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Kirgisistan investiert verstärkt in sein Gesundheitswesen
Die Gesundheitsausgaben in Kirgisistan steigen seit Jahren. Medizin- und Labortechnik wird aus dem Ausland importiert. Deutschland ist ein wichtiges Lieferland.
13.12.2024
Von Viktor Ebel | Bischkek
Mehrere Trends kennzeichnen die aktuelle Entwicklung des Gesundheitswesens in Kirgisistan. Das Land ist jung und die Bevölkerung wächst schnell. Dementsprechend steigt die Nachfrage nach medizinischen Leistungen. Zudem ist das Bewusstsein für Gesundheitsthemen seit der Coronapandemie gestiegen. Darauf reagiert nicht nur die Regierung, indem sie neue Krankenhäuser eröffnet und bestehende modernisiert. Auch die Unternehmerschaft hat den Trend erkannt: Privatklinken und -labore wollen expandieren. Dabei sind sie auf Ausrüstung aus dem Ausland angewiesen.
Gesundheitsausgaben steigen deutlich
Mit dem Programm "Gesunder Mensch, prosperierendes Land" hat sich die kirgisische Regierung ehrgeizige Ziele bis 2030 gesteckt. Schwerpunkte sind unter anderem:
- ein verbesserter Zugang zu medizinischen Diensten,
- Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und chronischen Krankheiten,
- Mutter-Kind-Gesundheit und
- Digitalisierung.
Dass das Dokument nicht nur Makulatur ist, zeigen die staatlichen Gesundheitsausgaben, die zwischen 2019 und 2023 real um 70 Prozent gestiegen sind.
Aktuell werden Modernisierungs- und Neubauprojekte für fast 200 Millionen US-Dollar (US$) umgesetzt oder vorbereitet. Mit über 100 Millionen US$ stammen die Mittel überwiegend von internationalen Gebern. Neu ist beispielsweise ein Zentrum für Notfallkardiologie, wo modernste Angiografietechnik auch komplizierte Eingriffe bei schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen ermöglicht. Zudem können seit 2023 Nieren im Land transplantiert werden, seit 2024 - mit türkischer Unterstützung - auch Lebern.
Einfuhren aus dem Ausland folgen dem Trend
Zwischen 2019 und 2023 stiegen die Importe von Medizin- und Labortechnik von knapp 38 Millionen auf über 60 Millionen US$, so Daten von UN Comtrade. Das ist weit entfernt von den Importzuwächsen in anderen Kategorien wie beispielsweise Pkw, die im Zuge der Reexporte nach Russland durch die Decke geschossen sind. Jedoch liegt es nahe, dass die Zahlen dadurch ein realistisches Bild der Nachfrage in Kirgisistan zeichnen. Wichtige Lieferländer neben China sind die USA und Japan. Auch Deutschland gehört in mehreren Kategorien zu den Top-3-Lieferanten, darunter bei Dialysegeräten, Analysetechnik und orthopädischen Hilfsmitteln.
Die guten Aussichten führten eine deutsche Unternehmerdelegation im Dezember 2024 im Rahmen des BMWK-Markterschließungsprogramms nach Kirgisistan, die Germany Trade & Invest begleiten konnte. Bei Gesprächen in Laboren und Kliniken sowie mit Beamten des Gesundheitsministeriums kristallisierte sich eines heraus: Qualität und Preis sind wichtig, aber auch der Service muss stimmen.
Laborketten wollen expandieren
So setzt etwa Laboratorija Bonezkowo, die führende private Laborkette in Kirgisistan, Analysegeräte der Marken Abbot (USA), Snibe (China) und Sysmex (Japan) ein. Auf die Frage, warum keine Technik deutscher Hersteller verwendet wird, verwies die Laborleitung auf fehlende Repräsentanzen von Anbietern aus Deutschland oder deren Anlaufstellen für den Kundendienst im Land. Genauigkeit sei das A und O in der Branche. Daher lege die Firma großen Wert auf After-Sales-Service, damit bei Problemen mit der komplexen Technik eine Servicekraft schnell zur Stelle ist.
