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Wirtschaftsumfeld | Indien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Löhne und Gehälter

Auch 2024 werden die Bruttogehälter im formellen Sektor wieder deutlich steigen. Die Gehaltsspanne ist groß. Faktoren wie Branche und Position haben deutlichen Einfluss.

Von Florian Wenke | Mumbai

Zwischen 80 und 90 Prozent der indischen Erwerbsbevölkerung sind im informellen Sektor beschäftigt, was die Aussagekraft von Angaben zu den durchschnittlichen Bruttolöhnen einschränkt. Zudem ist Indien ein riesiges und sehr vielfältiges Land, so dass es große regionale Lohnunterschiede gibt.

Die Löhne legen 2024 kräftig zu

~9 %

erwartete durchschnittliche Lohnsteigerung in Indien im Jahr 2024

Für Löhne und Gehälter in regulären Arbeitsverhältnissen erstellen diverse Personalberatungen Gehaltstabellen nach Branchen, Positionen und Regionen. Diese dienen als Orientierungshilfe zur Messung der Lohnkostenentwicklung. Es gibt aber unterschiedliche Prognosen: So erwartet das Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen Aon für 2024 einen Anstieg der Bruttomonatslöhne um durchschnittlich 9,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Deloitte prognostiziert 9 Prozent Steigerung. Mit diesen Zuwachsraten liegt Indien innerhalb Asiens in der Spitzengruppe und weit vor Vietnam mit 5,4 Prozent oder Indonesien mit 5,5 Prozent Steigerung. 

Gehälter variieren deutlich

Die Löhne im verarbeitenden Gewerbe sollen in Indien besonders kräftig zulegen. Auch im Finanzbereich und den Biowissenschaft werden leicht überdurchschnittliche Lohnanstiege prognostiziert.

Das Gehalt steigt je nach Branche unterschiedlichDurchschnittlicher Gehaltsanstieg für Indien 2024 nach ausgewählten Branchen; nominal
Branche

Gehaltsanstieg

Verarbeitendes Gewerbe

10,1

Biowissenschaften; Finanzen

9,9

Global Capability Center

9,8

Chemie

9,7

Technologieplattformen

9,5

Einzelhandel

8,4

Technologieberatung und -dienstleistungen

8,2

Prognosen.Quelle: Aon 2024

Trotzdem sind die Löhne in Indien weiterhin wettbewerbsfähig und auf einem in der Region vergleichsweise niedrigem Niveau. Laut der International Labour Organisation betrug der durchschnittliche Monatslohn 2023 gerade einmal 240 US-Dollar (U$). In Vietnam lag der Vergleichswert bei 321 US$ und in Thailand bei 467 US$, allerdings jeweils auf 2022 bezogen.

Zudem gibt es hinsichtlich Branche und Position Unterschiede. Folgende Tabellen veranschaulichen dies: 

Informations- und Kommunikationsdienstleister verdienen mehr als das Doppelte des DurchschnittsDurchschnittliche Monatslöhne für ausgewählte Branchen (in US-Dollar; 2023)
Branche

Monatslohn

Durchschnittslohn

240

Informations- und Kommunikationsleistungen

522

Finanz- und Versicherungswesen

367

Strom-, Gas-, Wärme- und Kälteversorgung

282

Wasserversorgung, Abfallwirtschaft

240

Transport und Lagerhaltung

228

Verarbeitendes Gewerbe

196

Groß- und Einzelhandel, Reparatur von Kfz

167

Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie

160

Baugewerbe

141

Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei

108

Quelle: ILO 2024

Führungskräfte sind SpitzenverdienerDurchschnittliche Monatslöhne für ausgewählte Positionen (in US-Dollar; 2023)
Position

Monatslohn

Durchschnittslohn

240

Führungskraft

532

Personal mit akademischer Ausbildung

416

Techniker:in

286

Unterstützende Bürokraft

270

Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft

187

Handwerker:in

177

Dienstleistungs- und Verkaufskraft

174

Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft

136

Hilfskraft

114

Quelle: ILO 2024

Hinzu kommen Unterschiede zwischen den Landesteilen. In und um größere Städte und in wirtschaftlich besser entwickelten Regionen sind die Löhne tendenziell höher als im ländlichen Umland beziehungsweise in ärmeren Gegenden. Von den höheren Aufwänden für Gehälter sind beispielsweise auch die bei deutschen Unternehmen beliebten Standorte Pune, Bengaluru und Chennai betroffen.

