Wirtschaftsumfeld | Mauretanien | Wirtschaftsstruktur
Wirtschaft diversifiziert sich nur langsam
Erzbergbau und Fischverarbeitung dominieren das Wirtschaftsgeschehen. Allgemein fehlt es an Technologie, Kapital und Fachkräften. Die Zahl der Industriebranchen ist gering.
10.11.2023
Von Ullrich Umann | Casablanca
Die Agrar- und Fischereiwirtschaft generiert mehr als ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts (BIP). In diesem Zusammenhang gibt die Deutsche Gesellschaft für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (GIZ) das Potenzial an durchschnittlich produktivem Ackerland mit 500.000 Hektar an. Zu finden ist die landwirtschaftliche Nutzfläche im Süden. Angebaut werden Hirse, Sorghum, Datteln und Reis. Doch deckt die heimische Produktion nur etwa ein Drittel des Nahrungsmittelbedarfs, weshalb Importe unabdingbar sind, insbesondere von Sorghum, Hirse und Weizen.
Sektoren | Anteil am BIP | Anteil an den Beschäftigten |
---|---|---|
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 28,3 | 50,0 |
Industrie | 27,6 | 1,9 |
Dienstleistungen | 44,1 | 48,1 |
Mauretanien verfügt über wichtige Fischereirechte; auch die EU hat ein Abkommen abgeschlossen, neben asiatischen Ländern. Doch droht Überfischung, wogegen sich in Mauretanien erster Widerstand regt. Gefordert werden unter anderem transparente Verhandlungen, wenn es um neue Abkommen geht.
Trotz ihrer relativen Exportkraft ist die Fischindustrie unterfinanziert, wie das japanische Institute of Developing Economies (IDE) festgestellt hat. Das gilt insbesondere für die Fangschiffe. Um den Weg frei für privates Kapital in der Fischverarbeitung zu machen, hatte der Staat in den 1990er Jahren seine Anteile am Unternehmen zur Verarbeitung und zum Vertrieb von Fischereiprodukten, Société Mauritanienne De Commercialisation Des Produits De Peche (SMCP), auf 35 Prozent gesenkt. Derzeit reinigen und verpacken etwa 30 kleine und mittelgroße Fischverarbeitungswerke den Fang und liefern ihn tiefgekühlt nach Europa und Asien.
Rohstoffe größte Devisenbringer
Das Land ist reich an Rohstoffen. Abgebaut werden Gold, Eisenerz und Kupfer. Ebenso gibt es Fördereinrichtungen für Erdöl und ab 2024 auch für Erdgas. Mauretanien ist damit der zweitgrößte Rohstoffproduzent in Afrika. Der Bergbau generiert knapp ein Viertel des BIP und stellt wertmäßig 60 Prozent der Exporte. Zusammen mit der Bauwirtschaft erwirtschaftet der sekundäre Sektor fast ein Drittel des BIP. Wird das verarbeitende Gewerbe innerhalb des sekundären Sektors isoliert betrachtet, trägt es nur 5 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei.
Die Dienstleistungen tragen 44 Prozent zum BIP bei. Die wichtigsten Sektoren sind die Telekommunikation und der Transport. Der Tourismus bleibt wegen mangelnder Infrastruktur und unzulänglicher rechtlicher Rahmenbedingungen unterhalb seines Entwicklungspotenzials.
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Wenige deutsche Firmen aktiv
Wichtige Handelspartner Mauretaniens befinden sich mit der VR China und Japan in Asien. Die bedeutendsten europäischen Handelspartner sind Spanien, die Türkei, Italien, Schweiz und Belgien. Deutschland folgt erst mit einigem Abstand. Deutsche Unternehmen beziehen überwiegend Eisenerz aus Mauretanien. Und selbst diese einseitigen Bezüge haben sich 2022 um 70 Prozent auf 35 Millionen US-Dollar (US$) verringert.
