handelt es sich um freiwillige Zuschüsse des Arbeitgebers zum Beispiel für Schulgebühren, Treibstoff oder Telefonkosten.
Nairobi ist mit Abstand am teuersten
Regional gibt es große Unterschiede bei der Höhe der Gehälter. Für die meisten Unternehmen in der Industrie und im Handel kommt ausschließlich eine Ansiedlung im Wirtschaftszentrum Nairobi in Frage, vor allem für Vertriebsniederlassungen. Die Gehälter in Nairobi liegen schätzungsweise etwa 30 Prozent über denen in anderen Großstädten wie Kisumu oder Nakuru. Insbesondere in den Bereichen Logistik und Tourismus kommt auch die Küstenregion um die Hafenstadt Mombasa in Frage. Mombasa ist nach Nairobi die zweitgrößte Stadt und auch hier liegen im Vergleich zu den anderen Städten die Gehälter etwas höher, allerdings niedriger als in Nairobi.
Zieht man eine Vertriebsniederlassung in Nairobi als typisches Beispiel heran, dann sind dafür in der Regel folgende Positionen zu besetzen: Ein Niederlassungsleiter kann je nach Größe des Unternehmens auf ein Gehalt von monatlich 5.000 Euro und mehr kommen. Personal mit akademischer Ausbildung, zum Beispiel Ingenieure, verdienen oft mehr als 2.000 Euro im Monat, ähnlich hoch liegt das Gehalt einer leitenden Verwaltungskraft. Verkaufsmanager haben ein niedrigeres Grundgehalt, zum Beispiel von etwa 1.000 Euro, bekommen dafür aber erfolgsabhängige Prämien. Techniker verdienen nach Angaben von Marktkennern zwischen 500 und 1.000 Euro monatlich. Diese Angaben sind grobe Schätzungen von Arbeitsmarktexperten und dienen nur als sehr grobe Orientierung. Im Einzelfall kann das Gehalt hier deutlich abweichen.
Durchschnittliche Monatslöhne für ausgewählte Positionen In US-Dollar, 2019
Position
Monatslohn
Durchschnittslohn
137
Führungskraft
574
Personal mit akademischer Ausbildung
308
Techniker:in
273
Unterstützende Bürokraft
249
Dienstleistungs- und Verkaufskraft
121
Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft
44
Handwerker:in
83
Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft
131
Hilfskraft
47
Die ILO erfasst durchschnittliche Löhne aller Arbeitnehmer in Kenia. Für internationale Unternehmen sind die im Text genannten Erfahrungswerte näher an der Realität.Quelle: ILO 2019
Ausländische Unternehmen punkten unter anderem mit privater Krankenversicherung
Neben dem Gehalt fallen eine Reihe von Pflichtabgaben für den Arbeitgeber an sowie freiwillige Zusatzleistungen. Insgesamt liegen die "Costs-to-Company" immer noch deutlich unter denen in Deutschland. Das Ringen der Arbeitgeber um knappe Fachkräfte im technischen Bereich macht aber hohe freiwillige Aufschläge der Arbeitgeber notwendig.
Aufstellung der Kosten für den Arbeitgeber zusätzlich zum Gehalt
Kostenart
National Social Security (NSS)
2.160,- KES (fester Betrag)
Pflicht. Zu zahlen zu gleichen Teilen vom Arbeitgeber und vom Angestellten
National Health Insurance Fund (NHIF)
Ab Juli 2024: 2,5%; vorher 1.700 KES pro Monat)
Pflicht. Zu zahlen zu gleichen Teilen vom Arbeitgeber und vom Angestellten (je 2,5%)
Work Injury Benefit Act (WIBA)
Abhängig vom Gehalt
Pflicht. Zu zahlen vom Arbeitgeber
Housing Levy
1,5%
Pflicht. Zu zahlen zu gleichen Teilen vom Arbeitgeber und vom Angestellten (je 1,5%)
private Krankenversicherung
Freiwillige Zusatzleistung des Arbeitgebers. Kosten variieren je nach Versicherung.
Freiwillig. Zu zahlen vom Arbeitgeber
Bonus
Freiwillige Zusatzleistung des Arbeitgebers. Höhe ist Verhandlungsabhängig
Freiwillig. Zu zahlen vom Arbeitgeber
Zuschläge (zum Beispiel für Wohnung, Kfz, Handy etc.)
