Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Polen | Luftverkehr, Flughäfen

Neue Flugzeuge für wachsende Flughäfen

Polens Luftfahrt steht vor einem Modernisierungsschub. Die Fluggesellschaft LOT geht auf Einkaufstour. Flughäfen bereiten sich währenddessen auf steigende Passagierzahlen vor.

Von Christopher Fuß | Warschau

Polens größte Fluggesellschaft LOT will 84 neue Flugzeuge für kurze und mittlere Distanzen einkaufen. Das staatliche Unternehmen schickte bereits Angebotsanfragen an den brasilianischen Produzenten Embraer und an den europäischen Luftfahrtkonzern Airbus. Bis Ende 2024 will LOT einen Lieferanten auswählen. Gut möglich, dass die Fluggesellschaft den Auftrag zwischen beiden Herstellern aufteilt.

Für Airbus wäre bereits ein Teilzuschlag ein großer Erfolg, denn noch befinden sich keine Modelle des Produzenten in der Flotte von LOT. Bislang gehören Embraer und der US-Hersteller Boeing zu den wichtigsten Lieferanten. Die meisten Wartungsbetriebe in Polen, sogenannte MRO (Maintenance, Repair and Operations), besitzen darum vergleichsweise wenig Erfahrungen mit Airbus-Flugzeugen. Vor diesem Hintergrund verspricht der europäische Luftfahrtkonzern Unterstützung und verweist auf die Fluggesellschaft Iceland Air. Sie kaufte im Jahr 2023 erstmals Airbus-Flugzeuge. "Hier haben wir Schulungsprogramme angeboten und für eine gute Zusammenarbeit mit den MRO gesorgt", wirbt Johan Pelissier, Leiter des Europa-Geschäfts von Airbus im Gespräch mit dem Branchenportal rynek-lotniczy.pl.

Neue Flugzeuge sollen steigende Nachfrage bedienen

3,6 Mrd. Euro

Jahresumsatz machen Luft- und Raumfahrzeugbauer in Polen.

Bei einem anderen Projekt hat LOT bereits eine Entscheidung gefällt. Boeing wird elf Maschinen des Typs 737 MAX 8 an die polnische Fluggesellschaft liefern. Die Flugzeuge kommen im Langstreckenverkehr zum Einsatz. Ob Boeing alle Maschinen wie geplant bis zum Ende des 1. Halbjahres 2025 liefern kann, bleibt angesichts der technischen Schwierigkeiten des US-Konzerns offen.

Um die wachsende Flotte technisch instand zu halten, lässt der LOT-Dienstleister LOTAMS einen Wartungshangar im südost-polnischen Rzeszów bauen. Auftragnehmer des 50 Millionen Euro teuren Projekts ist das polnische Generalunternehmen Polimex Mostostal. LOTAMS gehört ebenso wie die Fluggesellschaft LOT zur polnischen Luftfahrtgruppe PGL (Polska Grupa Lotnicza). Am neuen Stützpunkt werden den Plänen zufolge ab 2025 sowohl Großraumflugzeuge wie auch kleinere Maschinen repariert. Bislang verfügt LOTAMS über eine Instandhaltungsbasis in Warschau.

Die Ausgaben für neue Flieger und Wartungszentren haben mehrere Gründe. Neben der in die Jahre gekommenen Flotte von LOT spielt der wachsende Flugverkehr eine wichtige Rolle. Im Jahr 2023 übertraf die Zahl der Passagiere in Polen erstmals das Vor-Corona-Niveau. Die polnischen Flughafenbetreiber rechnen mit weiteren Zuwächsen und erweitern deshalb ihre Infrastruktur.

Deutsche Unternehmen bauen Flughäfen in Polen aus

Der Flughafen Krakau arbeitet zum Beispiel an einer weiteren Startbahn. Die Betreibergesellschaft PPL (Polskie Porty Lotnicze) hofft, dass die Bauarbeiten bereits 2024 beginnen können. Auch ein größeres Passagierterminal steht auf der Investitionsliste. Deutsche Auftragnehmer sind bereits am Flughafen aktiv. Ende 2023 schloss das Bauunternehmen Max Bögel die Arbeiten an einem neuen Vorfeld ab.

