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Rechtsbericht | Rumänien | Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Das rumänische Arbeitsgesetzbuch regelt die Grundlagen für die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse.

Von Christian Weident | Bukarest

Die folgenden Angaben stellen eine Erstinformation zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Rechtspraxis dar. Germany Trade & Invest bietet keine weiterführende Rechtsberatung hinsichtlich der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen oder arbeitsrechtlicher Einzelfälle an.

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick

Vergütung: durch Individualarbeitsverträge geregelt, wobei der gesetzliche Mindestlohn nicht unterschritten werden darf (Art. 164 ArbGB)

Mindestlohn: Das Gehalt eines Arbeitnehmers darf seit dem 01.01.2022 nur maximal 24 Monate dem gesetzlichen Mindestlohn entsprechen (Art. 164 Abs. 21 ArbGB). Die Dringlichkeitsverordnung 93/2023 regelt abweichende Mindestgehälter: (i) für die Baubranche (Art. 1): 4.582,- RON; (ii) für die Landwirtschafts- und Lebensmittelbranche 3.436,- RON.


Arbeitsstunden pro Woche: 40 Stunden pro Woche, 8 Stunden pro Tag (Art. 112 Abs. 1 ArbGB)

Zulässige Überstunden: 8 Stunden pro Woche (Art. 114 Abs. 1 ArbGB) Abweichungen sind möglich, wenn die maximale Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche innerhalb von vier Monaten nicht überschritten wird (Art. 114 Abs. 2 ArbGB). Bei Teilzeit sind Überstunden gesetzlich verboten. 

Bezahlte Feiertage: 17 Tage (Art. 139 Abs. 1 ArbGB)

Bezahlte Urlaubstage: mindestens 20 Arbeitstage; zusätzlich maximal fünf Tage für die Pflege von Angehörigen (Art. 145 Abs. 1 ArbGB)

Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt): Nicht gesetzlich geregelt; Eventuell 13. Gehalt in Form eines Bonus. Der Bonus wird erfolgsabhängig gewährt

Tage mit bezahltem Arbeitsausfall: vergütete freie Tage bei besonderen familiären Ereignissen wie Hochzeit oder Todesfall möglich (Art. 152 ArbGB); diese werden per Tarifvertrag oder Betriebsordnung festgelegt. 

Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: die ersten 5 Arbeitstage durch den Arbeitgeber; restliche Tage werden vom Krankenversicherungsfonds übernommen (Dringlichkeitsverordnung 158/2005, Art. 12)

Probezeit: maximal 90 Kalendertage bei unbefristeten Verträgen, bei Führungskräften maximal 120 Kalendertage (Art. 31 Abs. 1). Bei befristeten Arbeitsverträgen maximal (i) 5 Arbeitstage bei Vertragsdauer unter 3 Monaten,  (ii) 15 Arbeitstage bei Vertragsdauer von 3 bis 6 Monaten, (ii) 30 Arbeitstage bei Vertragsdauer von über 6 Monaten (Art. 85 ArbGB).

Quelle: Codul Muncii, Stand: 2024

Rechtsgrundlagen

Die arbeitsrechtlichen Grundlagen zur Regelung der Arbeitsverhältnisse, für die Abschließung und die Auflösung von Arbeitsverhältnissen, basieren vor allem auf dem rumänischen Arbeitsgesetzbuch (ArbGB) (Codul Muncii) von 2003. Es wird seit seiner Veröffentlichung jährlich mehrfach, teils auch umfassend, geändert und ergänzt. 

Darüber hinaus beinhaltet das Gesetz über den Sozialdialog (rumänisch: Legea Nr. 367/2022 a dialogului social) die relevanten Regelungen für das kollektive Arbeitsrecht. So enthält es Detailbestimmungen über die Bildung, Organisation und Funktionsweise von Gewerkschaften, die Wahl und die Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretern, die Verhandlung und Durchführung von Tarifverträgen sowie den Arbeitskampf. Eine Gewerkschaft kann von mindestens 10 Personen, die bei demselben Unternehmen angestellt sind, alternativ von mindestens 20 Personen, die bei verschiedenen Unternehmen aus demselben Wirtschaftssektor angestellt sind, gegründet werden (Art. 3 Abs. 3 Sozialdialog- Gesetz).