Freiwillige Zusatzleistung des Arbeitgebers
Freiwillig. Zu zahlen vom Arbeitgeber
Pay as you Earn (PAYE, Einkommenssteuer)
Der Satz ist abhängig vom Gehalt
Zahlt der Angestellte
Quelle: Recherche von Germany Trade & Invest
Gerade ausländische Unternehmen punkten zum Beispiel damit, dass sie die Familie der Angestellten freiwillig mit einer privaten Krankenversicherung abdecken. Damit haben die Versicherten Zugang zu den privaten Krankenhäusern und damit einen deutlich besseren Schutz, als mit der staatlichen Pflichtversicherung. Gängige private Krankenkassen in Kenia sind zum Beispiel Britam, Jubilee, ICEA Lion und Sanlam. Einige Unternehmen nehmen ihre Mitarbeitenden auch in eine private Pensionskasse auf. Üblich sind zudem erfolgsabhängige Boni am Ende des Jahres. Darüber hinaus nicht ungewöhnlich sind "allowances (Zuschüsse)" je nach Position für die private Wohnung, Firmenwagen oder Handy.
In Grenzen halten sich im Vergleich zu Deutschland die Pflichtabgaben an den Staat. Aktuell ist dieser aufgrund seiner hohen Verschuldung jedoch intensiv auf der Suche nach Zusatzeinnahmen, sodass Beiträge ad-hoc neu eingeführt oder erhöht werden können. Ein Beispiel ist die im Jahr 2023 eingeführte sogenannte Housing-Levy, die bei 1,5 Prozent des Bruttogehalts liegt. Eine weitere Erhöhung "droht" seitens der staatlichen Krankenkasse National Health Insurance Fund (NHIF), die durch den neu geschaffenen Social Health Insurance Fund (SHIF) abgelöst werden soll und für den die Beiträge deutlich steigen werden (siehe Tabelle unten).
Das kenianische Arbeitsrecht wird recht effektiv durchgesetzt und ist tendenziell arbeitnehmerfreundlich. Insbesondere im Falle der Kündigung müssen Unternehmen aufpassen.
Vergütung: Die Höhe und Zusammensetzunghängt oft von der jeweiligen Position und Beschäftigungsdauer im Unternehmen ab.
Mindestlohn: Der Mindestlohn in Kenia ist je nach Stadt, Branche und Art der Tätigkeit geregelt. Derzeit beträgt der niedrigste Lohn Kshs. 15.201,65
Arbeitsstunden pro Woche: Die Höchstarbeitszeit pro Woche beträgt in Kenia 45 Stunden, verteilt auf sechs Tage in der Woche. Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer maximal 8 Stunden pro Tag an 5 Tagen pro Woche arbeiten dürfen.
Regelarbeitstage pro Woche: Montag bis Samstag
Zulässige Überstunden:
Für normale Arbeitstage: das Anderthalbfache des normalen Stundensatzes
Für die an einem Sonntag oder an einem normalen Ruhetag des Arbeitnehmers sowie an gesetzlichen Feiertagen geleistete Arbeit wird das Doppelte des normalen Stundensatzes gezahlt.
Bezahlte Urlaubstage: Mindestens 21 Tage innerhalb von zwölf Monaten
Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: 7 Tage bei voller Bezahlung, danach sieben Tage bei halber Bezahlung, sofern der Arbeitnehmer eine von einem ordnungsgemäß qualifizierten Arzt unterzeichnete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt.
Probezeit: maximal 6 Monate.
Quelle: Pannike & Partners 2024
Rechtsgrundlagen
Die GTAI hat für allgemeine Rechtsinformationen die Publikation Recht kompakt Kenia veröffentlicht.
Einige der wichtigsten Gesetze, die die Praxis des Arbeitsrechts in Kenia prägen, sind die folgenden:
1. Die Verfassung von Kenia, 2010
Die kenianische Verfassung bildet das Fundament, auf dem die anderen Arbeitsgesetze aufbauen. Mit der Verabschiedung der neuen Verfassung im Jahr 2010 wurden unter anderem die grundlegenden Menschenrechte in Bezug auf Arbeit und Beschäftigung anerkannt, wie etwa das Recht auf Gleichheit und Schutz vor Diskriminierung. In der Verfassung von 2010 heißt es auch, dass Personen das Recht auf faire Arbeitspraktiken haben, was das Recht auf faire Entlohnung, angemessene Arbeitsbedingungen, den Beitritt zu oder die Teilnahme an einem Gewerkschaftsprogramm oder das Streikrecht einschließt.
