Wirtschaftsausblick | Ruanda
Politische Stabilität fördert dynamisches Wirtschaftswachstum
Ruandas Regierung setzt auch in Zukunft auf Wirtschaftswachstum. Die Konjunkturaussichten sind gut. Für deutsche Unternehmen gibt es mehrere Gründe, sich mit dem Land zu befassen.
16.01.2025
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Top Thema: Regierung hat ehrgeizige Ziele
Mitte Juli 2024 gewann der seit 2000 regierende Präsident Paul Kagame von der Rwandan Patriotic Front (RPF) die Präsidentschaftswahlen in Ruanda. Für die nächsten fünf Jahre hat sich die Regierung ambitionierte wirtschaftliche Ziele gesetzt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll bis 2029 um durchschnittlich 9,3 Prozent pro Jahr wachsen. Zu den Sektoren, die die Regierung als besonders wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung ansieht, gehören die Landwirtschaft, insbesondere die Produktion von exportfähigen Cash Crops, erneuerbare Energien, die verarbeitende Industrie sowie Bergbau und Tourismus. Das geht aus der National Strategy for Transformation (NST2) hervor.
Kagame hat der wirtschaftlichen Entwicklung stets große Bedeutung beigemessen, da sie zur Stabilisierung des Landes beiträgt. Er hat für ein gutes Geschäftsklima gesorgt, in dem zum Beispiel Korruption kaum noch eine Rolle spielt. Die aktuelle politische Stabilität ist ein wichtiger Pluspunkt für Unternehmen.
Die Stabilität wird jedoch auch durch eine repressive Politik erkauft. Unter anderem kritisiert die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Ruanda wegen Menschenrechtsverletzungen und Demokratieverstößen. Ursache für das staatliche Streben nach Kontrolle sind vor allem die traumatischen Erfahrungen des Genozids im Jahr 1994, in dessen Folge soziale und ethnische Spannungen latent weiterbestehen.
Wirtschaftsentwicklung: Hohe Dynamik, aber Importe bleiben teuer
Unternehmen dürfen im Jahr 2025 mit einem dynamischen Wirtschaftsumfeld rechnen. Die von Economist Intelligence Unit (EIU) prognostizierten 6,7 Prozent Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen zwar deutlich unter den hohen Steigerungsraten der vergangenen Jahre. Im regionalen Vergleich aber bleibt Ruanda einer der am schnellsten wachsenden Märkte. Als Absatzmarkt innerhalb der Region Ostafrika macht das kleine Land zunehmend auf sich aufmerksam.
Damit gelingt es dem abgelegenen und mit unter 15 Millionen Einwohnern kleinen Land, sehr viel aus seiner nicht gerade vorteilhaften geografischen Lage zu machen. Noch zu wenig profitiert indes die überwiegend in ärmlichen Verhältnissen lebende Bevölkerung vom wirtschaftlichen Wachstum. Der Konsum bleibt überschaubar. Das verdeutlicht auch das niedrige Niveau des Einzelhandels, der fast ausschließlich aus kleineren lokalen Geschäften besteht.
Zu den Wachstumssektoren zählt vor allem der Bausektor, sowohl der stark geberfinanzierte Infrastrukturbau als auch der private Hochbau. Gerade die Erweiterung des Strom- und Straßennetzes sowie der Bau des neuen Hauptstadtflughafens Bugasera (etwa 40 Kilometer südlich von Kigali) sorgen für Aufträge. Darüber hinaus wachsen Bergbau (Kassiterit, Koltan und Wolfram) und Tourismus (Safaris und Konferenzen). Ruanda bewirbt sich aktuell um die Austragung eines Formel 1-Rennens.
GTAI-Informationen zu Ruanda
- Wirtschaftsstandort Ruanda: Was kennzeichnet den Standort? (Vor- und Nachteile sowie Chancen und Risiken)
- Wirtschaftsdaten kompakt: alle wichtigen wirtschaftlichen Kennzahlen auf einen Blick
- Branchenbericht Wasser
- Branchenbericht Energie
- Branchenbericht Bau
- Branchenbericht Landwirtschaft
- Aktuelle geberfinanzierte Projekte: GTAI-Länderseite Ruanda, Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte"
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich zuletzt etwas verbessert, nachdem die Inflation im Jahr 2024 deutlich gesunken ist. Für das Jahr 2025 wird mit einer Teuerungsrate von um die 5 Prozent gerechnet. Zweistellige Inflationsraten in den Jahren 2022 und 2023 sorgten für ein schwieriges Geschäftsumfeld.
Um die Inflation einzudämmen, hob die Zentralbank den Leitzins bis auf 7,5 Prozent an. Inzwischen reagierte sie auf die entschärfte Situation und senkte den Zins auf aktuell 6,5 Prozent. Eine Erhöhung erscheint für 2025 aktuell unwahrscheinlich, was Unternehmen die Kreditaufnahme bei lokalen Banken und damit auch Investitionen tendenziell erleichtert.
Weiter unter Druck steht die ruandische Währung Rwanda Franc (RWF) aufgrund des chronischen Leistungsbilanzdefizits. Mit einer weiteren stetigen Abwertung wird auch 2025 gerechnet, sodass deutsche Produkte, die es ohnehin schwer haben mit der Billigkonkurrenz aus Asien, sich tendenziell weiter verteuern. Auch sind in Ruanda aktuell Devisen nicht immer einfach zu bekommen.
Generell ist der Überseehandel mit Ruanda aufgrund des aufwendigen Landtransports über fast 1.500 Kilometer vom tansanischen Hafen Daressalam teuer. Erschwerend kommt hinzu, dass fast alle Schiffe aus Europa den Suezkanal meiden und den langen Umweg über Südafrika nehmen. Grund hierfür sind die Attacken der von Jemen aus operierenden Huthi-Milizen auf Frachtschiffe seit Ende des Jahres 2023.
Deutsche Perspektive: IT-basierte Dienstleister kommen ins Land
Das gute wirtschaftliche Umfeld lockt auch deutsche Unternehmen nach Ruanda. Von Interesse sind insbesondere IT-basierte Dienstleistungen. "Da wir in Ruanda nicht so viele natürliche Ressourcen haben, müssen wir uns darauf konzentrieren, Dienstleistungen anzubieten und Know-how zu schaffen", sagt Isabelle Bucyeyeneza, Managing Director von TestSolutions Rwanda, einem deutschen IT-Unternehmen, das im Jahr 2023 in Kigali eine Niederlassung gegründet hat.
Der geringe Zeitunterschied zu Europa und die Verfügbarkeit junger Fachkräfte im Technologiebereich machen Ruanda zu einem interessanten Investitionsstandort. Deutsche Softwarefirmen wie Rohde & Schwarz, MaibornWolff und Amalitech haben sich ebenfalls in Ruanda angesiedelt. Öffentlichkeitswirksam waren zudem die Ansiedlungen von Volkswagen mit einer kleineren Montage sowie BioNtech, das seit Ende 2023 eine Impfstoffproduktion in Kigali aufbaut.
Deutsche Produkte haben in Ruanda einen begrenzten Markt, weil günstige asiatische Produkte dominieren. Im Jahr 2024 dürften die deutschen Exporte einen Wert von über 60 Millionen Euro erreicht haben mit guten Aussichten für eine Steigerung im Jahr 2025. Gleichwohl ist der Markt von überschaubarer Größe und wird von diversen deutschen Unternehmen aus der Distanz bedient, oft aus Nairobi (Kenia), wo viele deutsche Unternehmen eine Ostafrika-Vertriebsniederlassung betreiben.