Wirtschaftsumfeld | Indien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Löhne und Gehälter
Auch 2025 werden die Bruttogehälter im formellen Sektor wieder deutlich steigen. Die Gehaltsspanne ist groß. Faktoren wie Branche und Position haben deutlichen Einfluss.
31.03.2025
Von Florian Wenke | Mumbai
Zwischen 80 und 90 Prozent der indischen Erwerbsbevölkerung sind im informellen Sektor beschäftigt, was die Aussagekraft von Angaben zu den durchschnittlichen Bruttolöhnen einschränkt. Zudem ist Indien ein riesiges und sehr vielfältiges Land, so dass es große regionale Lohnunterschiede gibt.
Das Lohnwachstum ist höher als in anderen Ländern der Region
erwartete durchschnittliche Lohnsteigerung in Indien im Jahr 2025.
Für Löhne und Gehälter in regulären Arbeitsverhältnissen erstellen diverse Personalberatungen Gehaltstabellen nach Branchen, Positionen und Regionen. Diese dienen als Orientierungshilfe zur Messung der Lohnkostenentwicklung. Es gibt aber unterschiedliche Prognosen: Die Analysten von WTW sehen Indien mit einer Gehaltswachstumsrate von 9,5 an der Spitze in der Region Asien-Pazifik und deutlich vor beispielsweise China mit 5 Prozent oder den Philippinen (5,6 Prozent). Deloitte hingegen prognostiziert 8,8 Prozent Steigerung.
Gehälter variieren deutlich
Die Löhne im verarbeitenden Gewerbe sollen in Indien 2025 zweistellig zulegen. Auch im Onlinehandel, der Finanzbranche sowie in den Global Capability Centern werden starke Lohnzuwächse prognostiziert.
Branche | Gehaltsanstieg |
---|---|
Onlinehandel | 10,5 |
Finanzdienstleistungen | 10,3 |
Global Capability Center | 10,2 |
Ingenieursarbeiten / Verarbeitendes Gewerbe | 10,0 |
Pharma und Life Sciences | 9,8 |
IT | 9,6 |
Chemie / Konsumgüter | 9,5 |
IT-gestützte Dienstleistungen / Metallverarbeitung und Bergbau / Medien / Immobilien und Infrastruktur | 9,0 |
Trotzdem sind die Löhne in Indien weiterhin wettbewerbsfähig und auf einem in der Region vergleichsweise niedrigem Niveau. Laut der International Labour Organisation betrug der durchschnittliche Monatslohn 2023 gerade einmal 240 US-Dollar (US$). In Vietnam lag der Vergleichswert bei 330 US$ und in Thailand bei 476 US$.
Ausgeprägte Unterschiede gibt es hinsichtlich Branche und Position. Folgende Tabellen veranschaulichen dies:
Branche | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 240 |
Informations- und Kommunikationsleistungen | 522 |
Finanz- und Versicherungswesen | 366 |
Strom-, Gas-, Wärme- und Kälteversorgung | 281 |
Wasserversorgung, Abfallwirtschaft | 240 |
Transport und Lagerhaltung | 228 |
Verarbeitendes Gewerbe | 195 |
Groß- und Einzelhandel, Reparatur von Kfz | 166 |
Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie | 160 |
Baugewerbe | 141 |
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei | 108 |
Position | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 240 |
Führungskraft | 531 |
Personal mit akademischer Ausbildung | 415 |
Techniker:in | 285 |
Unterstützende Bürokraft | 269 |
Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft | 187 |
Handwerker:in | 177 |
Dienstleistungs- und Verkaufskraft | 174 |
Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft | 136 |
Hilfskraft | 113 |
Hinzu kommen Unterschiede zwischen den Landesteilen. In und um größere Städte und in wirtschaftlich besser entwickelten Regionen sind die Löhne tendenziell höher als im ländlichen Umland beziehungsweise in ärmeren Gegenden. Von den höheren Gehältern sind beispielsweise auch die bei deutschen Unternehmen beliebten Standorte Pune, Bengaluru und Chennai betroffen.
Vom mittleren Management aufwärts werden Gehälter meist individuell verhandelt. Daher können sie innerhalb einer Branche und für vergleichbare Positionen variieren. Auch die Vergütung nach Funktionen in einem Unternehmen ist oft unterschiedlich. Entscheidend für die Höhe des Gehalts sind beispielsweise der Unternehmensstandort, die Berufserfahrung und die besuchte Hochschule.
