Special | Mexiko | Seidenstraße
Chinesische Firmen investieren verstärkt in Mexiko
China ist als zweitwichtigster Handelspartner eng verbunden mit Mexiko. Neben der Rolle als Lieferant tritt China inzwischen auch stärker als Investor auf. (Stand: 03.01.2023)
03.01.2023
Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt
Das Engagement der chinesischen Regierung in Mexiko ist geringer als in anderen Ländern Lateinamerikas und Mexiko ist nicht offiziell per Absichtserklärung Teil der neuen Seidenstraßeninitiative (Belt and Road Initiative, BRI). Das Land hat aufgrund der geografischen Nähe und dem 1994 in Kraft getretenen Handelsabkommen mit den USA und Kanada (USMCA, vormals NAFTA) traditionell eine enge wirtschaftliche und politische Verflechtung zum nördlichen Nachbarn.
Dennoch spielen chinesische Unternehmen in Mexiko eine immer wichtigere Rolle. China ist nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner Mexikos. Der Anteil Chinas an den mexikanischen Importen stieg von 1,7 Prozent im Jahr 2000 auf 19,9 Prozent im Jahr 2021. Nur die USA hatten in dem Jahr einen noch höheren Anteil (43,7 Prozent).
Chinesische Staatsfirmen erhalten Großaufträge in Mexiko
Zudem haben chinesische Firmen zuletzt immer häufiger Ausschreibungen mexikanischer Regierungsstellen und Staatsunternehmen gewonnen. Zum Beispiel der Schienenfahrzeughersteller China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC), der im Herbst 2022 damit beauftragt wurde, Züge für die neuen Metrolinien 4, 5 und 6 in Monterrey sowie die Bahnlinie 4 in Guadalajara zu liefern. CRRC trat beide Male im Konsortium mit dem portugiesischen Baukonzern Mota-Engil auf. Bereits 2020 hatte CRRC den Auftrag zur Modernisierung der Metrolinie 1 in Mexiko erhalten. Für die Montage der dafür bestellten Züge baut CRRC ein Werk im Bundesstaat Querétaro. Die neuen Züge sollen dadurch zu 35 Prozent in Mexiko gefertigt werden, so Claudia Sheinbaum, Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt.
Auch bei dem Milliardenprojekt Tren Maya, einer Zugstrecke auf der Halbinsel Yucatán, wurde mit China Communications Construction Company (CCCC) ein chinesischer Staatskonzern für den Bau eines Teilabschnitts beauftragt. Das chinesische Erdgas- und Mineralölunternehmen Sinopec ist ein enger Geschäftspartner des mexikanischen Ölkonzerns Pemex.
Unternehmen aus China verlagern Produktion nach Mexiko
Wegen der Zunahme der Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China nutzen chinesische Unternehmen verstärkt Mexiko als Produktionsstandort für den US-Markt. Der chinesische Elektronikkonzern Hisense errichtet aktuell für 250 Millionen US-Dollar (US$) seine zweite Fabrik in Mexiko, im an Texas angrenzenden Bundesstaat Nuevo León. Das Unternehmen will dort zukünftig Kühlschränke, Waschmaschinen, Backöfen und Klimaanlagen produzieren. Das erste Werk befindet sich in der Stadt Tijuana, nur wenige Minuten von der US-Grenze nach Kalifornien entfernt. Weitere Beispiele für die Produktionsverlagerung liefern die chinesischen Unternehmen Sunon Furniture (Möbel), Lizhong, Citic Dicastal, Hangzhou XZB (alle Autoteile) und Skyish (Gartengeräte). Besonders beliebt ist die nördliche Industriemetropole Monterrey.
Neben den Zollvorteilen des USMCA-Abkommens und geringerer Transportkosten spielt bei den chinesischen Investoren das Lohnniveau eine Rolle: Mit einem Stundenlohn von umgerechnet 2,27 US$ (2021) im verarbeitenden Gewerbe sind die Lohnkosten in Mexiko inzwischen deutlich geringer als in China, so eine Studie der OECD. Dort lag das Gehalt 2021 der Studie zufolge bei 6,32 US$.
Die wachsende Investitionstätigkeit chinesischer Firmen spiegelt sich auch in der Statistik wider: Im Jahr 2016 lagen die Direktinvestitionen Chinas in Mexiko bei nur 70,3 Millionen US$, so das mexikanische Wirtschaftsministerium. Im Jahr 2017 - dem Beginn der Präsidentschaft Trumps - schnellten die Investitionen auf 202,4 Millionen US$ hoch und erreichten 2021 mit 385,8 Millionen US$ einen neuen Rekord. Im Jahr 2021 investierten chinesische Unternehmen zum ersten Mal mehr in Mexiko als in Brasilien, belegen die Zahlen des chinesischen Handelsministeriums. In Argentinien und Peru war der Zufluss der Direktinvestitionen in dem Jahr jedoch noch höher als in Mexiko.
Deutsche Exporteure leiden unter Konkurrenz aus China
Aus chinesischer Sicht ist Mexiko nach Brasilien der zweitwichtigste Handelspartner in Lateinamerika. Der Handelsaustausch belief sich 2021 auf 86,6 Milliarden US$, so die Zahlen des chinesischen Statistikamtes. Dabei exportierten chinesische Firmen Waren im Wert von 67,4 Milliarden US$ nach Mexiko, während das lateinamerikanische Land umgekehrt Produkte für 19,2 Milliarden US$ nach China lieferte. Dieses Verhältnis zeigt, dass Mexiko für China vor allem als Absatzmarkt bedeutend ist und weniger als Lieferant von Rohstoffen - wie es etwa bei Brasilien, Chile oder Peru der Fall ist.
Für deutsche Exporteure hat Chinas wachsende Marktdominanz gravierende Auswirkungen. Besonders sichtbar ist das im Maschinenbau und der chemischen Industrie. In beiden Branchen ist China in den vergangenen Jahren zum zweitwichtigsten Lieferanten Mexikos aufgestiegen. Parallel dazu haben deutsche Unternehmen Marktanteile verloren. Nähere Informationen bietet der GTAI-Bericht zur deutschen Wettbewerbsposition in Mexiko.
Auch im Automobilsektor müssen sich deutsche Unternehmen auf eine wachsende Konkurrenz aus China einstellen. Während Volkswagen in den ersten zehn Monaten des Jahres 2022 sinkende Absatzzahlen gegenüber dem Vorjahreszeitraum verzeichnete, verdoppelten oder verdreifachten die chinesischen Autobauer MG Motor, JAC und Motornation (BAIC, JMC, Changan) ihre Verkäufe auf dem mexikanischen Markt. Insgesamt setzten sie zwischen Januar und Oktober 2022 rund 55.661 Fahrzeuge in Mexiko ab; Volkswagen kam auf 73.291 verkaufte Modelle. Nach anfänglichen Anlaufschwierigkeiten und Qualitätsproblemen sind chinesische Marken in Mexiko angekommen.