Kurzarbeit und Telearbeit

Die Regierung hat zu Beginn des Jahres 2021, bedingt durch die Covidpandemie, die Regeln für Kurzarbeit in die Arbeitsgesetzgebung übernommen. Nach dem Abklingen der Pandemie wurden diese beibehalten, allerdings ist Kurzarbeit nur in Fällen möglich, in denen die Tätigkeit von Unternehmen infolge eines behördlich ausgerufenen Belagerungs- oder Notstands unterbrochen wird (Art. 53 Abs. 11ArbGB). Sie stellt daher keine Maßnahme zur Bewältigung von individuellen Krisensituationen eines Unternehmens dar und daher nicht sehr praxisrelevant.

Seit der Pandemie kommt der Telearbeit hingegen eine erhebliche Bedeutung zu, obwohl diese bereits seit dem Jahr 2018 gesetzlich geregelt ist (Gesetz 81/2018). Dieses Gesetz definiert die Telearbeit als die regelmäßige und freiwillige Tätigkeit eines Arbeitnehmers an einem anderen als dem vom Arbeitgeber eingerichteten Arbeitsplatz unter Verwendung von Mitteln der Informations- / Kommunikationstechnik. Diese Voraussetzungen dürften die meisten Arbeitsbeziehungen erfüllen.

Telearbeit muss nach dem aktuellen Gesetz vertraglich vereinbart werden; anderenfalls drohen erhebliche Geldbußen. Die Vereinbarung über die Ausgestaltung der Telearbeit muss folgendes beinhalten:

  1.  den Zeitraum, das heißt die Anzahl der Tage, an denen die Arbeit an dem vom Arbeitgeber eingerichteten Arbeitsplatz erfolgt; 
  2.  Zeiträume, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer überprüfen kann;
  3.  die Arbeitszeiterfassung; 
  4.  die Pflichten beider Parteien bezüglich der Arbeitssicherheit; 
  5.  Datenschutz und 
  6.  Regeln zur Tragung der Telefon- und/ oder Internetkosten beinhalten. 

Eine Vereinbarung über den (Tele-) Arbeitsplatz ist nicht mehr erforderlich, womit grundsätzlich „work from anywhere“ vereinbart werden kann.
 

Vertragsabschluss 

Der individuelle Arbeitsvertrag ist die rechtliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses. Er muss schriftlich und in rumänischer Sprache geschlossen werden. Zweisprachige Fassungen, beispielsweise eine rumänische und eine deutsche oder englische Version, sind zwar möglich; die rumänische Version sollte jedoch für den Streitfall immer Vorrang haben. 

Den Arbeitgeber treffen vor Vertragsschluss umfassende Informationspflichten (Art. 17 Abs. 3 ArbGB). So müssen dem Arbeitnehmer unter anderem die Berufsbezeichnung, tätigkeitsspezifische Risiken, Vertragsdauer, Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber/Arbeitnehmer, Bruttogehalt und weitere Lohnbestandteile, Arbeitsstunden in der Woche, Arbeitszeit, Probezeit und der Verweis auf einen eventuellen Tarifvertrag mitgeteilt werden. Ebenfalls muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die Leistungskriterien zur Bewertung seiner Tätigkeit informieren. Die in Art. 17 Abs. 3 genannten Elemente müssen sich größtenteils auch im individuellen Arbeitsvertrag wiederfinden.

Vor Beginn der Tätigkeit muss sich jeder Arbeitnehmer ferner einer medizinischen Untersuchung unterziehen lassen (Art. 27 ArbGB). Diesem Aspekt wird – ebenso wie den umfassenden Pflichten zur anfänglichen und regelmäßigen Unterweisung der Arbeitnehmer betreffend den Arbeitsschutz (die ein spezialisierter Dienstleister oder, i.d.R. bei großen Arbeitgebern, ein interner Dienst übernimmt) in der Praxis häufig nicht ausreichend Aufmerksamkeit gewidmet.

In der Praxis sind die meisten abgeschlossenen Arbeitsverträge unbefristet. Befristete Arbeitsverträge können nur unter bestimmten Voraussetzungen (Saisonarbeit, Vertretung, erhöhte Auftragslage, Durchführung bestimmter Projekte usw.) abgeschlossen werden. Die Maximaldauer beläuft sich auf 36 Monate (Art. 84 Abs. 1 ArbGB), wobei zwei weitere Anschlussverträge mit einer Dauer von jeweils maximal einem Jahr möglich sind (Art. 82 Abs. 4, 5 ArbGB).