2. Das Arbeitsgesetz, 2007
Das kenianische Arbeitsgesetz ist das wichtigste Gesetz, das die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer regelt. Es umreißt die Verpflichtungen beider Vertragsparteien, die Rechte und Pflichten der Parteien und legt das rechtliche Verfahren fest, das bei wichtigen arbeitsrechtlichen Vorgängen wie der Kündigung einzuhalten ist. Auf das Arbeitsgesetz wird bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten häufig zurückgegriffen, insbesondere wenn ein ordnungsgemäßes Verfahren nicht eingehalten wird.
3. Das Gesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, 2007
Ziel dieses Gesetzes ist es, die Standards für die Sicherheit, die Gesundheit und das Wohlergehen der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu regeln. Der Geltungsbereich des Gesetzes erstreckt sich auch auf andere Personen, die sich am Arbeitsplatz aufhalten. Ziel des Gesetzes ist es, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz aller Arbeitnehmer, während der ihnen übertragenen Tätigkeiten am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Es verpflichtet die Arbeitgeber, für gesunde Arbeitsbedingungen und ein sicheres Arbeitsumfeld für ihre Beschäftigten zu sorgen.
Vertragsabschluss
Arbeitsverträge werden durch die einzelnen Regelungen des Arbeitsgesetzes geregelt. Darin heißt es, dass ein Arbeitsvertrag schriftlich oder mündlich abgeschlossen werden kann. In der Praxis ist es jedoch ratsam, einen schriftlichen Vertrag in der offziellen und verständlichen Sprache abzuschließen, in dem die Rechte und Pflichten beider Parteien, die Arbeitsbedingungen einschließlich der Stellenbeschreibung, die Verantwortlichkeiten, die Arbeitszeiten, die Höhe des Gehalts und der Zulagen, die Entschädigung, die Urlaubsansprüche, die Vergütung, die Kündigungsmodalitäten und alle anderen relevanten Einzelheiten festgelegt sind.
Ein schriftlicher Vertrag bietet einen Bezugspunkt im Falle von Streitigkeiten oder Unstimmigkeiten. Legt ein Arbeitgeber in einem Gerichtsverfahren keinen schriftlichen Vertrag oder keine schriftlichen Angaben vor, so obliegt es ihm, eine angebliche im Vertrag festgelegte Arbeitsbedingung zu beweisen oder zu widerlegen.
Vertragsbeendigung
Nach dem Arbeitsgesetz unterliegt die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bestimmten Verfahren und Kündigungsfristen; der Beendigungsprozess beinhaltet bestimmte Rechte und Pflichten sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, einen Arbeitsvertrag zu kündigen:
Einvernehmliche Beendigung: Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren einvernehmlich die Beendigung des Arbeitsvertrags.
Kündigung: Der Arbeitnehmer entscheidet sich freiwillig für die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses und teilt dies dem Arbeitgeber mit.
Automatische Beendigung: Das Arbeitsverhältnis wird entweder durch Erfüllung des Vertrags oder durch Ablauf der Vertragsdauer beendet.
Beendigung durch den Arbeitgeber: Der Arbeitgeber beendet das Arbeitsverhältnis entweder durch Kündigung oder durch fristlose Entlassung.
Entlassung: Der Verlust des Arbeitsplatzes auf Veranlassung des Arbeitgebers, weil die Dienste eines Arbeitnehmers nicht mehr benötigt werden.
Das Arbeitsgesetz legt das richtige Verfahren für die Beendigung eines Arbeitsvertrags und die fristlose Entlassung fest.
Zunächst muss jede Partei, die die Kündigung ausspricht, eine angemessene Kündigungsfrist einhalten oder der anderen Partei eine Abfindung zahlen.
Wird das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber gekündigt, muss dieser einen triftigen Grund für die Kündigung angeben und diesen nachweisen.
Ist der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Fehlverhalten, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Anhörung, um sich gegen den Vorwurf zu verteidigen.
