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Branchen | Nordafrika | Nahrungsmittel-, Verpackungsmaschinen

Zucker, Teigwaren und Fleisch im Fokus der Lebensmittelbranche

Unternehmen im Nahrungsmittelsektor Nordafrikas haben in den letzten Monaten verschiedene neue Vorhaben angekündigt. Germany Trade & Invest gibt einen Überblick.

Von Sherif Rohayem, Ullrich Umann, Verena Matschoß, Friedrich Henle | Kairo, Casablanca, Tunis, Berlin

In Ägypten, Algerien, Marokko, Mauretanien und Tunesien planen lokale und internationale Unternehmen diverse Projekte im Lebensmittelsektor. Im Lebensmitteleinzelhandel und in der Gastronomie geraten westliche Unternehmen durch den Konflikt im Nahen Osten bisweilen unter Druck.

Ägyptens Einzelhandel von Boykottlisten betroffen 

Seit in Gaza Krieg herrscht, kursieren in der arabischen Welt, unter anderem auch in Ägypten, zahlreiche Boykottlisten. Diese Listen führen westliche Unternehmen, die in der öffentlichen Wahrnehmung als israelfreundlich gelten. Sie haben starken Einfluss auf das Verhalten von Verbrauchern im gesamten Nahen Osten. Wer sich gegenwärtig etwa durch Kairo bewegt, dem fällt auf, dass ehemals gut besuchte Filialen internationaler Ketten wie McDonalds oder Starbucks nahezu leer sind. Der Dienstleister für Finanznachrichten Bloomberg berichtet, dass die Verkäufe von Pepsi und Coca-Cola stark rückläufig sind.

Von den Boykotten profitieren ägyptische Firmen wie zum Beispiel Spiro Spathis. Vor dem Krieg in Gaza kämpfte der Hersteller von Brausegetränken um seine Existenz. Mittlerweile kann der 100 Jahre alte Betrieb kaum noch mit der rasant gestiegenen Nachfrage mithalten. Westliche Unternehmen treffen die Umsatzeinbrüche empfindlich; vor allem US-amerikanische Marken sehen sich daher gezwungen, öffentlich ihre Neutralität zu erklären. Mehr noch: Starbucks beteuerte sogar, dass es keine Filialen in Israel habe.

Betroffen sind zudem ausländische Supermarktketten. Das Unternehmen Majid Al Futtaim aus Dubai betreibt unter anderem die ägyptischen Filialen der französischen Einzelhandelskette Carrefour. Für das Finanzjahr 2023 berichtet Majid Al Futtaim von einem Umsatzrückgang seiner Einzelhandelssparte in Höhe von 4 Prozent auf umgerechnet 6,7 Milliarden US-Dollar (US$) gegenüber dem Vorjahr. Als Grund nennt das Unternehmen Währungsschwankungen in Märkten wie Ägypten, Pakistan und Libanon, aber eben auch verändertes Verbraucherverhalten infolge des Gaza-Krieges. Trotz der gegenwärtigen Situation hält Majid Al Futtaim an seinen langfristigen Plänen fest. So will das Konglomerat zu den 70 existierenden ägyptischen Carrefour-Filialen bis 2030 noch 200 weitere bauen.  

Algerien will mehr Zucker, Milch und Fleisch produzieren 

Der algerische Zuckerhersteller Tafadis hat mit den beiden US-Unternehmen Reasol und Industrial Service Solutions im Januar 2024 eine Absichtserklärung unterzeichnet. Das geplante Gemeinschaftsprojekt in Algerien umfasst den großflächigen Anbau von Zuckerrüben und deren Verarbeitung zu weißem Zucker. Ziel ist neben der Bedienung des algerischen Marktes auch die Erschließung von Exportmärkten. Tafadis ist Teil der staatlichen Madar-Holding. Weitere Projektdetails enthält die entsprechende Pressemeldung von Madar nicht.

Das geplante algerisch-katarische Großprojekt zur Milch- und Fleischproduktion in Algerien hat einen wichtigen Meilenstein erreicht. Nach zweijährigen Gesprächen unterzeichneten Vertreter der katarischen Firma Baladna und des algerischen Landwirtschaftsministeriums am 24. April 2024 in Algier einen Rahmenvertrag. An dem Joint Venture beteiligt sich der nationale Investitionsfonds (FNI - Fonds National d´Investissement) mit 49 Prozent der Anteile.

Das 3,5 Milliarden US$ teure Vorhaben hat zum Ziel, in mehreren Ausbaustufen auf einer Fläche von 117.000 Hektar eine Milchproduktion von 1,7 Milliarden Liter pro Jahr zu erreichen. Ein Teil davon soll zu Milchpulver weiterverarbeitet werden. Außerdem soll der Standort den algerischen Markt mit Rindfleisch versorgen. Der Projektstart ist für das Jahr 2026 geplant.

