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USA koppeln sich weiter von China ab

Washington bleibt im Handelskonflikt auf Konfrontationskurs. US-Unternehmen halten sich mit Investitionen in China zurück und importieren verstärkt aus Mexiko oder ASEAN. 

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

China bleibt in den USA ein rotes Tuch, gerade im Wahlkampf 2024. Die vom Ex-Präsidenten Trump gestarteten Maßnahmen, die einen Handelskonflikt entfachten, setzt sein Nachfolger Joe Biden fort. Im Ton entschärfter, aber in der Sache hart. Zuletzt verkündeten die USA im Mai 2024 neue Strafzölle auf chinesische Einfuhren von bis zu 100 Prozent. Der Import aus China ging zuvor schon zurück, zum Teil durch Umlenkung über Südostasien und Mexiko. 

Empfindlicher treffen China dagegen die Einschränkungen im Halbleiterbereich. So wurde das Exportverbot für Halbleiter, das sich relativ leicht umgehen ließ, auf Maschinen zur Produktion der kleinsten Hochleistungs-Chips ausgeweitet. Biden gelang dabei ein besonderer Coup, indem er mit Japan und den Niederlanden zwei wichtige Lieferländer für Halbleiterausrüstungen mit ins Boot holte. Die niederländische Firma ASML ist Monopolanbieter von sogenannten EUV-Lithographiemaschinen. Ohne dieses Know-how kann China keine fortschrittlichen Chips in Eigenregie produzieren und ist von westlicher Hochtechnologie teilweise abgeschnitten. 

USA und China konkurrieren bei Halbleitern, Solarzellen und Batterien 

Die USA fördern ihre Unabhängigkeit im Halbleiterbereich durch den Chips and Science Act. Laut der Rhodium Group flossen 2018 noch 48 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen der Chipindustrie nach China. Die Quote fiel bis 2022 auf 1 Prozent. Im Gegenzug stieg sie für die USA in dem Zeitraum von 0 auf 37 Prozent.

Nach Angaben der Semiconductor Industry Association waren Ende 2023 mehr als ein Dutzend große Chipfabriken mit einem Investitionsvolumen von über 200 Milliarden US-Dollar (US$) in der Pipeline. Unter den Investoren sind Intel, Samsung und Taiwan Semiconductor Manufacturing weltweite Marktführer in der Auftragsfertigung. Marktanalysten zufolge entstehen in den nächsten Jahren 50 bis 70 Prozent aller Halbleiterfabriken weltweit in den USA.

Doch auch in anderen Branchen schwingen sich die USA zum Konkurrenten von China auf. So findet aktuell keine Fertigung von Solarzellen statt. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern. Der Inflation Reduction Act (IRA) garantiert hier umfangreiche Steuervergünstigungen. Nach Angaben der Solar Energy Industry Association (SEIA) wurden im Verlauf des Jahres 2023 Investitionen von 100 Milliarden US$ in die gesamte Fotovoltaik-Wertschöpfungskette angekündigt. Darüber hinaus haben Autobauer Vorhaben gleichen Umfangs für Fabriken zur Produktion von Batterien und Elektroautos in Aussicht gestellt.

US-Handelsbeschränkungen halten chinesische Wettbewerber fern

Zölle verhindern weitgehend den Import von Solarmodulen aus dem Reich der Mitte. Die meisten Einfuhren kommen aus Südostasien. Zugleich erhalten Elektrofahrzeuge, deren Batteriekomponenten aus der Volksrepublik oder anderen problematischen Ländern stammen, keine staatliche Förderung. Sie beträgt 7.500 US$ pro Wagen. 

Trotzdem macht sich Washington Sorgen. Da China etwa die Kapazitäten zur Solarzellenfertigung massiv ausbaut, fallen die Weltmarktpreise rasant. Dadurch rechnen sich viele US-Fabriken trotz großzügiger Steuererleichterungen nicht mehr, erste Investoren legten Projekte auf Eis. US-Finanzministerin Yellen reiste deshalb im April 2024 nach Beijing, um Fragen der Überkapazitäten zu besprechen Ergebnisse blieben zunächst aus. 

Die im Mai 2024 eingeführten beziehungsweise erhöhten Zölle können daher eine Reaktion sein, unterstützen aber auch im Wahlkampf. Der 100-Prozent-Zoll auf Elektroautos wird angesichts der geringen Importe zunächst keine große Veränderung bewirken, schwieriger zu finden sind dagegen Alternativen für Batterien oder Solarzellen.

Während die US-Regierung auf die Protektionismus-Karte setzt, sind die Unternehmen weiter an einem intensiven Austausch mit China interessiert. Eine Anfang 2024 veröffentliche Umfrage der Amerikanisch-Chinesischen Handelskammer zeigt, dass für jede zweite befragte Firma China immer noch einer der wichtigsten drei Märkte der Welt ist. Dabei handelte es sich allerdings um den zweitschlechtesten Wert seit Jahren. Zudem zeigten sich die Unternehmen bezüglich ihrer Investitionsabsichten zurückhaltend. Über drei Viertel wollen ihre Kapazitäten in China nicht oder nur geringfügig ausbauen. Rund 12 Prozent planen, Fertigungsschritte zu verlagern. 

Paradigmenwechsel in der Beschaffungspolitik

Chinesische Güter sind in den USA nicht mehr so gefragt, besonders wenn sie bei öffentlichen Projekten oder in der kritischen Infrastruktur zum Einsatz kommen. Washington ließ im Frühjahr 2024 verkünden, sämtlich Kräne chinesischer Herkunft an den Seehäfen abbauen zu lassen. Auch die Privatwirtschaft ändert ihr Verhalten. Durch gestörte Lieferketten im Zuge der Coronapandemie diversifizieren die US-Unternehmen ihre Beschaffung oder kaufen verstärkt in der Nähe ein.

Das Nearshoring machte sich 2023 deutlich bemerkbar: Während der Umschlag an den Seehäfen spürbar sank, florierte der Warentransport per Lkw. Die Zollstatistik förderte sogar eine Zeitenwende zu Tage: So war China über Jahrzehnte der größte Warenlieferant für die Vereinigten Staaten. Doch 2023 fiel die Volksrepublik auf Rang 2 zurück. In den ersten beiden Monaten 2024 hat sich diese Entwicklung fortgesetzt.

Größter Gewinner des Nearshorings ist Mexiko, das 2023 auf Rang 1 der Einfuhrstatistik kletterte. Auch Kanada konnte in den vergangenen Jahren seine Lieferungen in die USA deutlich ausweiten. Ebenso profitierten Süd- und Südostasien. Die Einfuhren aus der ASEAN-Staatengemeinschaft wuchsen zwischen 2018 und 2023 um fast zwei Drittel. Insbesondere Vietnam wurde so etwas wie ein "zweites China". 

Abhängigkeit von seltenen Erden bleibt hoch

In einem Punkt blieben die Bemühungen der US-Regierung hinsichtlich Abkopplung allerdings schwierig: Nach wie vor ist das Land in hohem Maß auf seltene Erden aus China angewiesen. Nur bei wenigen Rohstoffen konnten alternative Bezugsquellen erschlossen werden. Der Aufbau einer einheimischen Förderung kommt nur langsam voran.

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