Wirtschaftsumfeld | Russland | Gegensanktionen
Russland definiert Rückzugsbedingungen für Ausländer
Der Kreml legt Kriterien für den Marktausstieg von Unternehmen aus Staaten, die Sanktionen gegen Russland erlassen, fest. Firmen müssen sich auf finanzielle Einbußen einstellen.
23.01.2023
Von Hans-Jürgen Wittmann | Berlin
Dasrussische Finanzministerium legte zum Jahresende 2022 Bedingungen für ausländische Unternehmen, die den Rückzug aus Russland planen, fest. Diese gelten für alle Unernehmen aus Staaten, die Sanktionen gegen Russland erlassen (sogenannte "unfreundliche Staaten").
Westliche Firmen müssen vier Voraussetzungen erfüllen
Der federführende Unterausschuss zur Kontrolle ausländischer Investitionen in Russland erarbeitete vier Kriterien, die ausländische Unternehmen erfüllen müssen, wenn sie sich aus ihren russischen Vermögenswerten zurückziehen möchten. Für die Erteilung einer Genehmigung zur Veräußerung russischer Aktiva gelten für westliche Unternehmen folgende Voraussetzungen:
- Vorliegen einer unabhängigen Analyse
- des Marktwertes der Vermögenswerte des ausländischen Unternehmens;
- Verkauf der Vermögenswerte des ausländischen Unternehmens mit einem Abschlag von mindestens 50 Prozent ihres Marktwertes (siehe auch GTAI-Bericht "Russland modifiziert Rückzugsbedingungen für Ausländer" vom 30.03.2023);
- Festlegung von Schlüsselindikatoren (Key Performance Indicators - KPI) für neue Anteilseigner (Eigentümer);
- Vorliegen eines Plans für Ratenzahlungen des Kaufpreises für bis zu zwei Jahre oder einer Verpflichtung zu einer freiwilligen Zahlung von mindestens 10 Prozent des Betrages der ausgeführten Transaktion an den föderalen Staatshaushalt; das Protokoll lässt offen, ob die Summe vom ausländischen Verkäufer oder vom russischen Käufer getragen werden muss.
Kriterien zur Auszahlung von Dividenden dienen als Vorbild
Bei den Bedingungen zur Genehmigung von Transaktionen zur Veräußerung von Vermögenswerten ausländischer Unternehmen orientierte sich der Unterausschuss an den Kriterien des Finanzministeriums und der Zentralbank für Dividendenauszahlungen an westliche Anteilseigner. Die wichtigste Bedingung lautet, dass die Summe, die ausgezahlt werden darf, auf maximal 50 Prozent des Nettogewinns aus dem Vorjahr gedeckelt wird. Daneben müssen sich die Unternehmen verpflichten, ihre Geschäftstätigkeit in Russland fortzusetzen und die Gewinne zu reinvestieren.
Staatliche Eingriffe manipulieren Marktmechanismen
Die genannten vier Bedingungen sollen den Rückzug ausländischer Firmen und den Abfluss von Vermögenswerten aus Russland erschweren. Zudem sollen die KPI die russischen Käufer verpflichten, Arbeitsplätze zu erhalten und Steuerzahlungen fortzusetzen.
Als Folge dieser Eingriffe dürfte es zur Manipulation von Marktmechanimen kommen, befürchtet Andrej Woronin, Vorsitzender des Expertenrates des Instituts für Wirtschaftswissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften für Corporate Governance. Vor allem die Vorgabe, eine Transaktion mit einem Abschlag von mindestens 50 Prozent des Wertes der Vermögenswerte durchzuführen, führt zu Verwerfungen auf dem Kapitalmarkt und schafft für den Käufer vorteilhafte Bedingungen, kritisiert der Experte.
Unternehmen benötigen Zustimmung der Regierung zum Rückzug aus Russland
Die russische Regierung beschloss im März 2022 eine Genehmigungspflicht für Transaktionen mit Residenten sogenannter "unfreundlicher Staaten". Sie reagierte damit auf die Sanktionspolitik des Westens nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine.
Seither müssen ausländische Unternehmen einen Antrag mit detaillierten Angaben über die an der Transaktion Beteiligten, einschließlich der Begünstigten, einreichen, um eine Genehmigung der Regierungskommission zu erhalten. Diese kann die Genehmigung verweigern oder unter bestimmten Auflagen erteilen.
Beispielsweise untersagte der KremlIm November 2022 jegliche Geschäfte und Transaktionen mit den aufgelisteten Unternehmen, darunter mit Schaeffler. Anfang Januar 2023 erteilte die Regierung dann doch eine Ausnahmegenehmigung für Transaktionen mit der Schaeffler Gruppe bis zum 31. Dezember 2023.