Vom mittleren Management aufwärts werden Gehälter meist individuell verhandelt. Daher können sie innerhalb einer Branche und für vergleichbare Positionen variieren. Auch die Vergütung nach Funktionen in einem Unternehmen ist oft unterschiedlich. Entscheidend für die Höhe des Gehalts sind beispielsweise Standort, Berufserfahrung und die besuchte Hochschule.

Es gibt verschiedene Mindestlöhne

Es gibt keinen landesweit gültigen gesetzlichen Mindestlohn, sondern nach Qualifikation, Industrie und Region gestaffelte Tarife. Diese sind auf der Homepage des Chief Labour Commissioner abrufbar. Im Zuge von Arbeitsmarktreformen soll künftig landesweit eine Lohnuntergrenze gelten, die sich an den Lebenshaltungskosten orientiert. Die Bundesstaaten können anschließend frei entscheiden, ob sie einen separaten Mindestlohn festlegen, der dem zentralstaatlichen entspricht oder ob er darüber liegen soll. Allerdings sind die entsprechenden gesetzlichen Regelungen noch in der Umsetzungsphase und nicht gültig. 

Zusätzliche Lohnbestandteile sind elementar

Zu den wichtigsten Zusatzleistungen gehört das 13. Monatsgehalt, üblicherweise ausgezahlt anlässlich der Diwali-Feiertage im Oktober oder November. Die Zulage beträgt minimal 8,33 Prozent und maximal 20 Prozent eines Jahresgehalts. Gültig ist die Regelung für Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern und in Abhängigkeit vom erzielten Gewinn. 

Angestellte haben nach Beendigung des Arbeitsvertrages Anspruch auf eine Abfindungszahlung. So sieht es der in Umsetzung befindliche "Code on Social Security 2020" vor. Bereits jetzt sind solche Zahlungen in einigen Firmen üblich. Oft sind sie an eine Mindestzugehörigkeit zum Unternehmen geknüpft.

Zusätzliche Gehaltskomponenten sind die Regel

Zulagen, sogenannte "Allowances", stellen einen erheblichen Teil des Arbeitsentgelts dar und können ausschlaggebend für die Wahl des Arbeitgebers sein. Sie dürfen abgesehen von der Teuerungszulage (Dearness Allowance) und dem Bleibeanreiz (Retaining Allowance) nicht mehr als 50 Prozent des Gehalts ausmachen. Die Zulagen können zum Beispiel die Bereiche Fahrtkosten oder Unterkunft abdecken.

Sozialbeiträge sind an Bedingungen geknüpft

Für Arbeitgeber und -nehmer fallen zwei Beiträge an. Die staatliche Altersvorsorge erfolgt durch den Employees' Provident Fund (EPF), in den Arbeitgeber für Beschäftigte mit einem Monatseinkommen bis zu 15.000 indische Rupien (iR.) verpflichtend einzahlen müssen. Darüber hinaus sind sie für Firmen freiwillig, die 20 oder mehr Beschäftigte haben. Der Satz für Arbeitgeber und -nehmer beträgt grundsätzlich 12 Prozent, jedoch nur 10 Prozent bei Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten. Arbeitgeber, die in den EPF einzahlen, sind darüber hinaus auch Teil des "Employees' Deposit Linked Insurance Scheme". Dadurch sind Arbeitnehmer für den Todesfall versichert. 

Der "Employees' State Insurance Act" soll Geringverdiener im Fall von Krankheit und Arbeitsunfällen schützen. Die Versicherung ist für Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen von weniger als 21.000 iR. verpflichtend, wenn ein Betrieb zehn oder mehr Beschäftigte hat. Die Beiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind 3,25 beziehungsweise 0,75 Prozent.

In den Bundesstaaten kann es zusätzliche oder abweichende Regelungen geben. Auch auf Bundesebene sind Ausnahmen und Sonderregelungen möglich. Die folgende Tabelle liefert eine Übersicht zu Sozialbeträgen in Indien:

Sozialbeiträge in Indien 2024 In Prozent der Bemessungsgrundlage
Versicherung

Arbeitgeberanteil

Rentenversicherung 1)

12

Krankenversicherung 2)

3,25

Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschutz 3)

100

Arbeitslosenversicherung

-

Sonstige Versicherungen

-

1 ab 20 Beschäftigten (10 Prozent bei weniger als 20) wenn Monatsgehalt 15.000 iR. nicht übersteigt, sonst freiwillig; 2 ab zehn Beschäftigten, Monatsgehalt von unter 21.000 iR. 3 ab zehn Angestellten Anrecht auf 26 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub.Quelle: Rödl & Partner 2024

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