Marokko erweitert Erzeugung von Getränken, Grieß und rotem Fleisch

Die marokkanische Industriegruppe Mutandis investiert in eine Produktionsanlage für kohlensäurehaltige Getränke und Fruchtsäfte in Berrechid in der Region Casablanca-Settat. Die Anlage ist für die Produktion von 120.000 Tonnen Getränken pro Jahr für den lokalen Markt ausgelegt. Laut Adil Douiri, CEO des Konzerns, sollen bis zum endgültigen Ausrollen der Produktion 300 direkte Arbeitsplätze entstehen. Das an der Börse von Casablanca notierte Unternehmen ist auch in der Verarbeitung von Fischprodukten (Sardinen, Makrelen) und der Herstellung von Lebensmittelflaschen tätig. 

Der Lebensmittelkonzern Africa Feed and Foods errichtet über sein Tochterunternehmen Imandy Mills eine Grießerzeugeranlage. Mit dem Bau und der Ausstattung wurde der türkische Mühlenausrüster Alapala beauftragt. Die Verarbeitungskapazität liegt bei 240 Tonnen Hartweizen, Mais und Gerste pro Tag. Zum Projekt gehört auch ein Lager für 120.000 Tonnen Getreide. Vermarktet werden das Mehl und der Grieß unter den Markennamen "Khoulala" und "Inkane".

Die staatliche Regionalentwicklungsgesellschaft "Rabat Salé Témara Prestations et Développment" investiert umgerechnet 25 Millionen Euro in den Bau eines Schlachthofes am Standort Bouknadel. Die Verarbeitungskapazität soll bei 30.000 Tonnen rotem Fleisch im Jahr liegen (500 Rinder und 1.000 Schafe pro Tag sowie Dromedare). Der Schlachthof soll unter anderem über Kühlräume, Ställe und Schlachtanlagen der neuesten Generation, Verwaltungsbereiche, Cafés und Restaurants sowie eine Abwasseraufbereitungsanlage verfügen.

Das Landwirtschaftsministerium in Rabat stellt für das Vorhaben die Finanzierung zur Verfügung. Im Rahmen seines Programms "Generation Green" wird das Ministerium bis 2030 insgesamt fünf Schlachthöfe sowie sechs Modellviehmärkte finanzieren. Ziel ist es, im öffentlichen Sektor eine Jahresproduktion von 100.000 Tonnen rotem Fleisch sicherzustellen.

Mauretanien plant Ausbau der Zuckerproduktion

Das staatliche Zuckerunternehmen COMASUD (Compagnie Mauritanienne de Sucre et Dérivés) bringt neuen Schwung in das seit Jahren geplante Vorhaben eines neuen agroindustriellen Komplexes in Foum Geita, im Südwesten Mauretaniens. Auf einer Fläche von 17.000 Hektar sollen dort Zuckerrohrfelder angelegt und eine Zuckerfabrik errichtet werden. Die Jahresproduktion an raffiniertem Zucker soll 107.000 Tonnen betragen. Im Februar 2024 hat COMASUD eine Ausschreibung (Präqualifikation) veröffentlicht, mit der sie ein privates Unternehmen sucht, das den Komplex errichtet und in privat-öffentlicher Partnerschaft (PPP) betreibt.

Deutscher Hersteller von Abfüll- und Verpackungsanlagen eröffnet Büro in Tunis

Anfang März 2024 hat das deutsche Unternehmen KHS eine neue Niederlassung in Tunis eröffnet. Von hier aus kann der Dortmunder Anbieter von Abfüll- und Verpackungslösungen die Märkte im Maghreb und in Westafrika bedienen. 

Die Zuckerraffinerie in Béja hat Mitte März 2024 den Betrieb wieder aufgenommen. Derzeit stellt das Werk rund 500 Tonnen Zucker täglich her und steht damit schätzungsweise für die Hälfte des landesweiten Bedarfs. Im Rahmen eines Modernisierungsprogramms könnte die Kapazität auf über 700 Tonnen gesteigert werden. 

Im Dezember 2023 hat die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) einen Kredit von umgerechnet bis zu 12 Millionen Euro genehmigt, um den Olivenölproduzenten COGIA zu unterstützen. COGIA ist auf den Export von in Flaschen abgefülltem Olivenöl spezialisiert. Mit dem Darlehen will die EBRD auch die Marke "Made in Tunisia" stärken. Denn ein Großteil des tunesischen Olivenöls wird als Massengut und nicht in Flaschen exportiert. COGIA ist in Besitz der IFFCO-Gruppe mit Hauptsitz in Dubai, einer der führenden Agrarkonzerne in der MENA-Region.

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