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Wirtschaftsausblick | Mexiko

Politische Unsicherheit dämpft die mexikanische Wirtschaft

Mexikos Wirtschaft entwickelt sich 2024 schwächer als erwartet. Umstrittene politische Reformen und die US-Wahl lassen Investoren zögern.

Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

Top-Thema: Regierung Sheinbaum startet in schwierigem Fahrwasser

Kurz vor dem Amtsantritt von Mexikos neuer Präsidentin Claudia Sheinbaum hat der Kongress im September 2024 eine heftig kritisierte Justizreform verabschiedet. Sie war noch von Amtsvorgänger López Obrador eingebracht worden und sieht vor, dass ab 2025 die rund 7.000 Richterposten des Landes nicht mehr auf Grundlage der Qualifikation vergeben werden, sondern in öffentlichen Wahlen. Die bisherigen Richter werden entlassen, womit viel Kompetenz verloren geht.

Diese Reform schlug nicht nur in Mexiko hohe Wellen, sondern auch international. Verschiedenste Gremien und Organisationen befürchten einen Verlust der Unabhängigkeit der Justiz, da Richter künftig von einer Wiederwahl durch das Volk und Vorgaben der regierenden Partei beeinflusst werden könnten. Kritiker der Reform reichen von der US-Botschaft in Mexiko über das wichtige Unternehmergremium CCE bis hin zur katholischen Kirche und Amnesty International. Sie sehen eine Schwächung der Gewaltenteilung, da die regierende Morena-Partei ihren Einfluss auf die Judikative ausweitet, die bislang ein Gegengewicht darstellte.

Unternehmen könnten ihre Investitionen in Mexiko in den kommenden Monaten aufgrund der höheren Rechtsunsicherheit bremsen, warnt auch die Bank BBVA in ihrem aktuellen Wirtschaftsreport. Eigentlich gilt Claudia Sheinbaum als offener gegenüber der Privatwirtschaft als ihr Vorgänger. So garantierte sie kurz nach ihrem Amtsantritt bei einem Treffen mit wichtigen US-Unternehmern die Sicherheit der Investitionen im Land. Dennoch warten einige Firmen die weitere Entwicklung ab, bevor sie neue Investitionsentscheidungen treffen.

Wirtschaftsentwicklung: Wachstum verlangsamt sich

Mexikos Wirtschaft hat sich deutlich abgekühlt. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 noch um 3,2 Prozent expandierte, erwarten Analysten für 2024 nur ein halb so starkes Wachstum. Für den Zeitraum 2025 bis 2028 prognostiziert Economist Intelligence Unit (EIU) durchschnittliche BIP-Zuwächse von unter 2 Prozent in Mexiko deutlich weniger als der weltweite und auch der regionale Durchschnitt.

Die politische Lage wirkt sich zunehmend negativ auf die Stimmung in der Privatwirtschaft aus. Unternehmen zeigen sich besorgt über die große Machtfülle der Morena-Partei und zögern mit neuen Investitionen. Die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) sanken im 1. Halbjahr 2024 sogar um 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Ursprünglich war aufgrund des Nearshoring-Trends ein deutlicher Anstieg erwartet worden.

Rund die Hälfte der FDI stammt aus den angrenzenden USA, so das Wirtschaftsministerium (Secretaría de Economía). An zweiter Stelle stand im 1. Halbjahr 2024 Deutschland, auf das 13,4 Prozent entfielen (4,2 Milliarden US$), dank größerer Investitionen unter anderem von Volkswagen, BMW, Bosch und Continental. Allerdings wird China in der Statistik nicht aufgelistet, das inoffiziellen Zahlen zufolge auf Platz 2 im Investitionsranking steht.

Unter den Wirtschaftssektoren beunruhigt vor allem der Rückgang der Bruttowertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes im 1. Halbjahr 2024 um 0,9 Prozent. Die Industrie bildet das Rückgrat der mexikanischen Wirtschaft und sorgt für rund ein Fünftel des BIP sowie den Großteil der formellen Arbeitsplätze.

Mexiko ist der wichtigste Handelspartner der USA

Allgemein gilt Mexiko als Gewinner des Nearshoring. Der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie anfällige Lieferketten machen eine Produktionsverlagerung in das Land attraktiv. Mexiko stieg in den vergangenen Jahren zum wichtigsten Handelspartner der USA auf, vor Kanada und China. Der bilaterale Handelsaustausch in Höhe von 803,2 Milliarden US$ im Jahr 2023 ist weltweiter Spitzenwert.

Auch 2024 expandiert der Außenhandel Mexikos: Die Ausfuhren legten zwischen Januar und August um 3,6 Prozent zu und erreichten 406,1 Milliarden US$, die Importe stiegen um 4 Prozent auf 416,5 Milliarden US$. Deutschland ist nach den USA, China und Kanada der viertwichtigste Handelspartner. Zwischen Januar und August 2024 importierte Mexiko Waren im Wert von 14,8 Milliarden US$ aus Deutschland, ein Plus von 4,4 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode.

Der Privatkonsum legte im 1. Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum real um 3,6 Prozent zu. Damit verlangsamt sich auch hier das Wachstum, insbesondere aufgrund höherer Zinsen. Die Bruttoanlageinvestitionen sprangen im genannten Zeitraum um 8,5 Prozent an, angetrieben von großen Infrastrukturprojekten, die die Regierung vor der Wahl Mitte 2024 möglichst weit voranbringen wollte. Die Investitionen in Maschinen und Anlagen stiegen in der ersten Jahreshälfte um 5,8 Prozent.

Deutsche Perspektive: Luftfahrtindustrie bietet Potenzial für deutsche Firmen

Der Kfz-Sektor hat weiterhin Priorität für die deutsche Wirtschaft in Mexiko, aber die Unternehmen sind auch in anderen Sektoren aktiv. Der Luftfahrtausrüster Diehl Aviation aus Nürnberg legte im August 2024 den Grundstein für ein neues Werk im zentralmexikanischen Querétaro. Ab 2025 will das Unternehmen dort Gepäckfächer für den Airbus A220 herstellen, der in Québec (Kanada) und Alabama (USA) gefertigt wird. Mittelfristig will Diehl Aviation in Querétaro 500 Personen beschäftigen. Auch die Nähe zu weiteren Kunden wie Boeing, Bombardier und Embraer spielte bei der Standortentscheidung eine Rolle. 

"Die Grundsteinlegung unseres neuen Standortes in Querétaro ist ein wegweisender, strategischer Schritt für Diehl Aviation. Damit unterstreichen wir unser Engagement, näher an unseren wichtigen Kunden in Nord- und Lateinamerika zu sein und unsere Marktposition in der Region weiter zu stärken."

Jörg Schuler Geschäftsführer Diehl Aviation

"Wir schätzen, dass Mexiko der zehntgrößte Produzent weltweit in der Luftfahrtindustrie ist", sagt Luis Lizcano, Geschäftsführer des Branchenverbandes Femia (Federación Mexicana de la Industria Aeroespacial). Insgesamt seien rund 370 Firmen im Land tätig, darunter Branchengrößen wie Honeywell, GE Aerospace, Bombardier und Safran Aerosystems. Von deutscher Seite her beliefern unter anderem Henkel, Siemens und Zwick Roell den Luftfahrtsektor. Neben Querétaro sind die nordwestlichen Bundesstaaten Baja California, Sonora und Chihuahua wichtige Produktionshubs.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Länderseite Mexiko.

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