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Branchen | Nordafrika | Nahrungsmittel- , Verpackungsmaschinen

Die Lebensmittelindustrie Nordafrikas expandiert

Von Milchprodukten über Fisch bis hin zu Süßwaren: Lokale und internationale Unternehmen kündigen diverse Projekte in den Ländern Nordafrikas an.

Von Ullrich Umann, Verena Matschoß, Friedrich Henle | Casablanca, Tunis, Berlin

Die Zeichen in der Lebensmittelindustrie Marokkos, Algeriens, Tunesiens und Ägyptens stehen auf Expansion. Treiber sind der Anstieg der Bevölkerungszahlen sowie die Nachfrage auf Auslandsmärkten. Deutschen Maschinen- und Anlagenbauern bieten sich Chancen bei den geplanten Vorhaben. 

Lebensmittelprojekte in Ägypten zielen auch auf den Export

Der US-amerikanische Nahrungsmittelriese Mars kündigte im Mai 2024 an, seine Fabrik in 6th of October City erweitern zu wollen. Mit Investitionen in Höhe von 250 Millionen US-Dollar (US$) soll die Jahresproduktion an Süßwaren von aktuell 25.000 Tonnen auf 65.000 Tonnen erhöht werden. Mars möchte damit seinen ägyptischen Standort auch in ein Regionalzentrum ausbauen, das Afrika und den Nahen Osten abdeckt. Bereits jetzt gehen nach Unternehmensangaben zwischen 65 Prozent und 70 Prozent der Jahresproduktion in den Export. Der Hersteller von bekannten Produkten wie Twix, Bounty oder M&M´s startete seine Produktion in Ägypten bereits im Jahr 2005.

Auch das ägyptische Unternehmen Obour Land for Food Industries ist auf Expansionskurs. Auf der Agenda steht der Ausbau bestehender Produktionskapazitäten für Milchprodukte im Land sowie eine neue Fabrik für Schmelzkäse. Dafür sollen umgerechnet rund 7 Millionen Euro investiert werden. Darüber hinaus ist für etwa 15 Millionen Euro der Aufbau eines Viehzuchtbetriebs mit 2.000 Kühen geplant. Das börsennotierte Unternehmen will mit den Investitionen die jährlichen Exporterlöse auf 40 Millionen US$ verdoppeln. Obour verkündete seine Pläne im Juni 2024 in einer Börsenerklärung.

Der ägyptische Nahrungsmittelkonzern Juhayna will noch 2024 umgerechnet 6 Millionen Euro in zwei neue Produktionslinien investieren: eine für Milchkartons und eine andere für Säfte. Das berichtet die Zeitung Al Borsa unter Berufung auf den Kommunikationsdirektor von Juhayna, Passant Fouad. Juhayna reagiert mit den Investitionen auf die steigende Nachfrage, insbesondere aus dem Ausland.

Eine neue Fabrik zum Einfrieren und Verpacken von Erdbeeren - das plant die Korra Group für umgerechnet etwa 15 Millionen Euro in Sadat City. Auch bei diesem Vorhaben stehen Exportmärkte im Fokus, schreibt die Zeitung Al Mal unter Berufung auf die stellvertretende Vorsitzende und Geschäftsführerin Heba Korra.

In Algerien stehen Speiseöl, Getreide und Garnelen auf dem Produktionsplan

In Algerien werden mehrere Großprojekte in der Ernährungsindustrie vorangebracht. Die algerische Gruppe Cevital hat auf der Internationalen Messe in Algier (FIA) ihre erste Flasche Speiseöl mit dem Namen Djawhara präsentiert, die zu 100 Prozent aus algerischem Öl besteht. Cevital bereitet sich Pressemeldungen zufolge nun auf die zweite Projektphase vor und möchte dafür auch die Anbauflächen für Ölsaaten erweitern. Das Projekt ist ein Teil der Anstrengungen Algeriens, unabhängiger von Lebensmittelimporten zu werden. Cevital möchte in Zukunft auch vermehrt Zucker lokal produzieren und hält dafür die Provinzen El Menia und Ouargla als gut geeignet. 

Am Rande des G7-Gipfels im italienischen Bari hat Algerien mit Italien Mitte Juni 2024 ein Partnerschaftsabkommen zur Umsetzung eines Großprojekts für die Produktion von Getreide, Hülsenfrüchten und Teigwaren unterzeichnet. Auf italienischer Seite ist das Agrarunternehmen Bonifiche Ferraresi beteiligt. Bonifiche Ferraresi hat am 6. Juli 2024 dafür den Rahmenvertrag mit dem algerischen Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung unterzeichnet. Das Projekt soll 36.000 Hektar umfassen und im Regierungsbezirk Timimoun angesiedelt sein. Die Projektkosten liegen bei schätzungsweise 420 Millionen US$. 

Ende Mai 2024 unterschrieben das US-amerikanische Unternehmen E.S.E & Intec und das algerische Unternehmen AquaContinentale ein Abkommen für ein Aquakulturprojekt. Die Kosten belaufen sich auf 8 Millionen US$. Das Projekt wird in Oued R'hiou in der Wilaya Rélizane durchgeführt und soll in vier Produktionseinheiten unterteilt sein, von denen die wichtigste die Garnelenzucht ist. AquaContinentale plant, Garnelen sowohl für den lokalen Markt als auch für den Export zu produzieren. 

