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Wirtschaftsumfeld | EU, Russland, Kasachstan | Sanktionen

Kasachstan geht aktiver gegen Sanktionsumgehung vor

Das zentralasiatische Land verschärft die Kontrolle von Re-Exporten nach Russland. Damit will die Regierung Sekundärsanktionen der EU zuvorkommen.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Berlin

Kasachstan nimmt am 1. April 2023 ein obligatorisches elektronisches System zur Rückverfolgung von Waren in Betrieb. Damit wollen die Behörden Re-Exporte westlicher Produkte, deren Lieferung nach Russland in den zehn Sanktionspaketen der Europäischen Union (EU) verboten ist, besser überwachen. Das neue Onlinesystem ermöglicht die Nachverfolgung der Bewegungen der Waren über die gesamte Lieferkette auf dem Territorium der Mitgliedsstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU). Ziel ist es, die Ausstellung von Zolldokumenten an Strohmänner oder die Angabe eines fiktiven Absenders oder Empfängers zu verhindern. Dazu werden an importierten Waren elektronische Siegel angebracht, deren genaue Position per Satellit verfolgt werden kann.

Kasachstan bemüht sich um Umsetzung der EU-Vorgaben

Das zentralasiatische Land nähert sich damit dem Kurs der EU an, die Umgehung der Russlandsanktionen unter Strafe zu stellen. Der Kreml steht im Verdacht, die Halbleiter aus westlicher Technik auszubauen und in der Rüstungsindustrie zu verwenden. Drittländern, Unternehmen und Einzelpersonen, denen nachgewiesen wird, dass sie Russland dabei helfen, sanktionierte Güter aus der EU zu beziehen, droht Brüssel mit der Verhängung von Sekundärsanktionen. Diesem Szenario will Astana proaktiv entgegenwirken.

Anlass zu einem Verdacht der Sanktionsumgehung liefert der starke Anstieg kasachischer Ausfuhren nach Russland im Vorjahr. Als Mitglied der EAWU, in deren Rahmen eine Zollunion besteht, kann Kasachstan unkompliziert Waren nach Russland liefern.

Überdurchschnittliches Exportwachstum nach Russland

Im Jahr 2022 stiegen die Ausfuhren aus Kasachstan nach Russland im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Viertel auf 8,8 Milliarden US-Dollar (US$). Die Exporte von Maschinen, Ausrüstungen, Instrumenten und Apparaten legten nach vorläufigen Handelsdaten um 348,4 Prozent auf rund 1,6 Milliarden US$ zu. Besonders auffällig war das Wachstum der Lieferungen von Waschmaschinen von null auf 100.000 Stück.

Doch seit die kasachische Regierung das Thema zur Chefsache gemacht hat, agieren kasachische Exporteure vorsichtiger. Ende Januar 2023 weigerten sich etwa kasachische Autohändler, Re-Exporte nach Russland weiter zu liefern. Aktuell werben russische Firmen gezielt kasachische Importeure mit hohen Honoraren für die Lieferung sanktionierter Güter an, erhalten jedoch reihenweise Abfuhren.

Dabei gibt es objektive Gründe, die den Anstieg der Ausfuhren nach Russland zumindest teilweise erklären. Einerseits gehen zahlreiche Lieferungen aus Europa nach Kasachstan über russisches Territorium. Von dort werden sie teilweise nicht nach Kasachstan weiter geleitet, gelten aber auf dem Papier als kasachischer Import. Daneben kann es sich bei den Re-Exporteuren von sanktionierter Ware nach Russland um neu registrierte Händler mit russischem Hintergrund handeln, die vor der Mobilmachung nach Kasachstan geflohen sind. Schließlich spielt die geographische Lage des Landes eine entscheidende Rolle: „Bei der rund 7.650 Kilometer langen kasachisch-russischen Grenze handelt es sich um die längste Landgrenze der Welt. Deren lückenlose Überwachung ist für den kasachischen Grenzschutz physisch schlicht nicht möglich, merkt Jan Triebel, GTAI-Experte für Kasachstan an.

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