Special | Portugal | EU-Förderung
Förderung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität
Für Portugal bietet die Förderung nach Jahren knapper Investitionsbudgets eine Modernisierungschance. Bis Mitte September 2023 erhielten die Endbegünstigten 15 Prozent der Gelder.
11.10.2023
Von Oliver Idem | Madrid
Die portugiesische Wirtschaftsleistung legt weiterhin stärker zu als der Durchschnitt der Europäischen Union (EU). Laut der EU-Kommission wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 um real 2,4 Prozent zunehmen.
Dieser Aufschwung erhält zusätzlichen Rückenwind durch die Hilfsgelder der EU. Die Regierung erwartet nach der Neuberechnung im Juni 2022 bis zum Jahr 2026 EU-Aufbauzuschüsse von 15,5 Milliarden Euro. Zu den Zuschüssen kommen unverändert weitere 2,7 Milliarden Euro, die das Land als Kredit von der EU erhält. Damit steigt der maximale Transfer aus Brüssel von 16,6 Milliarden auf 18,2 Milliarden Euro an.
Im Mai 2023 fragte die portugiesische Regierung bei der EU-Kommission wegen einer Änderung des nationalen Aufbau- und Resilienzplans an. Begründet wurde dies mit der hohen Inflationsrate des Jahres 2022 und Unterbrechungen in Lieferketten.
Die vorgeschlagenen Ergänzungen betreffen sechs Reformen und 18 Investitionsprojekte. Inhaltlich geht es um Gebäudeenergieeffizienz, erneuerbare Energien und Biogas sowie Nachhaltigkeit im Verkehrssektor. Zudem soll die Produktion von klimafreundlichen Technologien wie Windrädern, Solarmodulen und Wärmepumpen unterstützt werden.
Die angefragten Zuschüsse summieren sich auf knapp 800 Millionen Euro. Einschließlich eines Kreditwunschs von 3,2 Milliarden Euro würde sich der portugiesische Anteil an Next Generation EU von 18,2 Milliarden auf 22,2 Milliarden Euro erhöhen.
83 Einzelprojekte für das Portugal der Zukunft
Die Projekte aus der Aufbau- und Resilienzfazilität sollen Investitionslücken schließen und das Land modernisieren. Der Gesamtwert umfasst insgesamt 16,6 Milliarden Euro, also das 2021 festgelegte Budget. Aus den 83 Einzelvorhaben hat die portugiesische Regierung 20 Gruppen gebildet. Neun davon sind dem Bereich Resilienz zugeordnet. Auf diesen entfällt mit 11,1 Milliarden Euro das mit Abstand höchste Budget.
Weitere sechs Elemente gehören in die Gruppe Klimawandel. Dieses Segment ist mit 3,1 Milliarden Euro ausgestattet.
Der digitale Wandel umfasst die übrigen fünf Komponenten. Für diese stehen knapp 2,5 Milliarden Euro bereit.
Komponente | Investitionssumme |
---|---|
Unternehmerische Finanzierung und Innovation | 2.914 |
Wohnen | 2.733 |
Nationaler Gesundheitsdienst SNS | 1.383 |
Nachhaltige Mobilität | 967 |
Dekarbonisierung der Industrie | 715 |
Infrastruktur | 690 |
Unternehmen 4.0 | 650 |
Waldbrandschutz und Biomasse | 615 |
Energieeffizienz von Gebäuden | 610 |
Zahlreiche Anknüpfungspunkte für deutsche Unternehmen
Viele der 20 Komponenten des Aufbauplans werden in Kompetenzfeldern deutscher kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) umgesetzt. So umfasst die Komponente 1 die Ausrüstung dreier Krankenhäuser in Lissabon, Seixal und Sintra sowie mehrere Digitalisierungsinitiativen.
Die Komponenten 15 und 7 enthalten den Ausbau der Metronetze in Lissabon und Porto sowie den Bau einer Straßenbahn zwischen Odivelas und Loures. Im Straßenbau liegt das Augenmerk darauf, die Kapazität des Straßennetzes zu erhöhen, fehlende Verbindungsstücke zu bauen sowie grenzüberschreitende Verbindungen zu schaffen.
Zudem soll die energetische Gebäudesanierung einen kräftigen Schub durch die EU-Förderung erhalten. Der Fokus liegt auf Wohngebäuden, doch auch öffentliche Verwaltungsbauten und Gebäude aus dem Dienstleistungssektor werden von der Komponente 13 erfasst.
Einen erheblichen Bedarf an technischen Lösungen bringen die Komponenten 11, 12 und 14 mit sich. Besonders umfangreich sind die geplanten Anstrengungen für eine CO2-neutrale und wettbewerbsfähige Industrie.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf erneuerbaren Energien und Gasen. Die Initiativen aus dem Aufbauplan beziehen sich vor allem auf Wasserstoff. Zwischen Anfang Januar und Ende August 2023 stammten bereits 68 Prozent des Stroms auf dem Festland aus erneuerbaren Quellen. Damit sind die Voraussetzungen für die Produktion von grünem Wasserstoff sehr günstig. Zudem steht die Energiewende in den Inselregionen Azoren und Madeira auf dem Programm, in denen noch stärker fossile Energiequellen eingesetzt werden.
Kernziel der Komponente "nachhaltige Bioökonomie" ist die stärkere Nutzung biologischer Ressourcen und eine effiziente Verarbeitung. So sollen Nebenprodukte aus der Landwirtschaft als Werkstoffe genutzt werden. Bei den Investitionen geht es hier um die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Schuhproduktion. Diese drei Segmente repräsentieren circa zehn Prozent der Exporte des Landes.
Eine Internetseite für den umfassenden Überblick
Unter dem Stichwort "Recuperar Portugal" bündelt die portugiesische Regierung Details zum Aufbauplan auf einer zentralen Internetseite. Auch Informationen zu Ausschreibungen werden auf dieser Seite schrittweise veröffentlicht. Um keine wichtigen Neuerungen zu verpassen, kann ein Newsletter abonniert werden. Die Regierung informiert dort inzwischen detailliert über Projektfortschritte. Wöchentlich werden aktuelle Zahlen veröffentlicht. Die Umsetzung dauert planmäßig noch bis 2026.
Gesamtplan | Komponente Resilienz | Komponente Klima | Komponente Digitales | |
Gesamtbudget | 16,64 | 11,13 | 3,06 | 2,46 |
final ausbezahlt | 2,56 | 1,60 | 0,39 | 0,57 |
Durch den Vergleich der Umsetzungsquoten von September 2023 und August 2022 werden die unterschiedlichen Fortschritte deutlich. Am schnellsten kommt weiterhin die digitale Transformation voran. In diesem Bereich wurden bereits 23 Prozent (August 2022: 14 Prozent) der Mittel final ausbezahlt. Bei den für Klimaprojekte vorgesehenen Geldern konnten 13 Prozent (6 Prozent) an die Endbegünstigten transferiert werden. Die Vorhaben im Bereich Resilienz erreichten im September 2023 eine Auszahlungsquote von 14 Prozent nach 2 Prozent im August 2022.
Die grundsätzliche Planung, Steuerung und Kontrolle des Aufbauplans wurde im Mai 2021 per Gesetzesdekret festgelegt. Demnach erfolgt die politische Steuerung durch eine interministerielle Koordinierungsgruppe.
Organisatorisch gilt das Prinzip, zentral zu steuern und die Durchführung dezentral umzusetzen. Die einzelnen Komponenten sind verteilt auf Ministerien und Behörden, die sich inhaltlich mit dem jeweiligen Feld befassen.