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Branchen | Kolumbien | Verteidigungswirtschaft

Großprojekte der kolumbianischen Marine bieten Geschäftschancen

Kolumbiens Marine setzt seit Jahrzehnten auf deutsche Technik. Modernisierungspläne machen den Markt für deutsche Firmen interessant. Doch es bestehen Hürden.

Von Janosch Siepen | Bogotá

Die verschärfte Sicherheitslage und die zunehmenden Aktivitäten krimineller Gruppen im NATO-Partnerland Kolumbien haben auch Auswirkungen auf die See- und Flussfahrt des Landes. Im Februar 2025 stoppte die kolumbianische Marine vor der südlichen Pazifikküste das erste U-Boot für Drogenschmuggel in diesem Jahr. Es hatte 2 Tonnen Kokain geladen.

Die Herausforderung für die Marine ist groß: Denn Kolumbien hat eine mehr als 3.000 Kilometer lange Küstenlinie an Karibik und Pazifik. Hinzu kommen mehr als 18.000 Flusskilometer. Gleichzeitig müssen Kolumbiens Fregatten, U-Boote und andere Wasserfahrzeuge dringend modernisiert und die Flotten erweitert werden. 

Dafür will Kolumbien in den kommenden Jahren vier neue Fregatten (PES-Projekte), vier neue U-Boote (PLOTEOS-Projekte) sowie diverse Ozeanpatrouillenschiffe und Multifunktionsboote bauen beziehungsweise erwerben. Das geht aus dem Plan Procyon der kolumbianischen Marine und des staatlichen Schiffbauunternehmens Cotecmar hervor. Bis 2042 soll die kolumbianische Marine dadurch zu einer mittelgroßen Flotte ausgebaut werden. 

Deutsche Technik im Einsatz

Da sich die diplomatischen Beziehungen des Andenstaats mit den traditionell wichtigen Lieferländern USA und Israel zuletzt verschlechtert haben, könnten deutsche Unternehmen von den Plänen profitieren. Die Voraussetzungen dafür sind gut, da Deutschland bereits ein langjähriger Partner der kolumbianischen Marine ist. So kommen bei Cotecmar Schneidsysteme von Messer Cutting Systems zum Einsatz, Angestellte haben in Deutschland studiert. Das erste in Kolumbien entworfene und gebaute Ozeanpatrouillenschiff nutzt Technik von Siemens Energy für den Großteil seiner elektrischen Systeme. Und in Fregatten sind Getriebe von der Firma Renk verbaut, im Forschungsschiff ARC Simón Bolívar sind Getriebe von Reintjes aus Hameln im Einsatz. 

Plan Procyon: Einige Projekte bereits vergeben

Einige Projekte wurden bereits vergeben, etwa den Auftrag zum Bau des ersten PES-Projekts. Den Zuschlag erhielt im Jahr 2022 die niederländische Werft Damen, die das Schiff zusammen mit Cotecmar entwickelt und baut. Damit wird Kolumbien nach Mexiko und Brasilien das dritte Land in Lateinamerika sein, das diese komplexen Marineschiffe im eigenen Land bauen kann. Die Firma MTG Marinetechnik aus Hamburg stellte Beratungsleistungen beim Design- und Ausschreibungsprozess des Projekts bereit. Neben Technik vom schwedischen Rüstungskonzern Saab kommt auch Technologie aus Deutschland zum Einsatz. Weitere deutsche Unternehmen versuchen derzeit, als Zulieferer zum Zuge zu kommen. 

Andere deutsche Firmen setzen auf Aufträge bei der Modernisierung von bestehenden Schiffen und Unterseebooten, etwa bei Mastsystemen. Das Interesse an den unterschiedlichen Modernisierungsvorhaben ist groß. So waren im März 2025 knapp 50 deutsche Firmen auf einer der wichtigsten Maritimmessen Lateinamerikas, der Colombiamar im kolumbianischen Cartagena, vertreten.

Hoffen auf künftige Geschäftsabschlüsse

Weitere Fregatten- und U-Boot-Projekte aus dem Plan Procyon sind noch offen. Es herrscht allerdings Reformstau beim großangelegten Marineplan, vor allem beim Kauf von U-Booten. Insider hoffen aktuell auf die Durchsetzungsfähigkeit der Marine gegenüber der Politik und die nächste kolumbianische Regierung ab Mitte 2026, damit die Ausschreibungen schneller vorankommen. 

