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Branche kompakt | Rumänien | Nahrungsmittel

Nahrungsmittelverarbeitung benötigt mehr Investitionen

Rumänien ist ein attraktiver Standort für Exporteure von Lebensmitteln. Die regionale Produktion ist ausbaufähig und im Handel dominieren ausländische Supermarktketten. 

Von Dominik Vorhölter | Bukarest

  • Markttrends

    Die europäische Lebensmittelindustrie setzt in Rumänien jährlich rund vier Milliarden Euro um. Deutsche Produzenten gehören zu den größten Wettbewerbern. 

    Internationale Ketten dominieren den Markt

    Zu Beginn der Coronakrise waren die Lieferketten in den Supermärkten Rumäniens verzögert. Pro Jahr importiert Rumänien etwa ein Viertel seines Bedarfs an Milch und Milchprodukten sowie drei Viertel seines Bedarfs an Fleisch. Entsprechend anfällig reagiert das Land auf Störungen in der Lieferkette. Eine vollständige Unterbrechung der Lebensmittel-Lieferungen gab es 2020 zwar nicht, denn Rumänien bezieht sie größtenteils aus Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Ungarn. Die Grenzen blieben für Warenlieferungen, trotz strenger Hygieneregeln und mehr Kontrollen, geöffnet. Die neuen Regeln führten dennoch zu Verzögerungen. So hat die Coronakrise gezeigt, wie abhängig Rumäniens Versorgung vom Ausland ist. Der Wert der Importe beziffert das Nationale Statistikinstitut (NSI) mit jährlich 4 Milliarden Euro.

    "Wir haben 2020 eine Chance verpasst, um in unsere Betriebe zu investieren und die Wettbewerbsfähigkeit unserer eigenen Produkte zu erhöhen", sagt Dorin Cojocaru, Präsident des rumänischen Arbeitgeberverbandes der Milchwirtschaft. Er wirbt für mehr Wertschöpfung in der rumänischen Lebensmittelindustrie und sieht eine große Chance für ausländische Unternehmen, sich daran zu beteiligen. Die Lebensmittelindustrie in Rumänien könnte mithilfe massiver Investitionen künftig jährlich rund 20 Milliarden Euro erwirtschaften. Die rumänische Regierung versucht mit Auflagen des Einzelhandels den Importanteil im Segment zu verringern. So gilt seit 2017 die Regelung, dass mindestens 51 Prozent der verkauften Lebensmittel in den Supermärkten von lokalen Produzenten stammen. 

    Das Potenzial: Fleischproduktion verdreifachen

    Rumäniens Lebensmittelindustrie erwirtschaftet jährlich rund 10 Milliarden Euro. Vor allem bei der Produktion von Obst, Gemüse und Milchprodukten gibt es noch ausreichend Potenzial, um diese Lebensmittel selbst zu verarbeiten. "In der Fleischproduktion müssen wir den Ausstoß verdreifachen, um nicht mehr von Importen abhängig zu sein", sagt Andrei Soare, General Manager von Fatrom, dem größten rumänischen Hersteller von Futtermitteln. Die Fleischimporte beliefen sich im Jahr 2020 auf 911 Millionen Euro und waren damit viermal höher als die Exporte, berichtete das Nationale Institut für Statistik (INS). 

    Auch bei im größten Teilsegment der rumänischen Lebensmittelindustrie, Brot- und Backwaren, gibt es Investitionsbedarf. Rumäniens Brot- und Gebäckindustrie importiert jährlich rund 800.000 Tonnen Teig. Die Unternehmen brauchen mehr heimische Verarbeiter des Rohstoffs Getreides, von dem Rumänien europaweit am meisten produziert.

    Umsatzentwicklung wichtiger Sparten in Rumänien (in Mio. Euro)

    2016

    2017

    2018

    2019

    2020

    Gesamt

    9.564

    9.926

    10.320

    10.490

    10.516

     Fleischindustrie

    2.899

    3.114

    3.273

    k.A.

    k.A.

     Brot und Gebäck

    1.740

    1.826

    1.993

    k.A.

    k.A.

     Milchindustrie

    496

    524

    562

    k.A.

    k.A,

    Quelle: Eurostat (14.09.21)

    Inflation bremst Wachstum

    Der Umsatz mit Lebensmitteln im Einzelhandel wuchs 2020 gegenüber dem Vorjahr um 7 Prozent, berichtet das INS. In diesem Jahr wird sich das Wachstum voraussichtlich leicht verlangsamen, weil sich die Lebensmittel innerhalb der vergangenen acht Monate um rund 3 Prozent verteuert haben. Der Grund dafür ist die Inflation. Die Teuerung der Lebensmittel auf dem Weltmarkt stieg im August 2021 gegenüber dem Vorjahresmonat um rund 30 Prozent, berichtete die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), die den globalen Nahrungsmittelpreisindex berechnet. 

