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Wirtschaftsumfeld | Malediven | Konjunktur

Die Malediven haben ein Schuldenproblem

Die Malediven sind hoch verschuldet. Das Land will wichtige Handelspartner nun in lokaler Währung bezahlen, um die geringen Devisenreserven zu schonen.

Von Florian Wenke | Mumbai

Nachdem bereits Nachbarländer wie Sri Lanka aufgrund hoher Staatsschulden in die Krise geschlittert sind, entwickeln sich die öffentlichen Schulden auch für die Malediven zum Problem. Die Summe aus den Gesamtschulden der öffentlichen Hand und staatlich garantierter Schulden erreichte 2023 rund 8 Milliarden US-Dollar (US$). Das entspricht schätzungsweise 123 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung des Landes, so die Weltbank. Im Vorjahr lagen die Schulden bei 7 Milliarden US$ beziehungsweise 115 Prozent. 

Der Schuldendienst steigt 

Während die inländische Verschuldung 2023 rund 72 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betrug, lagen die externen Schulden bei 51 Prozent des BIP. Zu den größten Geldgebern aus dem Ausland zählen die Export-Import Bank of China und die Export-Import Bank of India. Um die Schulden bedienen zu können, benötigt die Regierung für die Jahre 2024 und 2025 jeweils 512 Millionen US$. Im Jahr 2027 folgt der prognostizierte Höchststand mit Zahlungen im Umfang von etwas unter 1,1 Milliarden US$. 

Malediven wollen Importe in Landeswährung bezahlen

Die Währungsreserven lagen laut Weltbank im März 2024 bei rund 542 Millionen US$. Den Experten zufolge deckt dies lediglich Importe für 1,8 Monate. Die Malediven sind also darauf angewiesen, ihre Devisenreserven zu schonen. Dies soll beispielsweise durch vermehrte Abwicklung des Handels in anderen Währungen als dem Dollar geschehen. So bemüht sich das Land um Abkommen mit Indien und China, um Importe in der lokalen Währung Rufiyaa zahlen zu können. 

Laut UN Comtrade bezogen die Malediven 2023 Waren im Wert von 554,7 Millionen US$ aus Indien. Mit einem Anteil von 16 Prozent an den Gesamtimporten machte dies Indien zum wichtigsten Lieferland. China war mit Einfuhren im Wert von 404,9 Millionen US$ und einem Anteil von 12 Prozent an den Gesamtimporten ebenfalls wichtig als Bezugsland. Die Abwicklung des Handels in Rufiyaa würde demzufolge große Mengen an Devisen sparen. Der Handel in lokalen Währungen käme auch Indien und China gelegen, denn die beiden Länder versuchen seit einigen Jahren, weniger Außenhandel in US-Dollar abzuwickeln.

Infrastruktur wird mithilfe ausländischer Gelder ausgebaut

Die Entwicklungen sind Zeichen für eine zunehmende Vernetzung in der Region, aber auch für wachsende Abhängigkeiten der Malediven. Das zeigt sich bei Infrastrukturvorhaben: Für das Greater Malé Connectivity Project stellte Indien 100 Millionen US$ als Zuschuss und 400 Millionen US$ an Krediten bereit. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Brücke zwischen der Hauptstadt Malé und der Insel Thilafishi. 

Die Brücke baut Afcons Infrastructure, das zur Shapoorji Pallonji Group, einem indischen Industriekonglomerat, gehört. Bei der Erweiterung des internationalen Flughafens Velana half das Königreich Saudi-Arabien mit Krediten im Umfang von 200 Millionen US$ aus. 

Nicht selten spielen bei Finanzierungsfragen für Großprojekte politische Aspekte eine Rolle. So gehen Beobachter davon aus, dass nach dem Wahlsieg von Mohamed Muizzu in den maledivischen Präsidentschaftswahlen 2023 der Einfluss Chinas im Land steigen wird. Der neue Präsident gilt im Vergleich zu seinem Vorgänger als chinafreundlich. Letztgenannter hatte die Annäherung an Indien gesucht. 

