Die meisten EU-Fördermittel könnte Bulgarien für den grünen Übergang und digitalen Wandel erhalten. Dem Geldfluss steht aber die politische Dauerkrise im Weg.
Bulgarien hat aus dem Fördertopf Aufbau- und Resilienz bisher kaum Geld abgerufen. Das südosteuropäische Land könnte daraus noch innerhalb der Deadline bis Ende des Jahres 2026 Zuschüsse für Projekte im Wert von 4,3 Milliarden Euro bekommen.
Bulgarien hat im Jahr 2023 lediglich einen Vorschuss in Höhe von 1,37 Milliarden Euro erhalten, der dafür gedacht war, Reformprozesse zu starten. Seitdem stockt die Umsetzung des bulgarischen Plans für Aufbau und Resilienz (auch bekannt als National Recovery and Resilience Plan). Denn die EU knüpft die Auszahlung der Fördergelder an bestimmte Bedingungen.
Die meisten Mittel stehen für grüne und digitale Projekte bereit
Bulgarien muss etwa Reformen innerhalb einer festgelegten Frist umsetzen. Diese Schritte fasst die EU als Meilensteine zusammen. Der bulgarische Aufbau- und Resilienzplan umfasst daher Reformen und Projekte, die sich hauptsächlich auf drei Handlungsfelder konzentrieren:
- Grünes Bulgarien: Ausbau der erneuerbaren Energien und des Stromnetzes, Liberalisierung des Strommarktes, Energieeffizienz, energetische Sanierungen, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Ladestationen für Elektroautos
- Digitales Bulgarien: Digitale Bildung und Innovationen fördern, digitale Verwaltung aufbauen
- Soziales und wirtschaftlich resilientes Bulgarien: Gerechte Löhne, Digitalisierung in Unternehmen, Pflegereform, besser Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, Aufbau einer Luftambulanz
Dabei sollen 57 Prozent der eingeplanten Fördermittel Bulgariens Wirtschaft nachhaltiger und klimafreundlicher machen. Weitere 23,1 Prozent der Mittel tragen zum digitalen Wandel bei. Um die Mittel zu erhalten, braucht das Land zunächst eine stabile Regierung, die Reformprozesse startet.
Reformziele des bulgarischen Aufbau- und Resilienzplans
- Justizreform: besserer Zugang und Wirksamkeit des Justizwesens durch Gesetzesänderung zu Verfahrensordnung, E-Justiz
- Bekämpfung von Geldwäsche und Etablierung einer nationalen Risikobewertung
- Bildungsreform: Ausbau der Kindergärten, Schulen, Hochschulen
- Verabschiedung eines Plans zum Kohleausstieg
- Liberalisierung des Strommarkts
Politische Krise verschärft den Reformstau
"Bulgarien riskiert es, mehrere Milliarden Euro an Fördergeldern zu verlieren", sagte die damalige geschäftsführende Finanzministerin Ljudmila Petkowa bei einer Pressekonferenz am 27. September 2024.
Dies liegt an der dauerhaften politischen Krise im Land. Am 27. Oktober 2024 fand die siebte Parlamentswahl innerhalb von drei Jahren statt. Aber die Mehrheitsverhältnisse bleiben brüchig. Auch dem neuen Parlament, der bulgarischen Nationalversammlung, gelingt es nicht, eine stabile Regierung aufzustellen und Reformen im Justizwesen oder das Antikorruptionsgesetz zu verabschieden.
Laut dem aktuellen Semesterbericht der Europäischen Kommission vom Juni 2024 sind 53 Prozent der Investoren nicht davon überzeugt, dass Investitionen im Land durch Gesetze und Gerichte geschützt sind.
Bulgarien benötigt Plan für Energiesicherheit
Zudem fehlt der Plan für das im Jahr 2022 zusätzlich eingeführte Kapitel RePowerEU. Damit verspricht die EU zusätzliche Mittel in Höhe von 480 Millionen Euro für Projekte im Bereich Energiesicherheit. Um diese Fördergelder zu erhalten, muss Bulgarien einen Plan vorlegen und aufzeigen, wie es seine Versorgung mit Energie absichert, breiter aufstellt und künftig unabhängiger von fossilen Quellen machen will. Mit RePowerEU stellt die EU Fördermittel für Investitionen bereit, die dabei helfen, die Abhängigkeit der EU von russischen Energiequellen zu verringern und die Energieversorgung nachhaltiger und diverser aufzustellen.
Bulgarien bezieht seit April 2022 kein Erdgas mehr aus Russland. Jedoch belieferte Russland Bulgarien noch bis März 2024 mit Erdöl. Dies erlaubte eine Ausnahmegenehmigung von den EU-Sanktionen gegen Russland, die im Oktober 2024 ausgelaufen ist. Bulgarien bezieht stattdessen Erdöl aus Kasachstan.
Bulgariens EU-Ministerium informiert über offene Ausschreibungen
Künftige Ausschreibungen für lokale Förderprogramme aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finden interessierte Unternehmen auf dem Informationsportal des Ministeriums für Management und Monitoring der EU-Fonds, EUMIS.
Von Dominik Vorhölter