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Vollstreckung norwegischer Entscheidungen in Norwegen

Die Zwangsvollstreckung bezeichnet man in Norwegen allgemein als tvangsfullbyrdelse. Nach § 19-13 des norwegischen Verfahrensgesetzes (Tvisteloven) werden Gerichtsentscheidungen (rettslige avgjørelser), die die Vornahme, das Unterlassen oder die Duldung einer Handlung vorsehen, nach dem Zwangsvollstreckungsgesetz (Tvangsfullbyrdelsesloven) vollstreckt.

Allgemeine Vollstreckungsbehörde (namsmyndighet) ist entweder der Gerichtsvollzieher (namsmann) oder das Amtsgericht (tingrett). Eine Besonderheit gilt in Oslo: Dort ist neben dem Gerichtsvollzieher nicht das Oslo tingrett, sondern das Oslo byfogdembete Vollstreckungsbehörde. An wen sich der Vollstreckungsgläubiger im Einzelfall richten muss, richtet sich nach den besonderen Vorschriften (Kapitel 7 bis 13) des Tvangsfullbyrdelsesloven. Bei der Frage, welches Kapitel neben den allgemeinen Vorschriften zu beachten ist, muss man zunächst untersuchen, ob es um die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung (Kapitel 7 bis 12 Tvangsfullbyrdelsesloven) oder wegen einer anderen Forderung (Kapitel 13 Tvangsfullbyrdelsesloven) geht. Soll die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung durchgeführt werden, muss man außerdem überprüfen, in welche Art von Vermögenswert vollstreckt werden soll. Davon hängt ab, welches der Kapitel 7 bis 12 konkret einschlägig ist.

Allgemein gilt, dass die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden kann, wenn der Zwangsvollstreckungsgläubiger einen Antrag (begjæring om tvangsfullbyrdelse) bei der zuständigen Vollstreckungsbehörde stellt. Mit diesem muss er einen vollstreckbaren Titel (tvangskraftigt tvangsgrunnlag) vorlegen (§ 4-1 Tvangsfullbyrdelsesloven) vorlegen:

  • Es gibt allgemeine (alminnelig) und besondere (særlig) Titel. Als allgemeine Titel gelten u.a.--unter anderen Urteile (dom) und Beschlüsse (kjennelse) eines norwegischen Gerichts, Schiedssprüche (voldgiftsdom) nach dem Schiedsgerichtsgesetz (Voldgiftsloven), gerichtliche Vergleiche (rettsforlik), unter bestimmten Voraussetzungen Entscheidungen ausländischer Gerichte (§ 4-1 Tvangsfullbyrdelsesloven). Besondere Titel sind solche, die in §§ 7-2, 8-2, 9-2, 10-2, 11-2, 12-2 und 13-2 Tvangsfullbyrdelsesloven aufgezählt sind.
  • Damit ein Titel vollstreckbar ist, muss die dem Titel zugrundeliegende Forderung fällig und der Zwangsvollstreckungsschuldner muss im Verzug (mehr hierzu im Abschnitt Vertragsrecht - allgemeines Vertragsrecht dieses Länderberichts) sein (§ 4-4 Tvangsfullbyrdelsesloven). Handelt es sich bei dem Titel um ein Urteil, muss dieses gemäß § 19-14 Tvisteloven rechtskräftig und eine etwaige Frist für die Erfüllung der Forderung abgelaufen sein (§ 4-12 Tvangsfullbyrdelsesloven). Das Gleiche gilt für Schiedssprüche (§ 4-15 Tvangsfullbyrdelsesloven). Ein gerichtlicher Beschluss muss hingegen verkündet worden sein. Ebenfalls muss eine etwaige Frist für die Erfüllung der Forderung abgelaufen sein (§ 4-13 Tvangsfullbyrdelsesloven). Im Falle eines Vergleichs muss allein die Frist zur Erfüllung abgelaufen sein (§ 4-16 Tvangsfullbyrdelsesloven).

