Wirtschaftsumfeld | Österreich | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Löhne und Gehälter
Die Lohnkosten haben einen Sprung nach oben gemacht. Das verteuert zwar die Produktion in Österreich, macht das Land aber für Fachkräfte auch interessanter.
01.08.2024
Von Oliver Döhne | Bonn
Als Ausgleich für die Inflation 2023, unter anderem infolge der hohen Energiepreise, sind Österreichs Löhne nominal um durchschnittlich 8 Prozent gestiegen. Auch real haben sie deutlich zugelegt. Löhne und Gehälter stiegen im Berichtsjahr über die Inflationsrate hinaus, ohne gleichzeitige Produktivitätsgewinne.
Diese Entwicklung belebt zwar den Konsum der Haushalte. Doch sie bedeutet für Unternehmen, die in Österreich produzieren, auch höhere Lohnstückkosten und eine Einbuße in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und einen entsprechenden Verlust von Marktanteilen.
Die Firmen haben außerdem weniger Spielraum, zusätzliche Anreize für besonders umkämpfte Arbeitskräfte zu setzen. Für liquide Neueinsteiger kann dies im Gegenteil eine Chance sein, gut qualifiziertes Personal mit Zuschlägen für sich zu gewinnen beziehungsweise abzuwerben.
Es ist ein regionales Lohngefälle festzustellen, das allerdings nicht besonders ausgeprägt ist. Tendenziell wird in den Bundesländern Vorarlberg, Burgenland, Ober- und Niederösterreich und Steiermark überdurchschnittlich verdient. In Wien, Salzburg, Tirol und Kärnten liegen die Gehälter etwas unter dem Durchschnitt, was aber je nach Position und Branche auch abweichend ausfallen kann. Auffallend sind die landesweit nach wie vor hohen Einkommensunterschiede zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten, die 2023 bei fast 16 Prozent lagen.
Die Experten des Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) prognostizieren für 2024 einen nominalen Anstieg der Bruttoverdienste um 7,8 Prozent und für 2025 um 3,7 Prozent. Die realen Nettoeinkommen werden dementsprechend 2024 um 4,7 Prozent steigen und 2025 um 1,3 Prozent.
Kollektivverträge bestimmen Arbeitsverträge
Über die Mindeststandards für Entlohnung und Arbeitsbedingungen schließen in Österreich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter der einzelnen Wirtschaftszweige sogenannte Kollektivverträge ab. Es gibt zwar keinen gesetzlichen Mindestlohn, sehr wohl aber tariflich vereinbarte Mindestlöhne. Letztere können in den verschiedenen Branchen unterschiedlich hoch sein.
Die zuständige Branchengewerkschaft, der betreffende Industrieverband und Vertreter der Arbeiterkammer handeln jährlich über 450 Kollektivverträge aus. Die unterschiedlichen Verträge für Arbeiter und Angestellte werden dabei zunehmend angeglichen. Der Lohn setzt sich zusammen aus dem Direktlohn (Stundenlohn plus Zulagen) und den Lohnnebenkosten.
Weitere Lohnbestandteile gewinnen an Bedeutung
Ein Großteil der Führungskräfte erhält eine variable Vergütung. Rund drei Viertel der Teamleiter beziehen laut der Personalberatung Kienbaum einen jährlichen Bonus. Eine dominierende Rolle bei der Berechnung der Boni spielen Gewinngrößen wie der Ebit (Gewinn vor Zinsen und Steuern) oder der Jahresüberschuss des Unternehmens.
Bei Top-Führungskräften machen variable Gehaltsbestandteile rund ein Viertel des Gesamtgehaltes aus. Um auch langfristige Ziele in der Vergütung abbilden zu können, setzen Firmen zunehmend auf Vergütungssysteme mit mehrjähriger Bemessungsgrundlage. Für rund ein Drittel der Geschäftsführer und 20 Prozent der zweiten Führungsebene sind solche Incentives vorgesehen.
Üblich sind auch Sachleistungen wie die private Nutzung des Mobiltelefons oder des Firmenwagens. Etwa 98 Prozent der Geschäftsführer fahren einen Firmenwagen, etwa 83 Prozent sind es in der zweiten Führungsebene. Arbeitgeber lassen sich immer mehr einfallen, um Top-Leister zu binden - beispielsweise Firmenfahrräder, Fitnesskuren, Essenszuschüsse oder Kinderbetreuung.
Branche | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 4.256 |
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei | 4.005 |
Verarbeitendes Gewerbe | 4.924 |
Strom-, gas-, Wärme- und Kälteversorgung | 5.328 |
Wasserversorgung, Abfallswirtschaft | 4.042 |
Baugewerbe | 4.291 |
Groß und Einzelhande, Reperatur von Kfz | 3.628 |
Transport und Lagerhaltung | 4.304 |
Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie | 2.299 |
Informations- und Kommunikationsleistungen | 5.974 |
Finanz- und Versicherungswesen | 5.387 |
Position | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 4.256 |
Führungskraft | 7.479 |
Personal mit akademischer Ausbildung | 5.461 |
Techniker:in | 4.705 |
Unterstützende Bürokraft | 3.654 |
Dienstleistungs- und Verkaufskraft | 2.691 |
Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft | 2.836 |
Handwerker:in | 4.108 |
Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft | 3.917 |
Hilfskraft | 2.367 |
Sozialversicherungsbeiträge deutlich über EU-Durchschnitt
Laut Eurostat machten 2023 die Lohnnebenkosten eines Arbeitgebers in Österreich 26,8 Prozent des Arbeitnehmer-Bruttolohns aus. In Deutschland lagen sie bei 22,9 Prozent, im Durchschnitt der gesamten EU27 bei 24,2 Prozent. Zum Bruttoarbeitsstundenlohn von durchschnittlich 30 Euro kamen 2023 in Österreich 11 Euro an Lohnnebenkosten hinzu. In Deutschland war der Stundenlohn höher, die Nebenkosten aber waren niedriger. In der EU27 liegt Österreich bei beiden Werten deutlich über dem Durchschnitt.
Die vom Arbeitgeber zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge lagen 2024 durchschnittlich (können je nach Bundesland zum Teil abweichen) bei rund 22 Prozent. Der Höchstsatz der monatlichen Bemessungsgrundlage beträgt 6.060 Euro (2023). Die Pflicht zur Kranken- und Pensionsversicherung beginnt ab der monatlichen Gerinfügigkeitsgrenze von 518,44 Euro. Hinzukommen können als Lohnnebenkosten ein Wohnbauförderbeitrag, ein Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAP) sowie die Kommunalsteuer. Ab dem Jahr 2025 sinkt der Beitrag zum FLAP von 3,9 Prozent auf 3,7 Prozent.
Rentenversicherung/Pensionsversicherungsbeitrag (Arbeitgeberanteil) | 12,55 |
Krankenversicherungsbeitrag (Arbeitgeberanteil) | 3,78 |
Unfallversicherungsbeitrag | 1,10 |
Beitrag zur betrieblichen Mitarbeiter:innenvorsorge | 1,53 |
Beitrag zum Insolvenzentgeltfonds - IESG-Zuschlag | 0,10 |
Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 2,95 |
Summe Sozialversicherungsbeiträge | 22,01 |