Die Geschäfte des Laborbetreibers laufen gut. Konnte Bonezkowo vor wenigen Jahren noch Untersuchungen für etwa 300 verschiedene Werte anbieten, sind es Stand 2024 bereits rund 1.000. In den nächsten Jahren soll das Spektrum auf 3.000 Werte ausgeweitet werden. Dies ist unter anderem auch auf die Kooperation mit staatlichen Krankenhäusern zurückzuführen, die Analysen von Blut und anderen Körperflüssigkeiten ihrer Patienten bei Bonezkowo mit Mengenrabatten durchführen lassen. Das Unternehmen plant, weitere Standorte zu eröffnen.
Privatkliniken achten bei Ausrüstung auf Preis-Leistungs-Verhältnis
Ähnlich sieht es bei der privaten Allgemeinklinik Amanat aus, die im Bereich Onkologie expandieren will. Dafür werden radiologische Geräte (darunter Computertomografen), chirurgische Ausrüstung und Diagnostikgeräte angeschafft. Zudem plant das Amanat-Management eine Poliklinik für ausländische Studierende und Expats.
Obwohl Patienten für die Behandlung in Privatkliniken selbst zu zahlen haben, greifen viele darauf zurück. Privatpraxen und -kliniken sind im Vergleich zu den kostenfreien staatlichen Gesundheitseinrichtungen häufig besser ausgestattet und punkten zudem mit kürzeren Wartezeiten.
Die Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben bleiben aufgrund der weit verbreiteten Armut in Kirgisistan aber gering. Laut Akylaj Alymkulova, einer Managerin der Amanat-Klinik, kosten Operationen zwischen 300 und 1.000 US$ in ihrem Krankenhaus. Für Unternehmen im Gesundheitswesen bringen die niedrigen Preise aber Schwierigkeiten bei der Finanzierung mit sich. Die meisten arbeiten mit chinesischer Technik. Westliche Geräte könnten über den Gebrauchtmarkt angeschafft werden, der im medizinischen Bereich ein aufwendiges Refurbishment einschließt.
Änderung bei Registrierung von Medizintechnik ab 2026
Gemäß der kirgisischen Gesetzgebung sollte das nationale Verfahren für die staatliche Registrierung von Medizintechnik innerhalb von maximal 90 Tagen ab dem Datum der Antragseinreichung abgeschlossen werden. Ab dem 1. Januar 2026 erfolgt die Registrierung nur noch nach den Regeln der Eurasischen Wirtschaftsunion. Die Zoll- und Rechtfachkundigen von Germany Trade & Invest können Fragen hierzu beantworten.
Höhere Steuereinnahmen schaffen Chancen bei staatlichen Ausschreibungen
Bessere Verkaufschancen bestehen laut Alymkulova derzeit bei staatlichen Ausschreibungen. Die gute wirtschaftliche Entwicklung hat dem kirgisischen Staat zu höheren Steuereinnahmen verholfen, die sich auch im Neubau von Krankenhäusern widerspiegeln. Hinzu kommen geberfinanzierte Projekte, wie der Aufbau eines Exzellenzzentrums. Dazu erhält die Staatliche Medizinische Akademie Kirgisistans von der Weltbank 5 Millionen US$, um drei Labore für Forschungsarbeiten auf den Feldern Pharmazie, Genetik und Morphologie auszustatten. Die Ausschreibungen werden für 2025 vorbereitet.
Das deutsche Unternehmen Waldner, Anbieter von maßgeschneiderten Laboreinrichtungen, hat diese im Blick. Nach einer Lieferung an die Nasarbajew-Universität in Kasachstan möchte das Traditionsunternehmen aus Wangen im Allgäu auch Labore in Kirgisistan auszurüsten. Außerdem sondieren Branchengrößen wie Siemens Healthineers und Sartorius den Markt.
Name | Funktion |
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Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen mit Informationsbedarf zu Kirgisistan |
Gesundheitsministerium Kirgisistans | Anlaufstelle für das Thema Gesundheitswirtschaft, Registrierung von Medizintechnik |
Ausschreibungsportal (www. zakupka.med.kg) *) | Ausschreibungen für staatliche Kliniken und Labore |
Universitätsklinik Vedanta | Privatklinik |
Universitätsklinik Amanat | Privatklinik |
Laboratorija Bonezkowo (www.intelmed.kg) *) | Führende private Laborkette |
Handelsunternehmen Kokomeren | Importeur von Medizin- und Labortechnik |