    Auch die durchschnittlichen Energiepreise haben in Rumänien im Juli 2021 gegenüber dem Vorjahresmonat um 30 Prozent angezogen. Dieser Trend hält sich. Lebensmittelhändler müssen die Transportkosten und höheren Bezugspreise entsprechend einpreisen. Die Lebensmittelpreise werden in diesem Jahr weiter steigen, voraussichtlich um zehn bis zwölf Prozent, prognostiziert der Nationale Verband der Lebensmittelindustrie. Diese Wachstumsrate entspricht der durchschnittlichen jährlichen Lohnwachstumsrate. Die Verbraucher greifen für Lebensmittel tiefer in die Tasche. 

    Ausgewählte Projekte der rumänischen Lebensmittelindustrie

    Projekt

    Wert

    in Mio. Euro

    Stand

    Investor

    Lidas in Tulcea: Ausbau der Brotproduktion in neuer Produktionsstätte

    47

    Umsetzung ab 2021; Investition soll auch mit Staatshilfe finanziert werden.

    Lidas

    Oltina: Ausbau der Brotproduktion

    20

    Finanzierung über Kredit

    Oltina

    Transavia: Erweiterung der Geflügelproduktion

    15 bis 20 

    Aktuelle jährliche Produktion: 90.000 Tonnen - Ziel: 100.000 Tonnen

    Transavia

    Vel Pitar: Erweiterung der Brot- und Backwarenproduktion in Iasi

    8,8

    Investition soll zum Teil mit EU-Fördermitteln (knapp 2 Mio. Euro) durchgeführt werden; Umsetzung: 2021

    Vel Pitar

    Artesana: Bau einer Molkerei im Kreis Galati

    5

    Investition läuft; Förderung über Private Equity, Kredite, staatlichen Zuschuss; Ziel: die Produktion um das Vierfache, auf 40 Tonnen Milch, zu steigern

    Artesana 

    Ferma cu Omenie: Bau einer Molkerei in Ocna Mures im Kreis Alba

    4,5

    Außerdem Investitionen in Logistik und Digitalisierung

    Delaferma

    Sam Dor Divers: Übernahme der Fleischbearbeitungsstätte Integra in Chitila im Kreis Ilfov

    4 bis 5

    -

    Sam Dor Divers 

    Vascar: Modernisierung der Fleischbearbeitung 

    3

    Umsetzung für 2021 geplant

    Vascar

    Dobrogea Grup: Investionen in Verpackungsmaschinen

    2

    Erweiterung des Sortiments

    Dobrogea Grup

    Albrau: Verdopplung der Abfüllungskapazität für Bier in Onesti, im Kreis Bacau

    1,8

    Bierproduktion auch für Eigenmarken von Kaufland, Metro, Mega Image

    Albrau

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Pressemeldungen, September 2021

    Aus dem europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums stehen noch bis 2022 Fördermittel aus der vergangenen Förderperiode 2014 bis 2020 zur Verfügung. Daraus können kleine und mittlere Unternehmen der Lebensmittelindustrie bis zu 1 Million Euro erhalten, große Unternehmen bis zu 1,5 Millionen. Das Geld kann ausgegeben werden für Investitionen in Produktionsanlagen, für den Bau und die Modernisierung von Produktionsgebäuden, für Fahrzeuge und für Lagerhallen und Vermarktungsgebäude. 

    Von Dominik Vorhölter | Bukarest

  • Branchenstruktur

    Die rumänische Lebensmittelindustrie benötigt mehr Investitionen in Maschinen und Anlagen, um die Wertschöpfung in der Herstellung von Nahrungsmitteln zu erhöhen. 

    In Rumänien gab es laut Eurostat im Jahr 2019 etwa 9.250 Hersteller von Nahrungsmitteln. Dies entsprach einem Anteil von gut 18 Prozent am gesamten verarbeitenden Gewerbe. Die größte Sparte der Lebensmittelindustrie ist die Produktion von Back- und Teigwaren, gefolgt von der Fleischverarbeitung und der Verarbeitung von Früchten und Gemüse. Dieses Segment ist in den vergangenen drei Jahren kontinuierlich gewachsen.

    Rumänen importieren drei Viertel ihres Fleischbedarfs 

    Die Lebensmittelindustrie verbuchte vor der Coronakrise im Jahr 2019 einen Umsatz von rund 10,4 Milliarden Euro und steht damit für 10,4 Prozent des gesamten Umsatzes der verarbeitenden Industrie. Rumänien produziert aber nur gut ein Drittel seiner Lebensmittel selbst. Rund ein Viertel des Milchbedarfs und drei Viertel des Fleischbedarfs decken die Rumänen durch Einfuhren aus dem Ausland. Die meisten Lebensmittel kommen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Ungarn. 

