Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsausblick | Niederlande

Konjunktur soll 2025 wieder anziehen

Die neue Regierung in den Niederlanden will unter anderem das Geschäftsklima verbessern und den privaten Konsum steigern. Inhaltlich bleiben Unklarheiten.

Von Michael Sauermost | Bonn

Top-Thema: Neue Regierung setzt auf Stärkung der inländischen Wirtschaft

Eine neue Ära beginnt: Die niederländische Regierung hat sich nach monatelangen Verhandlungen um Wahlsieger Geert Wilders und seine radikal-rechte Partei für die Freiheit (PVV) gebildet. Neben der PVV besteht die Koalition aus drei weiteren Parteien des rechten Spektrums, darunter auch die Partei des früheren Ministerpräsidenten Mark Rutte, die Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD). 

Mitte Mai 2024 wurde ein gemeinsames Programm ("Hoofdlijnenakkoord") verkündet. Politisch stehen restriktive Maßnahmen in der Migrationspolitik sowie nationale Sicherheitsaspekte im Vordergrund. Auf wirtschaftlicher Ebene setzt die Regierung unter anderem auf die Steigerung der Kaufkraft, den Häuserbau sowie eine größere Flexibilität für Landwirte. Einer Analyse des niederländischen Büros für wirtschaftspolitische Analysen CPB zufolge könnte das Paket der neuen Koalition von 2025 bis 2028 zu einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum von jährlich 0,1 Prozentpunkten führen.

Verschiedene Maßnahmen zielen auf die Erhöhung der Kaufkraft ab: Die Einkommensteuer soll gesenkt und das Wohn- und Kindergeld erhöht werden. Zusätzlich soll sich die Selbstbeteiligung bei der Krankenversicherung halbieren. Die Sozialleistungen erhöhen sich leicht. Zur Verbesserung des Geschäftsklimas verspricht die Koalition verschiedene Steuererleichterungen für Unternehmen. 

Umsetzung der Klimapolitik noch mit Fragezeichen

Der Preis für die angekündigten Maßnahmen ist hoch. Er besteht in der Reduzierung des vom Vorgängerkabinett eingeführten Nationalen Wachstumsfonds (NGF). Der NGF ist ein Programm zur Förderung von Innovationen. Bei der Klimapolitik und Energiewende ändert die neue Koalition nichts an den bestehenden Zielen. Allerdings könnte es zu Streichungen von Subventionen für nachhaltige Energien kommen. Mehr Strom soll aus Atomkraftwerken kommen und die Offshore-Erdgasförderung ausgebaut werden.

Wirtschaftsentwicklung: Wachstum setzt zum Sprung über die 1-Prozent-Marke an

Laut der Frühjahrsprognose der EU-Kommission soll 2025 das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Niederlanden auf 1,5 Prozent anziehen. Lohnsteigerungen und eine sinkende Inflation dürften wie bereits im Vorjahr das real verfügbare Einkommen der Haushalte stützen. Darüber hinaus dürften die Lockerung der finanziellen Bedingungen und ein stärkeres externes Umfeld die Aussichten für Privatinvestitionen sowie den Handel verbessern.

Das Jahr 2024 dürfte mit einem realen Wachstum von 0,8 Prozent ein wenig hinter den Erwartungen zurückbleiben. Zwar nehmen privater Konsum und öffentliche Ausgaben verhalten zu, jedoch bleiben die Investitionen von Unternehmen wegen des anhaltenden Arbeitskräftemangels und der angespannten Finanzlage weiter auf Sparflamme. 

Die niederländische Rabobank hat dabei pessimistischere Erwartungen als die Europäischen Kommission: Für 2024 liegt die Wachstumsprognose bei 0,4 Prozent. Im Jahr 2025 soll der reale BIP-Zuwachs 1,3 Prozent erreichen. 

Das Investitionsklima hellt sich ein wenig auf

Laut CBS Investment Radar vom Juni 2024 hat sich das Investitionsklima in den Niederlanden im Vergleich zu den Vormonaten verbessert. Dennoch rechnet die EU-Kommission für 2024 insgesamt mit einem leichten Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Positiv bewertet werden insbesondere die bessere Situation auf den Absatzmärkten und die verbesserte Verfügbarkeit finanzieller Mittel. Außerdem sind die Exporte im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Die Hersteller beurteilen ihre Auftragslage zudem weniger negativ. Auch die Aktienkurse sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Der Interbankenzinssatz blieb gleich. Ab Mitte 2025 könnte vor allem der Wohnungsbau wieder deutliche Impulse geben. Es wird erwartet, dass das Haushaltsdefizit im Vorjahresvergleich steigt und im Jahr 2025 rund 2,1 Prozent des BIP erreichen wird. Die Staatsverschuldung dürfte voraussichtlich stabil bleiben und 2025 bei etwa 46,8 Prozent des BIP liegen.

Die Auslastung der Industriekapazitäten zeigte im Frühjahr 2024 keine Veränderungen. Allerdings berichtete das Statistikamt CBS von einem leichten Aufschwung bei der industriellen Fertigung. Die Hersteller äußerten sich demnach überwiegend positiv zu den erwarteten Aktivitäten und schätzten ihren Auftragsbestand weniger negativ ein als zuvor. Diese Beurteilung teilt auch der niederländische Verband für Einkaufsmanagement (Nevi). Hinzu kommt, dass sich der niederländische Industriesektor offenbar schneller erholt als in anderen Eurozonen-Ländern wie Deutschland.

Deutsche Perspektive: Neutrale Aussichten

Deutschland und die Niederlande weiten ihre wirtschaftlichen Kooperationen weiter aus. Derzeit werden keine Änderungen aufgrund der Regierungsumbildung erwartet, jedoch müssen Entwicklungen im Energiesektor abgewartet werden.

Im aktuellen AHK World Business Outlook beurteilten die befragten deutschen Unternehmen ihre Geschäftsaussichten in den Niederlanden als neutral. Die Einschätzungen zeigten im Durchschnitt wenig Veränderung in Bezug auf die allgemeine Geschäftslage, Geschäftserwartungen und Investitionsabsichten. Kritisch gesehen wurden jedoch die hohen Arbeitskosten, Handelsbarrieren und Lieferkettenstörungen. Daher planen die Firmen den Ausbau ihres Lieferantennetzwerks und der Lagerhaltung.

Deutschland ist traditionell der größte Handelspartner der Niederlande. Der von Destatis ermittelte deutsch-niederländische Außenhandel zeigt allerdings leichte Spuren der konjunkturellen Gesamtlage: Im Jahr 2023 passierten Waren im Wert von 105,1 Milliarden Euro die Grenze von den Niederlanden nach Deutschland. Das entsprach im Vergleich zu 2022 einem Minus von 8,6 Prozent. Umgekehrt stiegen die deutschen Exporte in das Nachbarland um 2,7 Prozent auf 115,3 Milliarden Euro.

Weitere Informationen zu den Niederlanden erhalten Sie auf der GTAI-Länderseite.

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.