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Kenias Energiesektor setzt auf Geothermie

Die Investitionen in Kenias Stromversorgung dürften deutlich steigen. Neben Erzeugung und Verteilung steigt nun auch der Bedarf an Lösungen zur Speicherung. 

Von Carsten Ehlers | Nairobi

Die Internationale Energieagentur prognostiziert für Kenia eine Zunahme der Stromnachfrage von rund 5,7 Prozent pro Jahr zwischen 2024 und 2026. Der steigende Bedarf ist zum einen auf das Bevölkerungswachstum von jährlich rund 1,2 Millionen Menschen zurückzuführen. Aber auch die Wirtschaft, die durchschnittlich um 5 Prozent pro Jahr wächst, benötigt mehr Strom. Die ländliche Elektrifizierung Kenias wird die Nachfrage zusätzlich erhöhen, auch wenn die derzeitige Abdeckung mit über 70 Prozent der Bevölkerung im afrikanischen Vergleich hoch ist. Ein wesentliches Hemmnis für Investitionen ist jedoch die hohe Staatsverschuldung.

Dezentrale Lösungen gefragt

Umso interessanter ist daher der Markt für netzunabhängige Lösungen, der in Kenia angesichts steigender Kosten für Netzstrom und regelmäßiger Stromausfälle Absatzmöglichkeiten bietet. Potenzielle Kunden beispielsweise für Solaranlagen sind Einkaufszentren, größere Wohnanlagen, Blumenfarmen, Lodges und die Industrie. Deutsche Unternehmen können in Kenia als Zulieferer, Projektentwickler und technische Berater tätig werden.

Mit einer Gesamtkapazität von über 400 Megawatt ist die Eigenversorgung inzwischen ein bedeutender Zweig, auch wenn der Markt nicht mehr so schnell wachsen dürfte, da in den letzten zehn Jahren bereits viel investiert wurde. Auch die Margen sind geringer, da die Konkurrenz unter den Anbietern groß ist. Die Kunden in Kenia erwarten Gesamtlösungen.

Auch für deutsche Unternehmen ist der Sektor der Eigenversorgung interessant. Insbesondere Unternehmen, die eine Finanzierung anbieten können, haben einen Marktvorteil in Kenia.

Hanna Dittmeyer Leiterin des Kompetenzzentrums Energie, Umwelt und Nachhaltiges Wirtschaften an der AHK Ostafrika in Nairobi.

Investitionen in Netzausbau erforderlich

In Kenia muss das Übertragungsnetz dringend ausgebaut werden. Ende 2023 kam es zu kontrollierten Stromabschaltungen unter anderem aufgrund überlasteter alter Leitungen. Zuständig ist der staatliche Monopolist Kenya Electricity Transmissions Corporation (KETRACO). Eine Teilprivatisierung des Übertragungsbereichs wird immer wieder diskutiert, von Experten aktuell aber als unwahrscheinlich eingeschätzt. Eher dürften westliche Geber KETRACO in den kommenden Jahren finanziell unterstützen.

Investiert wird auch in grenzüberschreitende Leitungen. Die Stromimporte haben sich im vergangenen Jahr fast verdreifacht, vor allem durch die seit dem Jahr 2023 fertige Hochspannungsleitung aus Äthiopien. Eine weitere Leitung nach Tansania soll noch im 1. Halbjahr 2024 eingeweiht werden.

Geothermie wird weiter ausgebaut – Wasserkraft verliert

Auch in die Stromerzeugung wird investiert. Zwar liegt die installierte mit dem Netz verbundene Kapazität Kenias bei inzwischen über 3.300 Megawatt (2023) und damit über der Spitzennachfrage von rund 2.300 Megawatt, aber tatsächlich verfügbar ist deutlich weniger. Das liegt auch an den Produktionsschwankungen von Solar-, Wind- und Wasserkraftwerken. Während der Dürre im vergangenen Jahr sank insbesondere die Stromerzeugung der Dämme.

In Sachen grüne Energie ist Kenia Vorreiter: Je nach Nutzung der thermischen Kraftwerke, die nur im "Notfall" angeschaltet werden, werden ansonsten fast ausschließlich erneuerbare Energieträger genutzt. Geothermie ist im Energiemix Kenias der Energieträger Nummer 1 und soll weiter ausgebaut werden. Aktuell liegt die Erzeugungskapazität bei 892 Megawatt, womit Kenia zu den großen Nutzern von Geothermie weltweit zählt.   

Durch seinen "grünen" Energiemix eignet sich Kenia sehr gut für die Herstellung von grünem Wasserstoff.  Wir unterstützen die kenianische Regierung dabei, jetzt die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen und Kapazitäten aufzubauen. Dann könnte der Sektor in einigen Jahren sein großes Potenzial entfalten und ein wichtiger Baustein in einer grünen industriellen Entwicklung sein.

Hanna Salian Leiterin des Energie-Programms bei der GIZ in Nairobi

Das Geothermiepotenzial im kenianischen Teil des Großen Afrikanischen Grabenbruchs (Rift Valley) wird auf etwa 10.000 Megawatt geschätzt. Bohrungen finden vor allem in Olkaria statt, aber auch in Eburru, Menengai, Paka und Baringo. Größter Geothermieproduzent ist der mehrheitlich staatliche Erzeuger Kenya Electricity Generating Company (KenGen), der mit finanzieller Hilfe der deutschen KfW sein Kraftwerk Olkaria modernisiert und ausbaut.