Ist der Gerichtsvollzieher für die Zwangsvollstreckung zuständig, müssen die allgemeinen Verfahrensvorschriften von Kapitel 5 Tvangsfullbyrdelsesloven beachtet werden. Der Gerichtsvollzieher soll den Parteien die nötige Richtung vorgeben, damit Fehler und Versäumnisse vermieden oder ausgebügelt werden (§ 5-3 Tvangsfullbyrdelsesloven). Geht beim Gerichtsvollzieher ein Antrag auf Durchführung der Zwangsvollstreckung - welche Einzelheiten der Antrag enthalten muss, bestimmt § 5-2 Tvangsfullbyrdelsesloven - ein, muss er ihn so schnell wie möglich vorläufig prüfen (§ 5-4 Tvangsfullbyrdelsesloven). Ist er nicht zuständig, kann er den Antrag, anstelle ihn abzuweisen, an die zuständige Vollstreckungsbehörde verweisen (§ 5-5 Tvangsfullbyrdelsesloven). Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung können mündlich und schriftlich vorgebracht werden (§ 5-6 Tvangsfullbyrdelsesloven). Gegen Entscheidungen des Gerichtsvollziehers können alle von ihnen Betroffene Beschwerde (klage) beim Gerichtsvollzieher einlegen. Hält der Gerichtsvollzieher die Beschwerde für berechtigt, ändert er seine Entscheidung. Ansonsten legt er die Beschwerde dem Amtsgericht vor. Die Beschwerde hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung (oppsettende virkning), sofern weder Gerichtsvollzieher noch Amtsgericht diese anordnet. Für das Beschwerdeverfahren vor dem Amtsgericht gelten die Vorschriften des Kapitels 6 Tvangsfullbyrdelsesloven.

Ist das Amtsgericht Vollstreckungsorgan, sind die allgemeinen Verfahrensvorschriften von Kapitel 6 Tvangsfullbyrdelsesloven einschlägig. Diese verweisen mit einigen Ausnahmen auf die Teile 1, 4 und 5 des Tvisteloven. Auch gelten zum Teil die gerade beschriebenen Vorschriften des Kapitels 5 Tvangsfullbyrdelsesloven. Erhebt der Zwangsvollstreckungsschuldner Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung, kann das Gericht beschließen, dass der Rechtsstreit nach den allgemeinen Verfahrensvorschriften durchgeführt wird (§ 6-6 Tvangsfullbyrdelsesloven). Bis das Gericht über Einwendungen des Zwangsvollstreckungsschuldners entscheidet, kann es einen Beschluss fassen, wonach die Vollstreckung ganz oder teilweise mit oder ohne Stellung einer Sicherheit durch den Zwangsvollstreckungsschuldner ausgesetzt oder dass die Vollstreckung nur durchgeführt wird, wenn der Zwangsvollstreckungsgläubiger eine Sicherheit stellt; das Gericht kann bereits durchgeführte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ohne oder gegen Stellung einer Sicherheit aufheben (§ 6-5 Tvangsfullbyrdelsesloven). Die gerade genannten Entscheidungen nach § 6-5 Tvangsfullbyrdelsesloven können nicht angegriffen werden.

Aus besonderen Gründen kann das Amtsgericht entscheiden, eine Zwangsvollstreckungssache, für die eigentlich der Gerichtsvollzieher zuständig ist, zu übernehmen (§ 2-8 Tvangsfullbyrdelsesloven).

Gegen Entscheidungen des Amtsgerichts im Rahmen der Zwangsvollstreckung können grundsätzlich die im Tvisteloven vorgesehenen Rechtsmittel eingelegt werden (§ 2-12 Tvangsfullbyrdelsesloven). Mehr hierzu im Abschnitt Zuständige Gerichte dieses Länderberichts.

Mehr zum Thema Prozesskosten im Abschnitt Gerichtskosten / Anwaltsgebühren dieses Länderberichts.

Germany Trade & Invest (Stand: August 2023)

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