Wirtschaftsumfeld | Moldau | Wirtschaftsstruktur
Dienstleistungssektor wächst in Moldaus Wirtschaftsstruktur
KMU bilden in der Republik Moldau das Rückgrat der Wirtschaft. Die Zukunft liegt dabei in der Entwicklung der digitalen Wirtschaft.
07.03.2024
Von Dominik Vorhölter | Chisinau
Die Wirtschaftsleistung verlagert sich langfristig von der Landwirtschaft und vom verarbeitenden Gewerbe auf den Dienstleistungssektor. Rund 95 Prozent der in Moldau tätigen Firmen sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Sie bilden damit das Rückgrat der moldawischen Wirtschaft.
Ihnen fehlt aber oftmals das Geld für neue Maschinen und Ausrüstungen. Hier versucht die moldawische Regierung mit Förderprogrammen gegenzusteuern. Aber auch ausländische Investoren halten sich mit Investitionen zurück, denn der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland Ukraine hat die Risiken dafür massiv verschärft.
Besonders stark wächst dagegen das Angebot der IT-, Versicherungs-, Rechtsberatungs- und Logistikdienstleistungen. Im IT-Bereich versucht die Regierung kurzfristig neue Investoren anzulocken. Denn dies ist die einzige Branche, die für ausländische Unternehmen angesichts des hohen Sicherheitsrisikos im Land attraktiv ist, weil IT-Unternehmer sich nicht im Land aufhalten müssen.
Einen nicht unerheblichen Beitrag zum Wirtschaftswachstum leistet außerdem der informelle Sektor. In der Landwirtschaft, im Bausektor und im Handel liegt der Anteil der illegal Beschäftigen insgesamt bei 22 Prozent, berichtet die EU-Kommission im Country Report vom Dezember 2023.
Ausführliche Informationen zur Wirtschaft finden Sie in den Wirtschaftsdaten kompakt.
Moldau bietet sich als alternativer Beschaffungsmarkt an
Die Republik Moldau bietet sich als alternativer Beschaffungsmarkt für deutsche Unternehmen an, insbesondere für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Produkte der Elektronindustrie. Dies ist besonders interessant für Unternehmen, die bereits in der Region Südosteuropa aktiv sind und ihre Versorgung mit einzelnen Komponenten diversifizieren möchten. So bieten moldawische Hersteller von Komponenten für die Automobilindustrie etwa an, einzelne Produktionsschritte für Unternehmen aus Rumänien zu übernehmen. Deutsche Unternehmen halten sich aktuell mit Investitionen in Moldau zurück. Eine Möglichkeit für Sie sich gegen politische Risiken wie Kriegshandlungen abzusichern, bietet jedoch eine Investitionsgarantie des Bundes.
Krieg bleibt größtes Geschäftsrisiko
Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland Ukraine gefährdet die Sicherheit in Moldau. Der Krieg ist neben der Korruption das größte Geschäftsrisiko. Am meisten verwundbar ist Moldau durch Russland auf dem Landstrich Transnistrien, der östlich des Flusses Nistru/Dnjestr liegt.
Über Transnistrien hat die Zentralregierung in Chisinau seit 1990 de facto keine Kontrolle mehr. Dort sind etwa 1.500 russische Soldaten stationiert und etwa ein Viertel der dort lebenden Bevölkerung sind ethnische Russen. Politische Beobachter befürchten, dass Russland Moldau von Transnistrien aus angreifen könnte. Es besteht außerdem das Risiko, dass dort die Versorgung mit Erdgas stoppen könnte. Denn der Landstrich wird noch mit russischem Gas über Pipelines, die durch ukrainisches Kriegsgebiet verlaufen, versorgt.
IT-Branche zieht aktuell Investitionen an
Das Dienstleistungsgewerbe wächst seit den vergangenen fünf Jahren stetig, besonders im Bereich IT, Telekommunikation, Software und Logistik. Dabei wachsen die ausländischen Investitionen im Bereich Versicherungen sowie im IT-Sektor. Dies gelingt, weil Unternehmer der Branche sich nicht dauerhaft im Land aufhalten müssen. Der Gesetzgeber erlaubt es, ein IT-Unternehmen mit steuerlicher Ansässigkeit in der Republik Moldau über die Botschaften im EU-Ausland zu gründen.
Unternehmen fehlt Geld für neue Maschinen
Obwohl der Dienstleistungssektor wächst, behält die Landwirtschaft ihre zentrale wirtschaftliche Bedeutung. Denn sie beschäftigt rund 21 Prozent aller Erwerbstägigen im Land. Dies könnte sich langfristig ändern, wenn die landwirtschaftlichen Betriebe mehr Geld in Agrartechnik investieren, um ihre Produktion zu steigern. Dazu treibt sie langfristig der Klimawandel, denn es häufen sich die Dürreperioden. Mit moderner Agrartechnik lassen sich Ernteausfälle zum Teil abmildern und auch Personalkosten reduzieren.
Unternehmen suchen neue Partner in der EU
Der Beitrag des verarbeitenden Gewerbes zum BIP wird kurzfristig rückläufig bleiben. Einige Unternehmen müssen durch den Krieg auf neue Beschaffungs- und Absatzmärkte ausweichen. Viele haben aber bereits weniger Aufträge und somit knappe Kassen. Trotzdem müssen sie neue Geschäftspartner in der EU finden und dafür gegebenenfalls ihre Produktionsstandards an die Regelungen der EU anpassen.
Dies ist zum Teil mit zusätzlichen Kosten verbunden. Das verarbeitende Gewerbe produziert hauptsächlich Lebensmittel und Vorprodukte für die Automobilindustrie, die Textilbranche sowie für die Kosmetik- und Pharmaindustrie. Zu den größten deutschen Investoren gehören Kaufland, Südzucker, Dräxlmaier und Steinel Electronic.
Sektoren | Anteil am Bruttoinlandsprodukt | Anteil an den Beschäftigten *) |
---|---|---|
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 10,1 | 20,8 |
Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung) | 0,3 | 0,1 |
Verarbeitendes Gewerbe | 17,8 | 12,4 |
Energieversorgung (inklusive Wasserversorgung, falls dies in der Statistik zusammen mit Energie aufgeführt ist) | 3,3 | 1,4 |
Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen (falls nicht mit Energieversorgung aufgeführt) | 0,6 | 1 |
Baugewerbe | 11,5 | 7,7 |
Dienstleistungen | 56,4 | 56,3 |
Chisinau entwickelt sich zum Zentrum der digitalen Wirtschaft
Wichtige Wirtschaftszentren sind neben der Hauptstadt Chisinau die Städte Balti im Norden und Ungheni im Zentrum, Calhul im Süden sowie die Sondergebiete Gagausien und Transnistrien. Letztere beiden haben jeweils einen autonomen Status, das heißt sie verfügen über eine eigene Regierung und Verwaltung. In Transnistrien befindet sich das Stahlwerk Moldova Steel Works sowie das Kraftwerk Cuicurgan. Chisinau entwickelt sich zunehmend zu einem Dienstleistungszentrum der digitalen Wirtschaft. In den übrigen Landesteilen sind die Landwirtschaft und die Industrieunternehmen die größten Arbeitgeber.
Gebiet | Anteil am BIP (in %) | BIP pro Kopf (in Euro) *) | Bevölkerung (in Mio.) |
---|---|---|---|
Chisinau | 60,4 | 10.417 | 0,6 |
Nord | 15,3 | 2.472 | 0,7 |
Zentrum | 15 | 2.371 | 0,7 |
Süd | 7 | 2.242 | 0,4 |
Gagausien | 2,3 | 2.198 | 0,1 |