Die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern wird in Rumänien unterschiedlich geregelt. Bürger aus dem Europäischen Wirtschaftsraum EWR (inklusive EU), Bürger aus der Schweiz und Arbeitnehmer von Unternehmen mit Sitz im EWR benötigen keine gesonderte Arbeitserlaubnis.

Die Änderung eines Arbeitsvertrages bedarf grundsätzlich einer von beiden Parteien unterzeichneten Zusatzurkunde (rumänisch: act aditional) zum Arbeitsvertrag (Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Art. 41 ArbG).

Mitarbeiter von Unternehmen, die im EWR oder der Schweiz ansässig sind, können ferner nach Rumänien entsandt werden und benötigen ebenfalls keine Arbeitserlaubnis, selbst wenn sie keine Staatsbürger des EWR sind. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass eine Aufenthaltserlaubnis im entsendenden Staat vorliegt. Bürger des EWR sind allerdings, genau wie andere Ausländer auch, verpflichtet, sich bei der rumänischen Einwanderungsbehörde zu melden, um für Aufenthalte über 90 Tage eine Anmeldebescheinigung (Certificat de Inregistrare) zu erhalten. 
 

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 20 Arbeitstage im Jahr (Art. 145 Abs. 1 ArbGB). Die Anzahl der tatsächlichen Urlaubstage wird individuell im Arbeitsvertrag festgelegt. Das ArbGB enthält einen konkreten Katalog an Rechten und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmern (Art. 39 ff). Selbstverständlich sind diese nicht abschließend, da das gesamte Arbeitsrecht Rechte und Pflichten der Parteien enthält.

Wichtig ist der Praxishinweis, dass Arbeitgeber eine ganze Reihe von Rechten und Pflichten der Arbeitnehmer einseitig in Betriebsordnungen aufnehmen und so eine Rechtsgrundlage für das Verhalten im Betrieb aufstellen können, ohne diese mit Gewerkschaften oder Arbeitnehmervertretern verhandeln zu müssen. (es besteht allerdings eine Pflicht zur Unterrichtung und Anhörung hierüber). Eine Betriebsordnung muss übrigens jeder Arbeitgeber einführen; die Mindestinhalte sind gesetzlich vorgegeben (Art. 242 ArbGB).

Die jüngsten Regelungen im individuellen Arbeitsrecht haben verstärkte Pflichten der Arbeitgeber im Bereich Compliance mit sich gebracht. So haben alle Arbeitgeber die Pflicht, ihre Betriebsordnungen um Regelungen zur Bekämpfung jeder Art von Belästigung am Arbeitsplatz, einschließlich eines Leitfadens zu Verhalten und Maßnahmen, zu ergänzen. Eine Vielzahl von Arbeitgeber muss aufgrund der neueren Gesetzgebung zum „Whistleblowing“ Hinweisgeber anhören und diesen geeignete Kanäle einrichten zur Übermittlung von Hinweisen auf unrechtmäßige Aspekte.

Von ebenso hoher Wichtigkeit ist die Gleichbehandlung von Männern und Frauen; der Diskriminierungsschutz und Maßnahmen zur Bekämpfung ungerechtfertigter Ungleichbehandlung müssen ebenso Bestandteil der Betriebsordnung sein. Für Fälle der Diskriminierung existiert in Rumänien sogar eine Behörde (CNCD), bei der individuelle Beschwerden eingereicht werden können.

Tarifverträge (contracte colective de munca) werden auf Betriebsebene, auf Ebene von Betriebsgruppen, für Wirtschaftssektoren („Branchen“) oder optional auf Nationalebene abgeschlossen. Tarifverträge auf Sektorenebene sind nicht automatisch verpflichtend für die zu dem Sektor gehörenden Unternehmen, allerdings bestehen grundsätzlich Möglichkeiten der Arbeitnehmerorganisationen, deren Anwendbarkeit auch dann auf Unternehmen auszuweiten, wenn diese bei Verhandlung und Abschluss des jeweiligen Sektorenvertrages nicht beteiligt waren (hiervon wurde u.W. bisher kein Gebrauch gemacht; die Voraussetzungen liegen auch oft noch nicht vor). 

