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Wirtschaftsumfeld | Japan | De-Risking

Japan arbeitet an sicheren Lieferketten

Japan nutzt verschiedene Instrumente, um sich unabhängiger vom Ausland zu machen. Primär richten sich diese gegen China, auch wenn das Land nicht explizit genannt wird.

Von Frank Robaschik | Tokyo

Japan hat als eines der ersten Länder Erfahrung mit wirtschaftlichem Druck aus China gemacht. Exportbeschränkungen für seltene Erden 2010 und später Boykotte und Proteste gegen japanische Waren sorgten für ein Umdenken. Daher bemüht sich die Regierung schon länger, die Lieferketten resilienter zu gestalten, insbesondere die Versorgung mit Rohstoffen und Lebensmitteln. Japan bezieht viele Produkte aus dem Nachbarland, Abhängigkeiten bestehen etwa bei seltenen Erden, pharmazeutischen Erzeugnissen oder auch bei Batterien und Solarmodulen. 

Japans Regierung hat mittels staatlicher Strategien und Maßnahmen einen großen Bogen geschlagen, das Abhängigkeitsgefüge zu ändern. Das geht nicht über Nacht. Erste Erfolge sind jedoch sichtbar: Die Investitionen in andere Beschaffungsmärkte für seltene Erden haben geringere Importe aus China nach sich gezogen. Investitionen in anderen Zielländern, insbesondere Südostasien, haben die Lieferketten für Vorprodukte diversifiziert. Und in der Halbleiterindustrie werden neue Produktionsstätten gebaut. 

Wirtschaftssicherheitsgesetz beschlossen

Im Dezember 2013 beschloss Japan eine Nationale Sicherheitsstrategie. Im Mai 2022 nahm Japans Parlament ein Gesetz zur Förderung der wirtschaftlichen Sicherheit (Wirtschaftssicherheitsgesetz) an.

De-Risking Maßnahmen im Überblick

  • Stärkung der Lieferketten: Stabile Versorgung mit strategischen Gütern wie Halbleiter, Düngemittel, kritische Mineralien und Antibiotika. Dafür fördert Japan die Produktion im Inland und erweitert die Bevorratung.
  • Erhöhung der Sicherheit von Schlüsselinfrastruktur: Hier kann Japan auch gegenüber privaten Firmen bestimmte Handlungen empfehlen oder anordnen.
  • Intensivierung der öffentlich-privaten Forschungs- und Entwicklungskooperation bei ausgewählten kritischen Technologien.
  • Nichtoffenlegung von Patenten in sensiblen Bereichen.

Hohe Subventionen für strategische Investitionen

Auf Grundlage des Wirtschaftssicherheitsgesetzes gewährt Japan Subventionen dere Investitionskosten. Das Ministry of Economy, Trade and Industry (METI) fördert beispielsweise die Produktion von Halbleitern und Batterien, andere Ministerien die Versorgung mit Antibiotika, Düngemitteln und Schiffsteilen. Die maximalen Fördersätze für METI-Programme im Rahmen der Versorgungssicherheit mit kritischen Produkten erreichen dabei bis zur Hälfte der Anlageinvestitionen. 

Neben der New Energy and Industrial Technology Development Organization (NEDO) und der Japan Oil, Gas and Metals National Organization (JOGMEC) gewähren weitere Institutionen Fördermittel und Garantien, darunter die Japan Bank for International Cooperation, die Nippon Export and Investment Insurance, die Japan Investment Corporation und die Japan Finance Corporation.

Förderung weiterer Bereiche zur Versorgungssicherheit bei kritischen Produkten
BereichZuständigkeit und Link für weitere Details
AntibiotikaMinistry of Health, Labour and Welfare (MHLW); 2023 Projekte von Meiji Seika und Pharmira
DüngemittelMinistry of Agriculture, Forestry and Fisheries (MAFF); 2023 Förderung der Düngemittelbevorratung durch Taiyo Fertilizer und Nitto FC
Schiffsteile (Maschinen, Navigationstechnik und Antriebe)Ministry of Land, Infrastructure, Transport and Tourism (MLIT); 2023 acht Projekte, davon sieben im Bereich der Antriebe und eins im Bereich der Navigationstechnik
Quelle: MHLW 2024; MAFF 2024; MLIT 2024; Economic Security Promotion Act 2024

Signifikante Mittel für Forschung und Entwicklung

Auf Grundlage des Wirtschaftssicherheitsgesetzes richtete Japan 2022 das Key and Advanced Technology R&D through Cross Community Collaboration Program (K Program) ein. Dieses ist mit etwa 3,5 Milliarden US-Dollar (US$) ausgestattet.