Das Olkaria-Projekt gehört zu den von der EU besonders hervorgehobenen Global-Gateway-Projekten, die Germany Trade & Invest auf ihrer Sonderseite näher beleuchtet. Die Technologie kommt vom japanischen Unternehmen Toshiba. 

Deutsche Regierung unterstützt beim Aufbau von grünem Wasserstoff

Die deutsche Bundesregierung ist einer der aktivsten Förderer der Produktion von grünem Wasserstoff in Kenia. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bindet über das Projektentwicklungsprogramm (PEP) der Exportinitiative Energie deutsche Unternehmen bei grünen Wasserstoffprojekten ein. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und das Auswärtige Amt engagieren sich beim Aufbau einer grüne Wasserstoffwirtschaft in Kenia. Erst im Mai 2024 wurde das H2-Diplo Büro der GIZ als zentrale Anlaufstelle für die Aktivitäten bei grünem Wasserstoff eröffnet.

Solarparks sollen mit Energiespeicherung ausgestattet werden

Private Betreiber (Independent Power Producers; IPP) und der Staat investieren nicht nur im Geothermiesektor, sondern auch in Wind- und Solarenergie sowie in kleinere Wasserkraftwerke. Aufgrund der hohen Schwankungen bei der Erzeugung sollen auf Wunsch der Regierung insbesondere die Solarfarmen mit einer gewissen Ladekapazität ausgestattet werden, um den Strom für die Spitzennachfrage zu speichern. Globeleq, das den Solarpark in Malindi betreibt, ist dabei, in eine Batterieanlage zu investieren.

IPPs bekommen vom Stromversorger Kenya Power & Lightning Corporation (KPLC) nicht mehr so großzügige Stromlieferkonditionen, wie noch vor einigen Jahren. Auktionsverfahren sollen für die Bestimmung des Abnahmepreises vermehrt eingeführt werden. Auch eine Bezahlung des Stroms in Kenianischen Shillingen anstelle von Auslandswährung ist im Gespräch. Nicht wenige Experten glauben, dass diese Änderungen potenzielle Privatinvestoren abschrecken könnten.

Ausgewählte Großprojekte in Kenias Energiesektor
ProjektbezeichnungDetailsProjektstand 
Erweiterung Olkaria I, IV & II (Block 3)Investitionssumme 45 Millionen EuroDas technische Angebot des OEM Toshiba wird im Juni 2024 erwartet
KenGen Windpark (1000 Megawatt) in MarsabitPhase I: 200 MegawattBaubeginn für 2026 geplant. Finanzierung möglicherweise durch AFD
Menengai Geothermie-ProjektIPP, drei Konzessionen für je 35 Megawatt gingen an Sosian, Globeleq und OrmatSosian ging 2023 ans Netz. Globeleq baut seine Anlage, nachdem Ende 2023 die Finanzierung gesichert wurde. Sie soll 2025 ans Netz gehen. Ormat hat die Finanzierung noch nicht gesichert
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen 2024

Kenia Power erhält mehr Geld und besseres Management

Verbessert werden soll der Zustand von KPLC unter anderem mit Hilfe einer leistungsbasierten Unterstützung seitens der Weltbank in Höhe von 300 Millionen US-Dollar (US$). Von der AfDB erwartet Kenia weitere 150 Millionen US$ im Rahmen des "Last Mile Connectivity" Projekts, das seit 2015 durchgeführt wird. Zudem wurden seit dem Jahr 2023 die Strompreise seitens des Regulierers EPRA deutlich erhöht.

Zuletzt wurde das marode Staatsunternehmen immer mehr zu einem Hemmschuh für die Entwicklung des Stromsektors. KPLC leidet unter politisch bedingt niedrigen Strompreisen sowie unter zu schlechten Konditionen abgeschlossenen Stromabnahmeverträgen mit diversen IPP. KPLC ist daher nur bedingt in der Lage, selber zu investieren und seine Rechnungen pünktlich zu bezahlen.

Unter anderem soll die Managementkompetenz durch Expertise aus der Privatwirtschaft erhöht werden. KPLC verzeichnete in den vergangenen Jahren ein hohes Kundenwachstum - von etwa 1,8 Millionen Anschlüssen im Jahr 2011 auf 9,2 Millionen im Jahr 2023.

Kontaktadressen
BezeichnungAnmerkungen
Germany Trade & Invest (GTAI)Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft
AHK OstafrikaAnlaufstelle für deutsche Unternehmen
Exportinitiative EnergiePortal der Exportinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz
Ministry of EnergyEnergieministerium
Energy & Petroleum Regulatory AuthorityRegulierer des Stromsektors
Geothermal Development Company (GDC)Staatliche Organisation, die den Geothermie-Sektor weiter entwickelt; vergibt auch IPP
Kenya Power & Lighting Corporation (KPLC)Stromversorger
Kenya Electricity Generating Company PLC (KenGen)Staatlicher Stromerzeuger
Kenya Electricity Transmissions Corporation (KETRACO)Staatlicher Betreiber des Übertragungsnetzes
Rural Electrification & Renewable Energy Corporation (REREC)Staatliche Stelle für ländliche Elektrifizierung und Erneuerbare Energie

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