Deutschland hat dabei zwar einen Nachteil, da die Bundesrepublik im Rüstungsbereich anders als andere Mitbewerber keine Government-to-Government-Verträge mit der kolumbianischen Regierung anstrebt. Zudem hatten europäische Mitbewerberländer bislang bessere Bedingungen bei Exportkreditversicherern. Diplomatische Anstrengungen und neue Hermesdeckungen für Rüstungsgüter könnten allerdings künftig neue Chancen eröffnen, heißt es aus Branchenkreisen. Auch Dörthe Arend, Repräsentantin für Euler Hermes in Lateinamerika, sieht Potenzial für die deutsche Verteidigungswirtschaft: "Dieses könnte mit der Unterstützung durch Exportkreditgarantien des Bundes genutzt werden."

Finanzierung von Rüstungsexporten

Staatliche Exportkreditgarantien (Hermesdeckungen) sind ein zentrales Außenwirtschaftsförderinstrument der Bundesregierung. Sie sichern Exporteure gegen wirtschaftlich oder politisch bedingte Forderungsausfälle ab und ermöglichen in vielen Fällen erst die notwendige Absatzfinanzierung eines Geschäfts. Mit Blick auf die Zeitenwende in der Verteidigungswirtschaft hat der Bund die Absicherungsmöglichkeiten für Rüstungsgüter erweitert. Bislang waren diese nur im Einzelfall möglich. Ein vereinfachtes und schnelleres Verfahren ermöglicht es, dass militärische Güter künftig ähnlich wie zivile Exportgeschäfte behandelt werden. (Quelle: Euler Hermes)

Zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten bei kleineren Projekten

Neben der Modernisierung großer Schiffstypen bestehen auch Geschäftschancen bei kleineren Klassen. Cotecmar plant den Bau eines Logistikschiffs ab 2029. Vorgesehen ist auch der Bau von Patrouillenbooten des Typs Arcángel sowie eines Boots für Kolumbiens maritime Aufsichtsbehörde Dimar. Hinzu kommen Aufträge für Cotecmar durch andere Länder der Region, wie die kürzliche Lieferung von acht Flussbooten nach Guatemala. Auch die kolumbianische Werft MAR-10 baut Militärschiffe, darunter das Kampfboot Kraken, das Schnellnebelgranatensysteme von Rheinmetall nutzt.

Weitere Geschäftschancen bestehen bei der Dekarbonisierung der Marine. Der Plan Gaia sieht vor, die CO2-Emissionen der Marine bis 2042 zu halbieren. Dazu arbeitet die Marine an Plänen zur Nutzung von erneuerbarer Energie, Wasserstoff, Elektrifizierung und erneuerbarem Diesel. Zusätzlich laufen Studien zum ersten 100 Prozent elektrisch betriebenen Marineboot Lateinamerikas.

Was sollten deutsche Firmen beachten?

Grundsätzlich gibt es drei Wege für deutsche Unternehmen, Produkte im kolumbianischen Marinesektor anzubieten: 

  1. Zusammenarbeit mit einem lokalen Partner, der wiederum die kolumbianische Cotecmar beliefert (60 Prozent der Zulieferer von Cotecmar sitzen in Kolumbien). 
  2. Zulieferung an eine europäische Werft wie Damen, die Aufträge in Kolumbien erhalten hat.
  3. Das eigene Produkt offen auf dem Markt anbieten. 

Die deutsche Botschaft in Bogotá kennt sich in der Branche vor Ort gut aus und kann gegebenenfalls offene Fragen klären. Konkurrenz im Geschäft mit der kolumbianischen Marine kommt unter anderem aus den Niederlanden, Schweden, Frankreich und Südkorea. Gerade Südkorea schnürt attraktive Finanzierungs- und Produktpakete für südamerikanische Regierungen.

Ein Vertreter eines deutschen Rüstungszulieferers sagt:

"Der öffentliche Sektor in Kolumbiens Marinewirtschaft ist vergleichsweise marktwirtschaftlich organisiert."

Man brauche allerdings viel Geduld, da das Geld in den Staatskassen mitunter knapp sei. "Das Personal in Kolumbien ist sehr gut ausgebildet und die Personalkosten sind niedrig." Gerade das Aftersales-Geschäft sei eine gute Möglichkeit für deutsche Firmen, ein Alleinstellungsmerkmal aufzubauen. "Das ist das A und O."

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