Die Verbundenheit mit China zeigte sich Anfang 2024, als die Regierungen meldeten, dass die beiden Länder eine umfassende Partnerschaft (Comprehensive Strategic Cooperative Partnership) eingehen. Darunter fällt beispielsweise eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Tourismus, im Rahmen der Neuen Seidenstraße (China Belt and Road Initiative), aber auch beim Handel. Bereits 2017 hatten beide Länder ein Freihandelsabkommen unterzeichnet, das bisher aber nicht ratifiziert wurde. 

In den kommenden Jahren dürfte wieder mehr Geld aus China in die Malediven fließen, wahrscheinlich auch in den Ausbau der Infrastruktur. Große Infrastrukturprojekte gelten Experten zufolge als einer der Gründe für die prekäre Schuldenlage.

Das Wirtschaftswachstum fällt geringer aus

Obendrein schwächelt die wirtschaftliche Entwicklung. Noch im September 2023 gingen Volkswirte von einem Wirtschaftswachstum von 6,5 Prozent für dasselbe Jahr aus. Nun gibt die Weltbank an, dass das BIP 2023 wahrscheinlich nur um 4 Prozent wuchs und damit geringer als im Jahrzehnt vor der Coronapandemie. Von 2009 bis 2019 hatte die Wirtschaftsleistung durchschnittlich um 6,6 Prozent pro Jahr zugelegt. Für 2024 soll das BIP nun um 4,7 Prozent wachsen und damit geringer als die vorherige Prognose von 5,2 Prozent. Ein geringeres Wachstum erschwert die Rückzahlung der Staatsschulden. 

Weniger Tourismuseinnahmen trotz mehr Gästen

Bedeutend für die Wirtschaft und wichtig für Deviseneinnahmen ist der Tourismus. Im Jahr 2023 verzeichneten die Malediven die Ankunft von knapp 1,9 Millionen Gästen 12 Prozent mehr als im Vorjahr. Dennoch gingen die Tourismuseinnahmen zurück, weil Besucher sich zunehmend für günstige Unterkünfte statt für Luxusresorts entscheiden.

Außerdem ging die durchschnittliche Verweildauer pro Gast von 8,8 Tagen im Jahr 2022 auf acht Tage im Jahr 2023 zurück. Die Entwicklung scheint sich fortzusetzen: Für Januar bis April 2024 lag der Wert bei 7,8 Tagen. 

Laut Weltbank sanken daher die nominalen Erträge des Tourismussektors 2023 um 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ohne Trendwende bei den Tourismuseinnahmen werden die Malediven ihre wirtschaftliche Lage kaum verbessern können. Die Branche ist von überragender Bedeutung für das Land. Die Asian Development Bank schätzt, dass sie 2022 rund 20 Prozent zum BIP beisteuerte. Bezieht man auch indirekte Effekte mit ein, dann steigt der Wert gar auf 79 Prozent.

Zu den wichtigsten Herkunftsländern für Touristen zählen Indien, Russland und China. Chinas Öffnung nach der Coronapandemie hat wieder mehr Reisenden aus dem Reich der Mitte den Weg auf die Malediven ermöglicht. Die Ankunftszahlen für 2024 zeigen für chinesische Gäste einen stark positiven Trend. Umgekehrt sieht es bei Touristenankünfte aus Indien aus. 

Der Touristenstrom aus China nimmt stark zuVeränderung in Prozent
Land

Ankünfte 2023

Ankünfte 2024 

(Jan. - April)

Veränderung 2024 gegenüber Vorjahresperiode

Gesamt

1.878.543

772.370

12,2

Indien

209.193

42.627

-42

Russland

209.146

78.045

-5

China

187.125

83.826

169

Vereinigtes Königreich

155.994

75.347

15

Deutschland

135.091

60.022

19

Quelle: Ministry of Tourism 2024

 

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