    Rumänen mögen Schweinefleisch am liebsten

    Die Entwicklung der Nahrungsmittelindustrie ist eng mit den Vorlieben der Rumänen verknüpft. Pro Kopf konsumieren die Rumänen jährlich 96 Kilogramm Brot und Backwaren und 66 Kilogramm Fleisch pro Person und pro Jahr. Davon kaufen die Verbraucher am meisten Schweinefleisch, nämlich jährlich 33 Kilogramm pro Kopf. Weniger beliebt ist dagegen Schafs- und Lammfleisch. Von Brot- und Backwaren essen die Kunden am liebsten Weißbrot oder Baguette. Es gibt aber auch einen wachsenden Markt für Brot aus dunklerem Mehl und für Schwarzbrot. Obwohl Rumänien zu den EU-weit größten Produzenten von Weizen zählt, steigen die Importe von Backwaren und tiefgefrorenem Teig.  

    Überblick der Lebensmittelbranche in Rumänen
    Indikator

    Jahr 2020

    Einwohner (Millionen)

    19,2

    Anteil der Ausgaben für Nahrungsmittel am verfügbaren Geldeinkommen (in Prozent)

    18,6

    Anteil der Nahrungsmittelverarbeitung am Produktionswert der verarbeitenden Industrie (in Prozent)

    9,3

    Quelle: Eurostat, Nationales Statistikinstitut Rumäniens (INS) (08.03.21)

    Rumänien ist Nettoexporteur von Getreide und lebenden Tieren. Ein Exportmarkt für weiterverarbeitete Nahrungsmittel ist kaum vorhanden. Zunehmend modernisieren die Betriebe in der Nahrungsmittelindustrie ihre Anlagen und konzentrieren sich auf das Exportgeschäft. Am besten funktioniert dies bisher bei Produkten wie Wein oder Honig.

    Viele lokale Produzenten sind zu klein für Supermarktketten

    Die größten Supermarktketten im Land kommen aus Deutschland (Lidl, Kaufland), Frankreich (Auchan, Carrefour) und Belgien (Mega Image). Alle führen Eigenmarken im Sortiment, die zum Teil rumänische Partner produzieren. Denen fällt es allerdings oft schwer, die Mengenanforderungen zu liefern, weil sie zum Teil zu wenig landwirtschaftliche Flächen besitzen oder schlecht ausgerüstet sind. In Rumänien sind laut Europäischer Kommission 93 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Flächen in Besitz von Kleinbauern, die jeweils nicht mehr als fünf Hektar und landesweit im Schnitt nur 3,4 Hektar besitzen. Große Supermarktketten lassen daher die Lebensmittel für ihre Eigenmarken gleich im europäischen Ausland produzieren und verarbeiten.

    Wichtige Unternehmen der rumänischen Lebensmittelindustrie

    Unternehmen 

    Umsatz im Jahr 2020 (in Mio. Euro)*)

    Sparte

    Bunge Romania

    401

    Speiseöl
    Smithfield Romania

    270

    Fleisch
    Transavia

    170

    Fleisch

    Albalact

    163

    Milch

    Danone Romania

    131

    Milch

    Vel Pitar

    116

    Brot

    Olympus

    110

    Milch

    Hochland Romania

    102

    Milch

    *) Euro-Referenzkurs des Jahres 2020: 1 Euro = 4,8383 rumänischer Lei (RON) (Europäische Zentralbank 2020)Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Pressemeldungen, September 2021

    Von Dominik Vorhölter | Bukarest

  • Rahmenbedingungen

    Auf dem Markt gelten das Einfuhrregime, Standards und Normen der Europäischen Union.

    Zoll- und Importbestimmungen ändern sich nur für Waren aus Drittländern.
    Rumänien ist seit 2007 Mitglied der Europäischen Union und hat seitdem den Zollkodex der EU übernommen. Demnach unterliegen Einfuhren aus Drittländern einer Verzollung nach dem EU-Tarif TARIC. Einen Überblick über tarifäre und nicht-tarifäre Maßnahmen sowie Klassifizierungen bietet die rumänische Generalzolldirektion. Sie ist die zuständige nationale Stelle für Zölle und Einfuhrverfahren. Auskünfte über technische Standards und Normen gibt das nationale Normungsgremium ASRO.

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union (EU) sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa Deutsches Institut für Normung e.V.).

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht zur Verfügung sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Dominik Vorhölter | Bukarest

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Rumänien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Landwirtschaftsministerium Rumäniens

    Gesetzgeber für die Lebensmittelindustrie

    Assoziation der Milchverarbeitenden Betriebe, APRIL

    Interessensvertretung der Milchindustrie

    Romalimenta

    Interessensvertretung der Lebensmittelproduzenten

    Rompan

    Interessensvertretung der Backwarenindustrie

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