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Wirtschaftsausblick | Nordmazedonien

Nordmazedoniens Wirtschaft wächst unter Vorbehalt

Nordmazedonien hat eine neue Regierung gewählt. Diese will den Energiesektor neu ausrichten und für mehr Wachstum sorgen. Dabei könnten auch deutsche Unternehmen zum Zug kommen.

Von Martin Gaber | Belgrad

Top-Thema: Nordmazedonien hat gewählt

Nordmazedonien hatte Anfang Mai 2024 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abgehalten. Beide Wahlen fielen deutlich zugunsten der VMRO-DPMNE (kurz VMRO) aus. Nach sieben Jahren in der Opposition übernimmt die Partei somit wieder die Regierung und stellt die Präsidentin und wahrscheinlich auch den Ministerpräsidenten. Die VMRO gilt als konservativ, die neue Präsidentin Gordana Siljanovska-Davkova als rechtspopulistisch. Zusammen mit den Koalitionspartnern VLEN und ZNAM gibt es eine solide Mehrheit im Parlament. Der VMRO-Parteivorsitzende Hristijan Mickoski hat den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten und ist wohl als neuer Regierungschef gesetzt.

Neues Energie- und Bergbauministerium kommt

Sowohl die sozialdemokratische Vorgängerregierung, als auch die neue Regierungspartei verfolgt neoliberale Ansätze in ihrer Wirtschaftspolitik. In einigen Bereichen dürfte es aber neuen Schwung geben: Die VMRO könnte ausländischen Investoren wieder mehr Beachtung schenken. Sie hatte schon in ihrer vorherigen Regierungszeit die bei Investoren beliebten Industriefreizonen eingeführt. Zudem dürfte der Energiebereich stärker in den Fokus rücken. Dafür werden Energie und Bergbau aus dem Wirtschaftsministerium ausgegliedert und in ein eigenes Ministerium überführt. 

Fraglich bleibt die außenpolitische Positionierung des EU-Beitrittskandidaten. So will die neue Präsidentin sich zwar an Abkommen halten, aber wieder den Landesnamen Mazedonien verwenden. Erst vor einigen Jahren wurde der Name von Mazedonien in Nordmazedonien geändert, nachdem Griechenland dies in einem Streit zur Voraussetzung für die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen und den NATO-Beitritt gemacht hatte.

Wirtschaftsentwicklung: Wachstum mit Fragezeichen

Die Wirtschaft in Nordmazedonien wächst 2024 wieder mit mehr Dynamik. So wird das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr laut Frühjahrsprognose des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche real um rund 2,2 Prozent zulegen. Die Erste Group Research sieht das ähnlich und rechnet mit einem Plus von 2,3 Prozent. Die Wirtschaft ist gut ins Jahr gestartet, auch beflügelt durch ein Subventionspaket der alten Regierung. Doch die Maßnahmen liefen mit den Wahlen im Mai 2024 aus. 

Daher stehen nun Fragezeichen hinter der wirtschaftlichen Entwicklung im 2. Halbjahr. Auch deshalb liegt Nordmazedonien bei den Prognosen im Westbalkan-Vergleich an letzter Stelle. Bereits im Jahr 2023 war das reale Wachstum mit einem Plus von nur einem Prozent moderat ausgefallen, so die vorläufige Berechnung der nordmazedonischen Nationalbank.

Privater Konsum und Infrastrukturprojekte werden Impulse geben

Das NATO-Mitglied will mit neuen Energieprojekten seine Versorgung diversifizieren. Die veralteten Kohlekraftwerke sollen dabei Schritt für Schritt runtergefahren und erneuerbare Energien ausgebaut werden. Daran sind auch deutsche Unternehmen interessiert. Schon 2021 hatte das Unternehmen wpd geplant, 500 Millionen Euro in den Windpark Virovi zu investieren. Konkretes gab es seitdem nicht. Die neue Regierung will Energieprojekte forciert umsetzen und könnte das Projekt wieder aufleben lassen. Beim Mazedonischen Energieforum im Juni 2024 sprach der designierte Ministerpräsident Mickoski sogar von mehreren geplanten Windparks im Osten des Landes, die bis zu 1 Terrawattstunde Strom produzieren könnten. Das entspräche etwa 20 Prozent der derzeitigen Stromerzeugung im Land.

Auch Infrastrukturprojekte im Bereich Verkehr, zum Beispiel im Autobahn- und Schienenbau, sollen angestoßen werden. Dazu zählen die Autobahnkorridore 8 und 10d. Sie werden Nordmazedonien mit Häfen in Albanien und Griechenland sowie mit Bulgarien verbinden. Zudem werden wichtige Impulse für das Wirtschaftswachstum von Privathaushalten erwartet. Die Löhne, Gehälter und Renten konnten zulegen und aus dem Subventionspaket der Regierung kamen Direktzahlungen für Schülerinnen und Studenten. Im Zusammenspiel mit einer abflauenden Inflation und den weiterhin hohen Rücküberweisungen aus dem Ausland kurbelt das den privaten Konsum an. 

Abhängigkeit von der Autoindustrie gibt Grund zur Sorge

Sorgenfalten beschert die Abhängigkeit von der Autoindustrie, denn Nordmazedoniens Wirtschaft ist stark auf diese ausgerichtet. Die Nachfrage aus dem Ausland stockt und die Ausfuhren stagnieren. Auch Investitionen, privat und öffentlich, haben im letzten Jahr einen Dämpfer erlitten. So lagen die Zuflüsse aus dem Ausland 2023 rund 17 Prozent unter dem Vorjahreswert.  

Deutsche Perspektive: Investoren aus Deutschland stocken auf

Deutsche Unternehmen bauen ihre Vorhaben in Nordmazedonien weiter aus. Mit Zuflüssen von 108 Millionen Euro im Jahr 2023 liegt Deutschland hinter der Türkei auf Platz 2 der ausländischen Investoren, so Zahlen der nordmazedonischen Nationalbank. Dieser Trend dürfte wohl weiter anhalten. Das bestätigt auch das Beispiel Gerresheimer in der Freihandelszone Skopje: Die Investitionen werden deutlich ausgeweitet und die Serienproduktion für Arzneimittelverpackungen aus Glas soll in diesem Jahr beginnen. Dadurch werden 200 neue Arbeitsplätze entstehen. Die Investition beträgt nach Regierungsangaben 126 Millionen Euro. 

Und Gerresheimer steht nicht alleine da. Unternehmen wie Kostal, ODW Elektrik, Dräxlmaier und Kiel Sitze haben deutlich mehr investiert oder dies angekündigt. In der Umsetzung befindet sich auch ein Vorhaben des Batterieherstellers BMZ. Das Unternehmen aus Franken will bis 2028 einen Produktionsstandort bauen und langfristig bis zu 1.000 Arbeitsplätze schaffen, so Medienberichte.

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