Branche kompakt | Schweiz | Maschinenbau
Unruhige Zeiten für die Schweizer Maschinenindustrie
Die Konjunkturschwäche in Deutschland und in wichtigen europäischen Absatzmärkten, der Fachkräftemangel und ein starker Franken setzen die Schweizer Maschinenbauer unter Druck.
05.11.2024
Von Karl-Heinz Dahm | Bonn
Ausblick des Maschinenbaus in der Schweiz
Bewertung:
- Schwache Auslandsnachfrage und ein starker Franken belasten die Branche.
- Investitionsklima bleibt auch 2025 gedämpft.
- Eine bessere Konjunktur in wichtigen europäischen Absatzmärkten soll Wachstumsimpulse bringen.
- Freihandelsabkommen mit Indien bietet Chancen für die Schweizer Techindustrie.
Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Oktober 2024
Markttrends
Die exportorientierte schweizerische Techindustrie, zu der der Maschinenbau-, die Metall- und die Elektroindustrie gehören, hat auch im Herbst 2024 noch nicht aus dem Krisenmodus herausgefunden. Die Werkzeugmaschinenhersteller beklagen einen deutlichen Auftragsrückgang, insbesondere aus dem europäischen Ausland. Auch die Umsätze sind zuletzt geschrumpft, im 1. Halbjahr 2024 laut Branchenverband Swissmem um 5,1 Prozent. Die Auftragseingänge und Güterexporte sanken im gleichen Zeitraum um 3,3 beziehungsweise um 4,1 Prozent.
Swissmem zufolge fällt die schwache Nachfrage aus Deutschland dabei besonders ins Gewicht. Im 1. Halbjahr 2024 gingen die Schweizer Exporte in das Nachbarland um 8,4 Prozent zurück. Rund ein Viertel der Ausfuhren der schweizerischen Techindustrie gehen nach Deutschland, das in die Rezession gerutscht ist. Insgesamt verharrt der Einkaufsmanagerindex (PMI) der Industrie in den europäischen Märkten auf sehr niedrigem Niveau und damit auch die Nachfrage nach Maschinen und Anlagen in diesen Ländern.
Wachstumsimpulse erwartet die Schweizer Technologieindustrie vor allem aus den Märkten außerhalb Europas, insbesondere aus Indien und den USA. Stefan Brupbacher, Direktor von Swissmem, sieht 2025 eine Trendwende. Laut einer Verbandsumfrage rechnen für die nächsten zwölf Monate 32 Prozent der Unternehmen mit steigenden Aufträgen aus dem Ausland, während 25 Prozent einen Rückgang erwarten. Von einem gleichbleibenden Geschäft gehen 43 Prozent aus.
Ein starker Franken verteuert schweizerische Exporte
Neben der schwachen Nachfrage, dem Fachkräftemangel und den hohen Energiepreisen bremst vor allem der starke Franken das Wachstum der Unternehmen. Aufgrund globaler Krisen flüchten Anleger in die sichere Währung der Schweiz, was diese verteuert und damit für die Exportindustrie des Alpenlandes ein ernstes Problem ist.
Rückenwind bekamen die Exporteure im Juni 2024 von der Schweizerischen Nationalbank, als die Währungshüterin den Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent senkte. Doch schon im August 2024 setzte die kräftige Aufwertung des Schweizer Franken die Unternehmen erneut unter Druck. Die Nationalbank reagierte im September 2024 mit einer weiteren Leitzinssenkung auf nunmehr 1 Prozent.
Da die Aufwertung des Schweizer Franken – auch vor dem Hintergrund des Krieges in Nahost - anhält, rechnen Beobachter mit einer weiteren Zinssenkung im Dezember 2024.
Investitionslaune der Unternehmen bleibt gedämpft
Nach Analysen der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich dürfte sich die Investitionslaune der Maschinen- und Anlagenbauer auch im kommenden Jahr in Grenzen halten. Dies gelte laut KOF für alle Investitionskategorien. Im Jahr 2024 hatten noch 39 Prozent der Unternehmen eine Steigerung ihrer Ausrüstungsinvestitionen gegenüber dem Vorjahr geplant. Mit Blick auf das kommende Jahr 2025 sind es nur noch 23 Prozent.
