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Wirtschaftsausblick | Mexiko

Mexiko bleibt unter neuer Präsidentin auf Wachstumskurs

Claudia Sheinbaum von der regierenden linkspopulistischen Partei Morena ist Mexikos nächste Präsidentin. Unternehmen hoffen unter ihr auf mehr wirtschaftspolitische Stabilität.

Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

Top-Thema: Starke Macht der Regierungskoalition birgt Risiken

Zum ersten Mal seit der Staatsgründung hat Mexiko Anfang Juni 2024 eine Frau zur Präsidentin gewählt. Claudia Sheinbaum tritt das Amt am 1. Oktober an und wird für sechs Jahre regieren, eine Wiederwahl ist nicht möglich. Sie gehört der Partei Morena des noch amtierenden Staatschefs López Obrador an, gilt jedoch als pragmatischer und weniger populistisch. Die Physikerin dürfte den Ausbau der erneuerbaren Energien ankurbeln, der unter López Obrador ins Stocken geraten ist. Sie will aber die sozialpolitische Bewegung ihres Vorgängers ("Vierte Transformation") fortführen und hat bereits eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns um inflationsbereinigt 50 Prozent während ihrer Amtszeit angekündigt.

Überraschend war, wie deutlich die Morena-Partei die Wahlen beherrschte: Sheinbaum erhielt 59 Prozent der Stimmen, während die zweitplatzierte Kandidatin Xóchitl Galvez nur auf 28 Prozent kam. Auch auf Ebene der Bundesstaaten verbuchte Morena Erfolge. Sie wird in 23 der insgesamt 32 Bundesstaaten regieren, darunter in Mexiko-Stadt. Zudem erreichte die Morena-Koalition eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Die erst seit 2014 existierende Partei kann dadurch Verfassungsänderungen quasi im Alleingang durchführen. Befürchtet wird unter anderem eine umstrittene Justizreform, die die staatliche Gewaltenteilung untergraben könnte.

Wirtschaftsentwicklung: Mittelfristig über 2 Prozent Wachstum erwartet

Mexikos Wirtschaft profitiert vom Nearshoring. Dieser Trend dürfte sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Die Economist Intelligence Unit (EIU) rechnet zwischen 2024 und 2028 mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um real 2,2 Prozent pro Jahr. Ungewissheit über die politische Linie von Sheinbaum könnte jedoch einige Investoren vorerst zögern lassen.

Ein weiterer Risikofaktor sind die US-Wahlen im November. Ein Machtwechsel beim Nachbarn im Norden könnte zu bilateralen Spannungen führen. Darüber hinaus wird 2026 das USMCA-Handelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada einer Revision unterzogen. Auch die schlechte Sicherheitslage in einigen Landesteilen sowie der sich zuspitzende Wassermangel stellen Mexiko auf die Probe.

Attraktive Produktionsbedingungen, der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie das USMCA-Abkommen ziehen dennoch viele Unternehmen ins Land. Die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) erreichten 2023 mit 36,1 Milliarden US-Dollar (US$) ein Rekordniveau und zogen im 1. Quartal 2024 nochmals um 9,1 Prozent an.

Rund die Hälfte der FDI stammen aus den angrenzenden USA, so das mexikanische Wirtschaftsministerium (Secretaría de Economía). An zweiter Stelle stand im 1. Quartal 2024 Deutschland, auf das 9 Prozent entfielen (1,7 Milliarden US$). Allerdings wird China in der Statistik nicht aufgelistet. Die Prüfungsgesellschaft Deloitte schätzt, dass chinesische Unternehmen derzeit noch mehr in Mexiko investieren als Firmen aus Deutschland.

Deutsche Großinvestitionen finden vor allem im Automobilsektor statt: Im Juni 2024 kündigte Audi an, für rund 1 Milliarde US$ den Standort im Bundesstaat Puebla für die Produktion von Elektroautos zu erweitern. Eine ähnliche Investition hatte Volkswagen Anfang des Jahres bekannt gegeben. BMW gibt rund 900 Millionen US$ für die Herstellung von Elektrofahrzeugen ab 2027 in San Luis Potosí aus.

Mexiko steigt zum wichtigsten Handelspartner der USA auf

Auch am Außenhandel zeigt sich der Nearshoring-Trend: Mexiko stieg 2023 zum wichtigsten Handelspartner der USA auf, vor Kanada und China. Der Handelsaustausch zwischen den beiden Staaten erreichte 803,3 Milliarden US$ weltweit gibt es keine zwei Länder mit einem höheren Handelsvolumen. Die mexikanischen Exporte stehen auch 2024 auf Höchstniveau, zwischen Januar und April legten sie um 4,1 Prozent auf 194,8 Milliarden US$ zu.

Deutschland ist hinter den USA, China und Kanada der viertwichtigste Handelspartner Mexikos. Im Ranking der Lieferländer belegt Deutschland sogar Platz 3. Zwischen Januar und April 2024 importierte Mexiko Waren im Wert von 7,3 Milliarden US$ aus Deutschland, ein Plus von 9,3 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Das Inkrafttreten des modernisierten EU-Mexiko-Handelsabkommens steht noch aus.

Starker Peso beflügelt Konsumgüterimporte

Der Privatkonsum legte 2023 im Vergleich zum Vorjahr real um 4,4 Prozent zu. Dank des starken Peso entwickelte sich vor allem der Konsum importierter Güter kräftig. EIU erwartet 2024 und in den folgenden Jahren Zuwachsraten von jeweils rund 2 Prozent.

Die Bruttoanlageinvestitionen sprangen 2023 aufgrund staatlicher Infrastrukturprojekte wie der Zugstrecke Tren Maya um 19,7 Prozent nach oben. Da die Großprojekte fast fertig sind, wird die Dynamik auf ein normaleres Niveau zurückgehen.

Deutsche Perspektive: Nicht nur der Automobilsektor zählt

Der Kfz-Sektor ist die mit Abstand wichtigste Branche für deutsche Unternehmen in Mexiko, aber auch andere Bereiche sind attraktiv. Der Sensor- und Automatisierungsspezialist Balluff eröffnete Ende 2023 eine Fertigungsstätte im Bundesstaat Aguascalientes. Die Smart Factory soll mittelfristig 700 Arbeitsplätze stellen, mehr als ein vergleichbares Werk von Balluff in China. "Mexiko ist weltweit unser fünftgrößter Markt", so Antonio Mendoza, Geschäftsführer von Balluff für Lateinamerika. Man habe sich aufgrund der zentralen Lage und des guten Sicherheitsumfeldes für Aguascalientes entschieden.

"Der neue Standort in Aguascalientes spielt eine Schlüsselrolle bei der Versorgung unserer Kunden in der Region Amerika – mit lokal produzierten Produkten, hoher Verfügbarkeit und kurzer Lieferzeit."

Frank Nonnenmann Geschäftsführer und Head of Supply Chain bei Balluff

Bosch Rexroth baut derzeit eine Produktionsstätte für Hydraulikpumpen im zentralmexikanischen Querétaro auf. Das Unternehmen investiert 170 Millionen US$, um ab 2027 die USA und Kanada zu beliefern. "Wir sehen ein großes Potenzial auf dem nordamerikanischen Markt für mobile Anwendungen wie beispielsweise Land- oder Baumaschinen und fertigen dafür die entsprechenden Komponenten", so Bosch Rexroth in einer Pressemitteilung. Das mexikanische Werk soll bei Inbetriebnahme 900 Personen beschäftigen.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Länderseite Mexiko.

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