In der Gegenrichtung importiert die staatliche Minengesellschaft, die Société Nationale Industrièlle et Minière (SNIM), Ersatzteile für Abraum- und Fördertechnik aus Deutschland. Die deutsche Bankenwirtschaft konzentriert sich wiederum auf die Finanzierung von Eisenerzlieferungen.
Mauretanien bezieht seit 2022 vor allem Getreide aus Deutschland. Zweitwichtigste Produktgruppe bei den deutschen Einfuhren sind Milchprodukte. Lediglich einige wenige Fahrzeug- und Maschinenhersteller aus Deutschland lassen sich vor Ort durch mauretanische Import- und Servicegesellschaften vertreten.
Deutsche Firmen mit Geschäftsinteresse, die vor Ort zusätzliche Informationen oder Unterstützung benötigen, können sich in der Hauptstadt Nouakchott an die Deutsche Botschaft wenden.
Transport ist nach Bergbau und Fischwirtschaft der drittgrößte Sektor
Mauretanien liegt am Westrand der Sahara und stellt damit ein wichtiges Bindeglied und einen Transportkorridor zwischen den nordafrikanischen Maghreb-Staaten und den Ländern Subsahara-Afrikas dar. Internationale Geber, die Regierung und punktuell auch private Firmen investieren unter anderem schon deshalb in die Infrastruktur. Dem kommt zugute, dass Mauretanien im Vergleich zu einigen Nachbarstaaten weitgehend als Stabilitätsanker in der Sahelzone gilt.
Der Transport speziell raffinierter Ölprodukte weist jedoch Defizite auf, wie das Ministerium für Energie und Mineralische Ressourcen hervorhebt. Zur Ausarbeitung eines Masterplans für den Transportsektor lässt das Ministerium den Ist-Zustand für die Bereiche Tanklastwagen, Schiff, Hafenlogistik, Eisenbahn und Pipeline hinsichtlich Regulierung, Kosten, Qualität, Sicherheit, Effizienz, Wettbewerb und private Investitionen untersuchen. Mit der Untersuchung hatte das Ministerium in Zusammenarbeit mit der Weltbank das Beratungsunternehmen Fichtner aus Stuttgart beauftragt.
Entwicklungsgefälle von Süd nach Nord
Mauretaniens Territorium ist dreimal so groß wie das der Bundesrepublik Deutschland. Doch ist es überwiegend von Wüste überzogen. Im Westen erstreckt sich Mauretanien 700 Kilometer entlang der Atlantikküste, im Osten zieht sich die Grenzmarkierung mit Mali quer durch den Wüstensand und im Süden bildet der Fluss Senegal eine natürliche Barriere zum gleichnamigen Nachbarstaat.
Mauretanien ist nicht nur eines der größten, sondern auch mit am dünnsten besiedelten Länder Westafrikas. Bei einer Größe von circa 1 Million Quadratkilometern und einer Bevölkerung von 4,7 Millionen entfallen knapp 5 Einwohner auf 1 Quadratkilometer. In Städten leben 61,2 Prozent der Bevölkerung, vor allem im Süden und entlang der Küste. Die größte urbane Zone ist mit Abstand die Region Nouakchott, wo 958.400 Menschen leben.
Gebiet | Bevölkerung (in 1.000) | Fläche in qkm |
---|---|---|
Hodh Ech Chargui | 431 | 182.700 |
Nouakchott-Sud | 426 | 252 |
Nouakchott-Nord | 367 | 306 |
Gorgol | 336 | 13.600 |
Assaba | 326 | 36.600 |
Brakna | 312 | 33.000 |
Hodh El Gharbi | 295 | 53.400 |
Trarza | 273 | 67.800 |
Guidimaka | 267 | 10.300 |
Nouakchott-Ouest | 166 | 146 |
Dakhlet Nouadhibou | 124 | 23.090 |
Tagant | 81 | 98.340 |
Adrar | 63 | 235.000 |
Tiris Zemmour | 53 | 252.900 |
Inchiri | 20 | 46.800 |