Eine Tarifverhandlungspflicht (aber keine Abschlusspflicht) bestehet (i) auf Betriebsebene ab einer Belegschaft von 10 und (ii) auf Sektorenebene (Art. 97 Abs. 1 des Sozialdialogs- Gesetzes). Individuelle Arbeitsverträge dürfen dem anwendbaren Tarifvertrag nicht zu Lasten der Arbeitnehmer widersprechen; auf niedrigerer Ebene (bzw. Betrieb) abgeschlossene Tarifverträge dürfen grundsätzlich nicht geringere Rechte der Arbeitnehmer als auf höherer Ebene geschlossene und für den Arbeitgeber verbindliche Tarifverträge (z.B. Sektorentarifvertrag) enthalten.

Das Mindestmaß an Rechten der Arbeitnehmer stellt immer das Gesetz dar. Jede Vereinbarung, durch die ein Arbeitnehmer auf ihm gesetzlich anerkannte Rechte verzichtet, ist aufgrund Art. 38 ArbGB unwirksam. 

Vertragsbeendigung 

Der Kündigungsschutz der Arbeitnehmer in Rumänien gilt als hoch, weil eine Kündigung durch den Arbeitgeber an enge Voraussetzungen gebunden ist. Eine ordentliche Kündigung ist nicht gesetzlich geregelt. Eine Ausnahme stellt die Probezeit dar, während der jederzeit eine fristlose Beendigung des Arbeitsvertrags möglich ist. 

Die Kündigungsfrist wird im Rahmen des Individualarbeitsvertrags zwischen den Parteien vereinbart. Wenn der Arbeitgeber eine Kündigungsfrist gewähren muss (z.B. bei betriebs- oder personenbedingten Kündigungen; verhaltensbedingte Kündigungen, in Rumänien „Disziplinarkündigungen“, sind fristlos) beträgt die Kündigungsfrist mindestens 20 Arbeitstage (Art. 75 Abs. 1 ArbGB). Die für den Arbeitnehmer verbindliche Kündigungsfrist darf laut ArbGB 20 Arbeitstage bei Arbeitnehmern ohne Führungsposition und 45 Arbeitstage bei leitenden Angestellten nicht überschreiten (Art. 81 Abs. 4 ArbGB).

Berechtigte Gründe für eine Kündigung durch den Arbeitgeber können in der Person des Arbeitnehmers oder nicht in der Person des Arbeitnehmers (objektive Gründe – betriebsbedingte Kündigung) liegen (Art. 61 ArbGB). Ein objektiver Grund für eine Kündigung ist der betriebsbedingte Wegfall des Arbeitsplatzes (Art. 65 Abs. 1 ArbGB). Werden bestimmte Schwellenwerte erreicht, was die Anzahl an betriebsbedingten Kündigungen anbetrifft, kommt es zu einer Massenentlassung, die ein Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren mit der Arbeitnehmervertretung unter Beteiligung der Arbeitsbehörden erfordert und in der Praxis bis zur Vertragsbeendigung i.d.R. ca. 3 Monate dauert.
Da der Kündigungsbeschluss ab dem Zeitpunkt des Zugangs bei dem Arbeitnehmer Wirkung entfaltet, wird Arbeitgebern empfohlen, sich den Empfang der Kündigung schriftlich vom Arbeitnehmer bestätigen zu lassen.

Das ArbGB nennt Situationen, in denen der Arbeitgeber nicht kündigen darf: hierzu gehören die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, die zuvor bekanntgegebene Schwangerschaft, der Mutterschaftsurlaub, Elternzeit für Kinder bis zu einem Alter von zwei Jahren (bei Kindern mit Behinderung bis zu drei Jahren), des Erholungsurlaubs usw. (Art. 60 Abs. 1 ArbGB).
Kündigungen können mittels einer Kündigungsschutzklage angefochten werden. Wird die Unrechtmäßigkeit der verfügten Kündigung festgestellt, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die entgangene Vergütung und (auf Antrag) auf Wiedereinstellung auf die vorherige Stelle (Art. 80 ARbGB). Die etwa aus Deutschland bekannte „Vergleichskultur“ ist in Rumänien nicht anzutreffen; Arbeitsstreitigkeiten infolge Kündigungen dürften daher seltener, jedoch meist auf die Wiedereinstellung gerichtet sein. 

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