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Branche kompakt | Schweden | Abfallwirtschaft

Markttrends

Schwedens Vorreiterrolle im Bereich der Nachhaltigkeit färbt auch auf die Abfallindustrie ab. Die tech-affinen Schweden sind offen für innovative Lösungen.

Von Judith Illerhaus | Stockholm

Schwedens Ambitionen in puncto Nachhaltigkeit sind groß: Unter der breit angelegten staatlichen Strategie "Fossilfreies Schweden" findet sich auch eine Roadmap für die Abfallwirtschaft. Konkret sollen die Treibhausgasemissionen der Industrie bis 2025 bereits um 30 Prozent im Vergleich zu 2015 gesenkt werden. Bis 2040 sollen diese sogar gleich null sein. 

Fokus sind dabei sowohl die Recyclingunternehmen selbst als fossilfreie Wirtschaftszweige, als auch die möglichst vollumfängliche Wiederverwendung recycelter Materialien in anderen Betrieben. Auch die Entwicklung neuer Recyclingtechnologien sowie die Förderung einer möglichst zirkulären Wirtschaft stehen im Fokus. Die Industrieorganisation für private Recyclingunternehmen in Schweden, Återvinningsindustrierna, spielt in diesem Prozess eine Schlüsselrolle, indem sie Daten für branchenweite Klimaberechnungen bereitstellt.

Recyclingrohstoffe gewinnen an Gewicht

Die schwedische Abfallentsorgungsstrategie war ursprünglich von 2018 bis 2023 ausgelegt und wurde bis Ende 2024 verlängert. Sie sieht eine Reform für Verpackungs-, Papier- und Essensabfälle vor. Denn obwohl Schweden schon lange als Vorreiter von Nachhaltigkeitsaspekten gilt, hinkt das Land bei Betrachtung der tatsächlichen Recyclingquoten im europäischen Vergleich leicht hinterher. Etwa die Hälfte der Haushaltsabfälle wird hierzulande zur Energieerzeugung eingesetzt. 

40 %

des Hausmülls werden recycelt.

Schweden wird sich aller Voraussicht nach auch in naher Zukunft vermehrt auf Recyclingrohstoffe konzentrieren müssen. Denn auch von den sogenannten grauen Emissionen, die beim Konsum ausländischer Güter in Schweden entstehen, möchte sich das Land weitestgehend unabhängig machen. Zwar helfen Labels und Produktpässe bei der Nachverfolgung, aber die zunehmende Selbstversorgung durch entsprechende Rohstoffe gewinnt unweigerlich an Bedeutung.

Noch sind Schwedens Waste-to-Energy-Anlagen über das nationale Abfallaufkommen nicht ausgelastet. Weshalb zusätzliche Mengen importiert werden müssen. Diese stammen vornehmlich vom Nachbarn Norwegen und aus dem Vereinigten Königreich.

Chancen für deutsche Technologien

Deutschlands Recyclingwirtschaft verfügt über ausgereifte Technologien und könnte mit der vorhandenen Expertise insbesondere bei Themen wie Stoffkreisläufen und damit der effizienten Ausschöpfung von Abfall als Rohstoffquelle ansetzen. Die positiven politischen Vorzeichen sorgen für gute Ansatzpunkte für deutsche Unternehmen. 

Zirkuläres Wirtschaften als Teil der Regierungspolitik

Schwedens nationale Strategie für die Kreislaufwirtschaft weist den Weg zur Umstellung von Produktion, Verbrauch und Geschäftsmodellen auf ungiftige, fossilfreie und zirkuläre Materialkreisläufe.

Mit einer eigens einberufenen Delegation für Kreislaufwirtschaft kann die schwedische Regierung auf ein Beratungsgremium zurückgreifen. Zwei Ziele sollen erreicht werden. Erstens: Den Übergang der Wirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft zu erleichtern. Zweitens: Zugleich die schwedische Wettbewerbsfähigkeit stärken und aktiv vorantreiben. 