Es gibt verschiedene Mindestlöhne
Es gibt keinen landesweit gültigen gesetzlichen Mindestlohn, sondern nach Qualifikation, Industrie und Region gestaffelte Tarife. Diese sind auf der Homepage des Chief Labour Commissioner abrufbar. Im Zuge von Arbeitsmarktreformen soll künftig landesweit eine Lohnuntergrenze gelten, die sich an den Lebenshaltungskosten orientiert. Die Bundesstaaten können anschließend frei entscheiden, ob sie einen separaten Mindestlohn festlegen, der dem zentralstaatlichen entspricht oder ob er darüber liegen soll. Allerdings sind die entsprechenden gesetzlichen Regelungen noch in der Umsetzungsphase und nicht gültig. Die Zentralregierung drängt auf eine Einführung der neuen Regeln im Jahr 2025, ist aber auf die Mitwirkung der Bundesstaaten angewiesen.
Zusätzliche Lohnbestandteile sind elementar
Zu den wichtigsten Zusatzleistungen gehört das 13. Monatsgehalt, üblicherweise ausgezahlt anlässlich der Diwali-Feiertage im Oktober oder November. Die Zulage beträgt minimal 8,33 Prozent und maximal 20 Prozent eines Jahresgehalts. Gültig ist die Regelung für Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern und in Abhängigkeit vom erzielten Gewinn. Viele Unternehmen zahlen darüber hinausgehend Boni, oft in Abhängigkeit vom Betriebsergebnis und ausgezahlt im April, nach Ende des Finanzjahres am 31. März.
Angestellte haben nach Beendigung des Arbeitsvertrages Anspruch auf eine Abfindungszahlung (Gratuity). So sieht es der in Umsetzung befindliche "Code on Social Security 2020" vor. Bereits jetzt sind solche Zahlungen in den meisten Firmen im formellen Sektor üblich. Oft sind sie an eine Mindestzugehörigkeit zum Unternehmen geknüpft und dienen als Anreiz für Arbeitnehmer, mehrere Jahre im Unternehmen zu bleiben.
Zusätzliche Gehaltskomponenten sind die Regel
Zulagen, sogenannte "Allowances", stellen einen erheblichen Teil des Arbeitsentgelts dar und können ausschlaggebend für die Wahl des Arbeitgebers sein. Sie dürfen – abgesehen von der Teuerungszulage (Dearness Allowance) und dem Bleibeanreiz (Retaining Allowance) – nicht mehr als 50 Prozent des Gehalts ausmachen. Die Zulagen können zum Beispiel die Bereiche Fahrtkosten oder Unterkunft abdecken.
Sozialbeiträge sind an Bedingungen geknüpft
Für Arbeitgeber und -nehmer fallen zwei Beiträge an. Die staatliche Altersvorsorge erfolgt durch den Employees' Provident Fund (EPF), in den Arbeitgeber für Beschäftigte mit einem Monatseinkommen bis zu 15.000 indische Rupien (iR.) verpflichtend einzahlen müssen. Darüber hinaus sind sie für Firmen freiwillig, die 20 oder mehr Beschäftigte haben. Der Satz für Arbeitgeber und -nehmer beträgt grundsätzlich 12 Prozent, jedoch nur 10 Prozent bei Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten. Arbeitgeber, die in den EPF einzahlen, sind darüber hinaus auch Teil des "Employees' Deposit Linked Insurance Scheme". Dadurch sind Arbeitnehmer für den Todesfall versichert.
Der "Employees' State Insurance Act" soll Geringverdiener im Fall von Krankheit und Arbeitsunfällen schützen. Die Versicherung ist für Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen von weniger als 21.000 iR. verpflichtend, wenn ein Betrieb zehn oder mehr Beschäftigte hat. Die Beiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind 3,25 beziehungsweise 0,75 Prozent.
In den Bundesstaaten kann es zusätzliche oder abweichende Regelungen geben. Auch auf Bundesebene sind Ausnahmen und Sonderregelungen möglich. Die folgende Tabelle liefert eine Übersicht zu Sozialbeträgen in Indien:
Versicherung | Arbeitgeberanteil |
---|---|
Rentenversicherung 1) | 12 |
Krankenversicherung 2) | 3,25 |
Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschutz 3) | 100 |
Arbeitslosenversicherung | - |
Sonstige Versicherungen | - |