Eine fristlose Kündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aufgrund eines groben Vertragsbruchs des Arbeitnehmers fristlos oder mit kürzerer Frist kündigt. Das Gesetz legt fest, was als grobes Fehlverhalten gilt, z. B. Ungehorsam des Arbeitnehmers, Verdacht auf eine Straftat oder vorsätzliche Vernachlässigung der Arbeitspflicht.
In allen Fällen, in denen der Arbeitgeber die Kündigung einleitet, muss er sicherstellen, dass die Kündigung gerechtfertigt war.
Bei unrechtmäßiger Entlassung oder ungerechtfertigter Kündigung stehen dem geschädigten Arbeitnehmer Rechtsbehelfe zur Verfügung, die im Ermessen des zuständige Mitarbeiter der Arbeitsbehörde liegen.
Rechtspraxis
Gregor Pannike ist Managing Partner und Rechtsanwalt der Kanzlei Pannike & Partners mit Niederlassungen in Nairobi und Mombasa. Er lebt seit 2020 in Kenia und spezialisiert sich auf die wirtschaftsrechtliche Beratung.
Herr Pannike, welche gesetzlichen Abzüge in Kenia müssen von Arbeitnehmern übernommen werden und wie gehen Firmen in der Praxis damit um?
Zu den Abzügen zählen die Krankenversicherung NHIF/SHIF, NSSF, PAYE, NITA sowie die 2023 eingeführte Housing Levy. Ausländische Unternehmen verhalten sich gegenüber ihren Angestellten hier oft wohlwollend und übernehmen die Kosten in Form einer Gehaltserhöhung. Das ist auch ein Grund, weshalb ausländische Unternehmen als Arbeitgeber einen guten Ruf haben.
Wo treten in der Praxis die meisten Schwierigkeiten auf?
Bei der Kündigung. Auch in Kenia sind die Arbeitsgesetze tendenziell arbeitnehmerfreundlich. Jedoch ist Kenia hier eher schwieriger als Deutschland, weil im Falle einer Kündigung ein sehr formeller Prozess penibel eingehalten werden muss und bei Nichtbefolgung die Kündigung schnell als unwirksam erklärt werden kann. Dazu gehört unter anderem das umfassende Belegen der eng umgrenzten Kündigungsgründe, Abmahnung mit angemessenen Verbesserungszeitraum, und die Anhörung mit Mitschrift des Angestellten und der Option einen Zeugen mitzubringen. Wird dies versäumt, dann kann es schnell vor Gericht gehen und es kann möglicherweise zur Zahlung einer Abfindung seitens des Arbeitgebers kommen mit einer Höchstgrenze von 12 monatlichen Bruttogehältern. Insbesondere ausländische Unternehmen, die mit den Prozeduren in Kenia noch nicht vertraut sind, lassen sich von solchen Szenarien oft einschüchtern.
Wie funktionieren die Arbeitsgerichte in Kenia?
Insgesamt gut. Die Gesetze werden relativ effektiv durchgesetzt. Auch kann man sich auf die Rechtsprechung in der Regel verlassen. In Kenia gilt die kenianisch-englische Rechtsprechung, also das "case law". Richter orientieren sich bei ihren Entscheidungen neben dem lokalen Arbeitsgesetz (Employment Act) auch an Urteilen aus der Vergangenheit aus früheren ähnlich gelagerten Fällen. Damit gibt es tendenziell weniger Interpretationsspielraum als zum Beispiel in Deutschland, wo Gerichte relativ unabhängig von vorangegangenen Urteilen Recht sprechen können.
Wie sichere ich mich am besten ab?
Es ist insbesondere bei einer Neuansiedlung in Kenia sehr zu empfehlen, sich einen erfahrenen Anwalt zu nehmen. Arbeitsverträge sollten gemeinsam und fall- und mandantenspezifisch ausgearbeitet werden. Auf keinen Fall zu empfehlen ist das Herunterladen von Standardverträgen. Gerade bei Positionen mit Budget- oder Führungsverantwortung ist das Vereinbaren von umfassenden und rechtlich wirksamen und durchsetzbaren Verschwiegenheits- und Wettbewerbsklauseln wichtig. Auch praktisch relevante und robuste Compliance-Klauseln sollten detailliert ausgearbeitet werden, um Bestechlichkeits- und Korruptionsrisiken wirksam entgegen wirken zu können.
Von Carsten Ehlers,
Gregor Pannike, LL.M.
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Nairobi
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Wirtschaftsstandort Kenia
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