Japan unterstützt seine Wirtschaft auch bei der Grünen Transformation (GX) und der Digitalen Transformation (DX). Dabei geht es primär um die Entwicklung von Technologien. Der dafür eingerichtete Green Innovation Fund hat ein Volumen von rund 15 Milliarden US$. Beispielsweise speisen sich von NEDO für 5G-Telekommunikation gewährte Fördergelder aus Mitteln für GX, DX und für die wirtschaftliche Sicherheit. 

Für seine Wirtschaftssicherheit nutzt Japan auch die Exportkontrolle und das Screening ausländischer Investitionen.

Programme für Lieferketten im Inland und in ASEAN-Staaten

In der Coronapandemie startete Japan Programme zur Förderung von Investitionen in Japan und zum Aufbau von Produktionsstätten japanischer Firmen in Südostasien. Von April 2020 bis März 2022 stellte die Regierung für mehrere Hundert Projekte im Inland etwa 4 Milliarden US$ bereit. In Südostasien förderte es von 2020 bis 2023 über das Overseas Supply Chain Diversification Support Project 124 Vorhaben. Ohne Machbarkeitsstudien waren es 92 Projekte, die meisten davon befinden sich in Vietnam und in Thailand.

Japan senkt China-Abhängigkeit bei seltenen Erden

Noch bevor China 2010 kurzzeitig die Lieferungen seltener Erden nach Japan unterbrach, beschloss die Regierung in Tokyo im Juli 2009 eine Strategie zur Sicherung seltener Erden und vereinbarte im März 2010 über JOGMEC eine Kooperation mit Kanada. Im Jahr 2011 stellten das Handelshaus Sojitz und JOGMEC dem australischen Bergbauunternehmen Lynas Corporation 250 Millionen US$ zur Verfügung. Dafür sollte Japan zehn Jahre seltene Erden von Lynas erhalten. Darüber hinaus vereinbarte Japan die gemeinsame Erschließung seltener Erden mit Vietnam, Indien und Kasachstan.

Daneben erhöhte die Regierung die Bevorratung, trieb Recycling und Wiederverwendung voran und förderte die Entwicklung von Produkten ohne oder mit weniger seltenen Erden. Dadurch sank der Anteil Chinas an den japanischen Einfuhren seltener Erden von mehr als 90 Prozent im Jahr 2008 auf weniger als 60 Prozent im Jahr 2020. Wichtige Lieferländer sind neben China nun Vietnam, Frankreich, Thailand und Indien.

Im März 2023 investierten Sojitz und JOGMEC weitere rund 130 Millionen US$ in Lynas. Lynas wird dafür Dysprosium und Terbium nach Japan liefern.

JOGMEC und seine Vorgänger sorgen schon lange dafür, dass Japan einen Teil seiner Importe von Erdöl, Erdgas und Kohle aus Quellen deckt, an deren Erschließung japanische Firmen beteiligt sind. Inzwischen unterstützt das Staatsunternehmen japanische Unternehmen unter anderem auch bei Wasserstoff und bei der Speicherung von Kohlenstoffdioxid.

Japan investiert weniger in China und liefert weniger dorthin

Wegen der gemischten Erfahrungen Japans in China investieren japanische Firmen einen geringeren Anteil ihrer Mittel im großen Nachbarland. Der Anteil Chinas am Bestand japanischer Direktinvestitionen fiel von 9 Prozent im Jahr 2012 auf 6,9 Prozent im Jahr 2022. Gleichzeitig werden chinesische Firmen in Japan aktiver: Ihr Anteil am Bestand ausländischer Direktinvestitionen in Japan stieg von 0,3 Prozent auf 2,1 Prozent.

Der Anteil Chinas an Japans Außenhandel fiel vom Höchstwert von 23,9 Prozent im Jahr 2020 auf 20 Prozent im Jahr 2023. Dabei liefert Japan vor allem weniger nach China. Bei den Importen erfolgt der Rückgang langsamer.

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