Impulse für den Maschinenbau könnten 2025 allerdings vom Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur kommen, unter anderem durch Großprojekte wie die Erweiterung des Gotthard-Straßentunnels. Außerdem stehen massive Ausbauprojekte der Bahninfrastruktur an.
Für die Unternehmen ist die Versorgungssicherheit mit Strom zu wirtschaftlich tragbaren Preisen wichtig. Das neue Gesetz zur Versorgungssicherheit der Stromwirtschaft vom Juni 2024 schafft die Grundlagen, um in der Schweiz zügig mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasser, Sonne, Wind oder Biomasse zu produzieren.
Auftrieb für die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie dürfte nach Einschätzung von Swissmem auch der Abschluss des Freihandelsabkommens der Schweiz mit Indien im März 2024 geben. Durch das Abkommen verbessert sich die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Techindustrie in diesem wichtigen Wachstumsmarkt erheblich, da Zölle von bis zu 22 Prozent wegfallen.
Akteur/Projekt | Investitionssumme (in Millionen Euro) | Projektstand | Anmerkungen |
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Windkraftpark "Parc eolien de la montagne de Tremelan" | 36 | in Planung, Baubewilligung erteilt | 7 Anlagen mit einer Leistung von 14 Megawatt, Jahresproduktion: 24 bis 28 Gigawattstunden |
Windkraftpark "Eoljorat Sud" (Lausanne, Kanton Waadt) | k.A. | Baubewilligung erteilt, Fertigstellung 2026 | 8 Anlagen mit einer Jahresproduktion von rund 60 Gigawatt |
Axpo und SVG Schifffahrt bauen wasserstoffbetriebenes Passagierschiff | k.A. | in Planung | erstes Passagierschiff mit Wasserstoffantrieb auf dem Vierwaldstätter See |
Klima- und Innovationsgesetz bringt Fördergelder zur Dekarbonisierung der Industrie
Am 1. Januar 2025 tritt das Klima- und Innovationsgesetz in Kraft, das am 18. Juni 2023 per Volksabstimmung angenommen wurde. Laut dem Schweizer Bundesamt für Energie geht es dabei um die Förderung innovativer Technologien und Prozesse zur Reduktion von Treibhausgasemissionen. Dafür stehen jährlich 200 Millionen Franken über sechs Jahre zur Verfügung.
Die Förderanträge müssen laut Bundesamt von einem Fahrplan begleitet werden. Dieser müsse insbesondere eine CO2-Bilanz, ein Reduktionsziel und einen konkreten Maßnahmenplan enthalten, "der es dem Unternehmen oder der Branche ermöglicht, die Dekarbonisierung zu planen und die Emissionen bis spätestens 2050 auf Netto-Null zu senken", schreibt das Bundesamt für Energie.
Branchenstruktur und Rahmenbedingungen
Die Techindustrie zählt mit 330.000 Beschäftigten im Jahr 2023 zu den größten privaten Arbeitgebern in der Schweiz. Die Branche bildet laut Swissmem mit einem Anteil von 27 Prozent an den Warenexporten nach der Pharmaindustrie, die auf 39 Prozent kommt, den zweitgrößten Schweizer Exportsektor.
Im 1. Halbjahr 2024 gingen die Exporte in allen Sparten der Schweizer Maschinenindustrie zurück. Besonders betroffen waren Textilmaschinen mit einem Minus von 22,5 Prozent und Werkzeugmaschinen mit einem Minus von 12,2 Prozent. Den geringsten Rückgang verzeichneten die Bereiche Verfahrenstechnik und Apparatebau mit jeweils Minus 0,5 Prozent.
Kleine und mittlere Unternehmen in der Techindustrie müssen derzeit etwa 15 Prozent ihrer Personalressourcen für bürokratische Prozesse aufwenden. Dies ergab eine Quartalsumfrage von Swissmechanic im Mai 2024. Zwei Drittel der befragten Unternehmen berichten, dass dieser Aufwand im Vergleich zu vor zehn Jahren zugenommen habe. Die Kosten für die Anpassung an neue Technologien, die von der Mehrheit als hoch eingeschätzt werden, sind sogar bei 85 Prozent der Unternehmen gestiegen.