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Wirtschaftsausblick | Kuwait

Kuwaits Wirtschaft bleibt in der Rezession

Der dominierende Ölsektor wird die Gesamtwirtschaft 2024 erneut schrumpfen lassen. Die Verschärfung der internen Konflikte könnte notwendige Investitionen weiter verzögern.

Von Robert Espey | Dubai

Top-Thema: Politische Krise erreicht neuen Höhepunkt

Konflikte zwischen der vom Emir ernannten Regierung, dem gewählten Parlament und der staatlichen Bürokratie behindern seit Jahrzehnten Strukturreformen und tragen regelmäßig zu erheblichen Projektverzögerungen bei. Am 10. Mai 2024 löste Emir Sheikh Mishal Al-Ahmad Al-Jaber Al-Sabah das erst im April vorzeitig neu gewählte Parlament auf. Offensichtlich will er bis auf Weiteres ohne Volksvertretung regieren.

Der seit Dezember 2023 amtierende 83-jährige Emir hat die Rechte des Parlaments (Gesetzgebung etc.) auf seine Regierung übertragen. Sowohl der Premierminister als auch der Verteidigungs- und Innenminister gehören der Herrscherfamilie an.

Nach den häufigen vorzeitigen Auflösungen des auf vier Jahre gewählten Parlaments wurden in der Vergangenheit Neuwahlen zumeist innerhalb der verfassungsmäßen Frist von zwei Monaten durchgeführt. Die jetzige Auflösung ist aber mit der Aussetzung von Teilen der Verfassung verbunden, zunächst für bis zu vier Jahre. Neuwahlen sind nicht geplant. Der Emir erklärte, in der Übergangszeit würden "alle Aspekte des demokratischen Prozesses" überprüft.

Längere Suspendierungen des Parlaments gab es bereits von 1976 bis 1981 sowie von 1986 bis 1991. In beiden Fällen wurde das Parlament nach Protesten letztlich wieder zugelassen. Eine ähnliche Entwicklung könnte sich nun wiederholen.

Die Hoffnung, dass die Regierung nun ohne Zutun des Parlaments ein Modernisierungsprogramm umsetzt, dürfte sich als unrealistisch erweisen. Bei der Diversifizierung der Wirtschaft hat Kuwait bisher nur relativ geringe Fortschritte erzielt. Viele notwendige Investitionen wurden nicht getätigt. So verzögern sich wichtige Kraftwerksprojekte. Im kommenden Sommer muss Kuwait erneut mit einer Stromversorgungskrise rechnen.

Wirtschaftsausblick: Weiteres Jahr mit Rezession

Unter den sechs Ländern des Golfkooperationsrates (GCC) wird Kuwait 2024 das einzige Land mit einem schrumpfenden Bruttoinlandsprodukt (BIP) sein, so die aktuelle Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF). Grund ist die besonders hohe Abhängigkeit vom Ölsektor. Der IWF erwartet 2024 in Kuwait einen realen BIP-Rückgang um 1,4 Prozent. Die Economist Intelligence Unit (EIU) ist mit einem Minus von 0,2 Prozent optimistischer.

Noch positiver ist die Weltbank gestimmt: In ihrer Prognose für 2024 geht sie von einem BIP-Wachstum von 2,8 Prozent aus – allerdings unter der Voraussetzung einer steigenden Ölproduktion, einer höheren Raffinerieproduktion und Wachstumsimpulsen durch eine expansive Fiskalpolitik. Viele Beobachter rechnen allerdings eher mit einer nochmals geringeren Ölförderung.

Nach vorläufigen Angaben der Statistikbehörde lag der BIP-Anteil der Öl- und Gasförderung 2022 bei 52 Prozent. Im Jahr 2023 sank die Ölproduktion um 4,3 Prozent. Damit dürfte sich der BIP-Anteil des Öl- und Gassektors auf 50 bis 51 Prozent verringert haben.

Im 1. Halbjahr 2024 drosselte Kuwait seine Ölförderung entsprechend den Vereinbarungen der OPEC+ Gruppe auf 2,4 Millionen Barrel pro Tag. Dies sind 7 Prozent weniger als im Jahresdurchschnitt 2023. Eine wesentliche Produktionssteigerung im 2. Halbjahr erscheint aktuell unwahrscheinlich.

Die derzeit schwache Nichtölwirtschaft kann die niedrige Ölfördermenge nicht kompensieren. Der IWF prognostiziert für 2024 ein Wachstum des Nichtölsektors um lediglich 2 Prozent. Zugleich soll der Ölsektor erneut um 4,3 Prozent schrumpfen.

Investitionen: Ausländisches Engagement auf niedrigem Niveau

In der GCC-Ländergruppe liegt Kuwait bei den ausländischen Direktinvestitionen weit abgeschlagen auf dem letzten Platz. Die kuwaitische Zentralbank gibt den Bestand Ende 2023 mit 16,7 Milliarden US-Dollar (US$) an. Die staatliche Kuwait Direct Investment Promotion Authority hat nach eigenen Angaben zwischen April 2022 und März 2023 Investitionen in Höhe von 0,6 Milliarden US$ genehmigt. Seit ihrer Gründung im Jahr 2013 belaufen sich die Genehmigungen auf ein Gesamtvolumen von 4,8 Milliarden US$.

Außenhandel: Einfuhren steigen, aber Ausfuhren sinken

Kuwaits Außenhandelsüberschuss schrumpfte 2023 um 29 Prozent auf 51,2 Milliarden US$. Die Gesamtausfuhr sank um über 16 Prozent auf 84,2 Milliarden US$. Die Ölexporte gingen um 17 Prozent auf 78,1 Milliarden US$ zurück. Die Importe erhöhten sich um 16 Prozent auf 33 Milliarden US$. Hauptlieferländer waren China, die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate (vor allem Reexporte über Dubai), Japan und Indien.

Deutsche Perspektive: Ölimporte aus Kuwait

Gemäß Destatis erhöhten sich 2023 die deutschen Bezüge aus Kuwait sprunghaft auf 696 Millionen Euro. Nur 55 Millionen Euro waren es im Vorjahr. Grund war der Import von Ölerzeugnissen für 683 Millionen Euro. Diese Position hatte 2022 einen Wert von 33 Millionen Euro.

Die deutschen Ausfuhren stiegen 2023 um 2 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro. Im 1. Quartal 2024 schrumpften die Exporte gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode um 10 Prozent auf 263 Millionen Euro.

Zu den großen deutschen Engagements in Kuwait gehört das Anfang 2024 weitgehend fertiggestellte Klärwerk Umm Al-Hayman mit einer Tageskapazität von 500.000 Kubikmetern. Hauptauftragnehmer des 1,4-Milliarden-US$-Projekts einschließlich Abwassernetz war die WTE Wassertechnik. Das Essener Unternehmen ist 25 Jahre lang für den Betrieb der Anlage verantwortlich.

GTAI-Informationsangebote zu Kuwait

Weitere Informationen zu Kuwait bieten unter anderem unsere Reihen "Wirtschaftsstandort", "Wirtschaftsdaten kompakt" und "Branche kompakt". Ferner sind auf der GTAI-Länderseite zahlreiche Berichten zum Wirtschaftsumfeld, zu Branchen sowie Rechts- und Zollthemen zu finden.

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