Fischereiabkommen EU-Marokko beeinflusst Nahrungsmittelindustrie

Das Fischereiabkommen zwischen Marokko und der EU ist wichtig für die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen, das zuweilen aber auch zu Spannungen führt. In diesem Zusammenhang erklärte der marokkanische Minister für Landwirtschaft, Seefischerei, ländliche Entwicklung, Gewässer und Forsten, Mohamed Sadiki, dass das letzte Protokoll aus dem Jahr 2019 im Juli 2023 ausgelaufen sei und seine nachträgliche Verlängerung „in erster Linie von einer Position der EU abhinge“.

Das Fischereiabkommen wirkt sich auch auf die Nahrungsmittelindustrie in Frankreich und Spanien aus. So kündigte die französische Konservenfabrik für Makrelen und Sardinen - Saupiquet de Quimper - an, die Produktion bis Ende 2024 vollständig aus Frankreich nach Marokko und Spanien zu verlagern. „Die Auswahl der beiden neuen Standorte erfolgte allerdings aus rein wirtschaftlichen Gründen“, erklärte die Geschäftsführung von Bolton Food, Eigentümer der Fabrik, gegenüber der Zeitung Sud Ouest.

Die marokkanische Regierung hat im Fall des EU-Fischereiabkommens die Interessen der heimischen Fangflotte und Nahrungsmittelindustrie im Auge. So errichtet zum Beispiel das marokkanische Unternehmen Quality Sea Product eine Verarbeitungsfabrik für Meeresfrüchte im Investitionswert von 4 Millionen Euro im Industriepark Haliopolis im Raum Agadir. Nach Fertigstellung werden dort Tiefkühlprodukte nach international anerkannten Standards hergestellt, wie einer Unternehmensveröffentlichung zu entnehmen war.

Ehemaliger Hersteller von Erfrischungsgetränken kehrt auf den Markt zurück

Änderungen kündigen sich auf dem marokkanischen Markt für Erfrischungsgetränke an. So kehrt der marokkanische Getränkehersteller, Société des Boissons du Maroc (SBM), nach 21 Jahren Abwesenheit und einem Rechtsstreit mit Coca-Cola auf den Markt für kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke zurück. Dort wird SBM in den unmittelbaren Wettbewerb mit Coca-Cola (kontrolliert mehr als 50 Prozent vom Markt), Varun Beverages Morocco (Abfüller für PepsiCo) und dem Agro-Lebensmittelkonzern Unimer treten. Das gesamte Marktvolumen für kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke wird mit 550 Millionen Euro pro Jahr beziffert.

Fleischindustrie muss grundlegend saniert werden

Der marokkanische Rechnungshof hat eine grundlegende Untersuchung der Fleischindustrie durchgeführt und in diesem Zusammenhang alle 492 Schlachthöfe inspiziert. Im Ergebnis erhielten nur 17 Schlachthöfe eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis. Alle anderen Schlachthöfe wurden mit Auflagen belegt. Der Rechnungshof hatte vor allem den Zustand der Infrastruktur und die Nichteinhaltung von Hygienestandards beanstandet.

Landwirtschaftsminister Mohamed Sadiki kündigte inzwischen finanzielle Anreize an, um private Investitionen in Schlachthöfe zu fördern. Dafür übernehme das Ministerium bis zu 30 Prozent der Investitionskosten, allerdings nur bis zu einer Obergrenze von 1,8 Millionen Euro pro Schlachthof. Bis 2030 sollen auf diese Weise 120 Schlachthöfe gebaut beziehungsweise vollständig saniert werden. Bereits im laufenden Jahr 2024 werden 16 kommunale Schlachthöfe umgerüstet, an 12 weiteren werde geplant.

Deutsches Unternehmen eröffnet neue Eisfabrik in Südtunesien

Das deutsche Unternehmen KTI-Plersch Kältetechnik hat in Zarzis im Süden von Tunesien eine neue Eisanlage eröffnet. Die Eröffnungszeremonie fand am 4. Juli 2024 statt. Die Anlage wird mit Solarenergie betrieben und hat eine Tageskapazität von 10 Tonnen Scherbeneis. Das Eis dient der Kühlung von Fischereiprodukten. 

Einige tunesische Medien melden, dass der mexikanische Bäckereikonzern BIMBO die tunesische Gruppe Moulin D'Or übernommen habe. Offizielle Pressemitteilungen gibt es derzeit allerdings noch nicht. Moulin D'Or ist in Tunesien Marktführer für Konditorei- und Feinbackwaren. BIMBO würde damit seine globale Präsenz auf 35 Länder erweitern.

Saudi-Arabien finanziert ein Projekt für die Pflanzung mehrerer Olivenhaine in der Region Tataouine mit rund 50 Millionen Euro. Das Projekt soll sich über eine Fläche von 1.000 Hektar an drei Standorten erstrecken. Es ist geplant, im Rahmen des Projekts 17 Brunnen zu bohren. Tunesien will damit die wirtschaftliche Entwicklung in der Wüste stärken und diversifizieren.

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