Bevor es zum Spatenstich für die geplante Startbahn kommt, braucht die Betreibergesellschaft PPL eine Umweltgenehmigung. Diese lag Anfang Juni 2024 noch nicht vor. Ein Knackpunkt bleibt, ob der zusätzliche Flugverkehr negative Auswirkungen auf einen Nationalpark im Norden von Krakau haben könnte.

Auch der Flughafen Katowice soll wachsen. Laut den Prognosen der Betreibergesellschaft GTL wird sich die Zahl der Fluggäste zwischen 2023 und 2033 fast verdoppeln. Das aktuelle Terminal reicht für so viele Passagiere nicht aus. Ein neues Gebäude muss her, ebenso wie ein weiterer Hangar. Das Investitionsprogramm des Flughafens für die Jahre 2024 bis 2028 umfasst ein Volumen von knapp 350 Millionen Euro. Die Betreibergesellschaft kalkuliert mit einem Mix aus eigenem Kapital, Krediten und europäischen Fördergeldern.

Der Flughafenbetreiber PPL veröffentlicht seine Ausschreibungen auf einer Online-Plattform.

Der Flughafenbetreiber GTL veröffentlicht seine Ausschreibungen über eine Internetseite.

Bestehende Flughäfen profitieren von Verzögerungen beim CPK

Nach Jahren des Stillstandes darf sich der Flughafen Warschau über neue Impulse freuen. Der Eigentümer ist wie auch in Krakau die Gesellschaft PPL. Sie will bis 2029 rund 560 Millionen Euro ausgeben, um das Terminal  zu erweitern und das Vorfeld auszubauen. Dank der Ausgaben steigen die Kapazitäten des Flughafens von jährlich 20 Millionen Fluggästen auf 30 Millionen Fluggäste. 

Die Investitionen am Warschauer Flughafen sind laut Staatssekretär Maciej Lasek auch deshalb nötig, weil sich ein anderes Projekt deutlich verzögert. Die Rede ist vom geplanten Großflughafen CPK (Centralny Port Komunikacyjny) zwischen Warschau und Łódź. Er wird nach Aussagen von Lasek erst zwischen 2032 und 2035 seinen Betrieb aufnehmen. Um das steigende Passagieraufkommen in Polen bis zur Eröffnung des Großflughafens abfertigen zu können, müsse der Warschauer Flughafen wachsen, so Lasek.

Die abgewählte Vorgängerregierung wollte den CPK-Großflughafen bereits 2028 eröffnen. Damit wäre der Warschauer Flughafen überflüssig geworden. Er hätte schließen müssen, weshalb lange Zeit keine neuen Gelder an den Standort flossen. Branchenvertreter bezeichneten den knappen Zeitplan des CPK von Anfang an als unrealistisch. Immerhin scheint sich die im Dezember 2023 vereidigte neue Regierung trotz anfänglicher Skepsis dazu durchgerungen zu haben, den CPK-Bau fortzusetzen. Geht es nach Maciej Lasek, wird die Fluggesellschaft LOT einen großen Teil der Slots belegen - und dafür neue Maschinen benötigen.

Die Verzögerungen beim CPK könnten auch dem Flughafen Modlin helfen. Er liegt etwa 33 km nordwestlich der Hauptstadt Warschau. Hier landen vor allem Billigfluggesellschaften wie Ryanair und Wizzair. Die Flughafenverwaltung will neue Stellplätze für Flugzeuge errichten. Außerdem hat die Gesellschaft einen Vertrag mit der polnischen Flugsicherung PAŻP (Polska Agencja Żeglugi Powietrznej) über den Bau eines sogenannten Remote-Kontrollturms unterschrieben. Die Idee: Fluglotsen im 60 Kilometer entfernten Tower in Warschau sollen dank neuer Kameras und Sensoren rund um den Flughafen Modlin in der Lage sein, die Flugbewegungen aus der Ferne zu überwachen.

Polen ist ein wichtiger Produktionsstandort für Zulieferer aus der Luftfahrtindustrie. Zu den führenden Vertretern gehören beispielsweise die deutsche MTU Aero Engines oder das US-amerikanische Unternehmen Pratt & Whitney. 

Die meisten Unternehmen der Branche haben sich in der Organisation Aviation Valley oder im Silesian Aviation Cluster organisiert.

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.