Laut der Delegation sollte sich Schwedens Regierung auf drei Aspekte konzentrieren: 

  1. Förderung globaler Lieferketten mit der Möglichkeit, Rohstoffe und Produkte frei zu importieren. 
  2. Auf die ansteigende organisierte Kriminalität im Bereich der Abfall- und Recyclingindustrie zu reagieren.  
  3. Die erhöhten Anforderungen an die Verwendung von Kreislaufmaterialien, nicht zuletzt durch verschärfte EU-Vorschriften, zügig umzusetzen.  

Schwedische Regierung fördert auf unterschiedliche Weise

Auch die staatliche Wachstumsagentur, das Tillväxtverket, unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen derzeit bei der Umstellung auf zirkuläre Geschäftsmodelle. In Kooperation mit einem EU-weiten Programm „Cirkulära Affärsmodeller“, das noch bis 2027 läuft, können Unternehmen bis zu 50 Prozent ihres geplanten Investitionsvolumens als Förderzuschuss erhalten. Darüber hinaus bietet die Agentur Schulungen und Workshops zum Thema an. 

Auch die staatliche Innovationsagentur Vinnova möchte die Möglichkeiten für schwedische Akteure verbessern, sich an den Ausschreibungen von Horizon Europe im Bereich der nachhaltigen Industrie zu beteiligen. Mit der Möglichkeit, Bewerbungen für das EU-Förderprogramm vorab prüfen zu lassen, sollen die Erfolgschancen schwedischer Teilnehmer erhöht werden.

Site Zero revolutioniert das Plastikrecycling

Bereits 2022 hat die schwedische Regierung eine konkrete Strategie für die Behandlung von Plastikabfällen formuliert. Ein aktuell laufendes Projekt, finanziell unterstützt von Vinnova, entwickelt diese Strategie nun weiter. Ziel ist es, einen Aktionsplan zur Verringerung von Kunststoffabfällen für die Verbrennung zu entwickeln, aber auch dazu beizutragen, politische Hindernisse für das Kunststoffrecycling abzubauen.

Bei so viel politischer Ambition passt es gut, dass Ende 2023 die wohl aktuell größte Plastiksortieranlage der Welt in Motala, mittig zwischen Stockholm und Göteborg, eröffnet wurde. Site Zero, so der anschauliche Name des Werks, soll zukünftig die Menge der recycelten Kunststoffverpackungen verdoppeln. Konkret bedeutet dies ein Sortiervolumen von bis zu 200.000 Tonnen pro Jahr. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist die Möglichkeit einer Sortierung von insgesamt zwölf verschiedenen Kunststoffarten. Die ursprüngliche Anlage am selben Standort konnte lediglich fünf Arten von Kunststoffen sortieren, was bedeutete, dass nur 47 Prozent des Materials dem Recycling zugeführt und der Rest verbrannt wurde. Die neue Anlage wird in der Lage sein, bis zu 95 % der Verpackungen dem Recycling zuzuführen. Die Menge der verbrannten Verpackungen wird damit erheblich minimiert.

Ausgewählte Investitionsprojekte in der Abfallwirtschaft in Schwedenin Millionen Euro
Projekt

Investition 

Stand

Projektträger 
Produktionsanlage für Chemikalien zur Wasserreinigung, Skelleftehamn

100 - 200

Inbetriebnahme frühestens 2026Wibax AG
Entwicklung einer integrierten Produktions- und Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien, Skellefteå

88,3

BegonnenNorth Volt, Nordic Investment Bank
Recyclinganlage für Polymere und Aluminium (PolyAl), Gislaved

24

BegonnenTetra Pak, Axjo Group
Neue Metallraffinerie für Nichteisenmetalle, Gävle

10

BegonnenFortum Recycling & Waste
Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien, Halmstad

6

BegonnenStena Recycling
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

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