Wirtschaftsumfeld | Schweiz | Wirtschaftsstruktur
Spezialisierte Wirtschaftsstruktur
Die Schweiz punktet als Finanzplatz, spezialisierter Industriestandort mit hoher Wertschöpfung und Innovationscluster strategischer Branchen.
19.01.2024
Von Oliver Döhne | Bonn
Rund 80 Prozent der Arbeitskräfte sind in der Schweiz im Dienstleistungssektor tätig, zum Beispiel in den Bereichen Tourismus, Handel, Logistik, Informations- und Kommunikationstechnologie und im Finanzsektor. Zudem existiert im Land eine international wettbewerbsfähige verarbeitende Industrie in der Metallverarbeitung, im Maschinen- und Anlagenbau, der Präzisionstechnik sowie in den Bereichen Pharmazie/Chemie/Life Sciences. Dabei ist die Schweiz stark abhängig von ausländischen Arbeitskräften. Angesichts ihres hohen Lohnniveaus und der tendenziell aufwertenden Währung bei gleichzeitigem Exportfokus steht das Land besonders unter Innovationsdruck.
Schweizer Produkte werden für den Weltmarkt produziert
In der verarbeitenden Industrie setzte die Schweiz, auch infolge ihrer Rohstoffarmut, früh auf hohe Wertschöpfung und Qualität und schuf so zahlreiche starke Marken. "Swiss Made" steht für Zuverlässigkeit und Präzision. Schweizer Produkte zielen direkt auf den Weltmarkt, so dass der vergleichsweise kleine Binnenmarkt keinen Nachteil darstellt. Im Gegenteil: Durch eine investorenfreundliche Ansiedlungspolitik holte die Schweiz zahlreiche multinationale Konzerne ins Land.
In der Lebensmittelwirtschaft muss die Schweiz aufgrund ihrer begrenzenten Anbauflächen immer noch rund die Hälfte der benötigten Nahrungsmittel importieren und konzentriert sich als Weideland eher auf Viehzucht und Milchwirtschaft. Genau vor diesem Hintergrund entwickelte das Land jedoch international beliebte Qualitätsprodukte wie Käse und Schokolade.
Im Rohstoffhandel positioniert sich die Schweiz als wichtige Drehscheibe. Sie produziert aus importierten edlen Rohstoffen mittels Handwerkskunst und viel Sinn für Eleganz und Exklusivität Luxusartikel wie Schmuck oder Uhren. Letztere stehen als Symbol für die schweizerische Präzisionstechnik.
In der chemischen Industrie schaffte die Schweiz frühzeitig den Strukturwandel von der Farbherstellung zu einer hochmodernen und global agierenden Pharmaindustrie. Darüber hinaus zog sie Forscher und innovative Firmen an, um auch in der Informationstechnologie und bei modernen Dienstleistungen State of the Art zu werden und zu bleiben.
Weitere Indikatoren finden Sie in den Wirtschaftsdaten kompakt.
Absatzmarkt und Forschungspartner
Aus deutscher Perspektive ist die Schweiz ein wichtiger Absatzmarkt (Rang 9) und ein wichtiger Lieferant (Rang 11). Sie ist auch ein Partner in der Forschung und Entwicklung neuer Technologie, Produkte und Dienstleistungen. In der Umfrage Going International der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) vom März 2023 stuften 47 Prozent die Schweiz in die Gruppe von Märkten ein, die aus ihrer Sicht mittelfristig wichtiger werden. Allerdings gaben auch 13 Prozent an, künftig mit mehr Handelshemmnissen im Geschäftsverkehr mit der Schweiz zu rechnen, wobei sie sich auf das gescheiterte Rahmenabkommen mit der EU beziehen, was Zusatzaufwand verursacht.
Unternehmensnahe Forschung
Eine besondere Stärke der Schweiz ist die enge Verzahnung der renommierten Forschungslandschaft mit Unternehmen. An zahlreichen Standorten des Landes sind praxisnahe Forschungs- und Entwicklungscluster entstanden, die konkrete kommerzielle Anwendungen neuer Technologie entwickeln. Erwähnenswert ist unter anderem der Switzerland Innovation Park in Biel mit den Forschungszentren Swiss Advanced Manufacturing Center, Swiss Battery Technology Center, Swiss MedTech Center und Swiss Smart Factory. Weitere Switzerland Innovation Parks befinden sich in Basel, Zürich, Aargau und an mehreren Standorten in der Westschweiz.
Sektoren | Anteil an der Bruttowertschöpfung 2022 | Anteil an den Beschäftigten 2022 |
---|---|---|
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 0,6 | 2,9 |
Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung) | 0,1 | k.A. |
Verarbeitendes Gewerbe | 18,4 | 12,5 |
Energieversorgung | 1,4 | 0,6 |
Wasserversorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen | 0,3 | 0,4 |
Baugewerbe | 4,7 | 6,8 |
Andere Dienstleistungen | 71,5 | 75,9 |
Industriecluster in allen Landesteilen
Die Schweiz verfügt über zahlreiche industrielle Cluster, vor allem in Basel, Zürich, Zug, Luzern, aber auch in der Region um den Genfer- und den Neuenburgersee. Basel ist Sitz vieler Konzerne der chemisch-pharmazeutischen Industrie, die aber auch in Zürich, Zug und am Genfersee wichtige Produktionsstätten unterhält. Zürich ist der wichtigste Finanzplatz und Logistikdrehscheibe.
Im Rahmen der Regionalpolitik stehen auch in weniger entwickelten Landesteilen Fördermittel bereit und oft bemühen sich kleinere Kantone sehr um Investoren. Die Kantone bieten Steueranreize, allerdings gilt seit Jahresbeginn 2024 die OECD-Mindestbesteuerung für Großkonzerne, was den Steuerwettbewerb etwas herunterkühlen könnte.
Region/Kanton | Anteil am BIP (in %) | BIP pro Kopf (in Euro) *) | Bevölkerung (in Mio.) |
---|---|---|---|
Zürich | 20,5 | 105.782 | 1,6 |
Espace Mittelland (Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg, Solothurn, Jura) | 19,8 | 83.832 | 1,9 |
Genferseeregion (Kantone Waadt, Wallis, Genf) | 18,8 | 89.929 | 1,7 |
Nordwestschweiz (Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Aargau) | 14,3 | 97.122 | 1,2 |
Ostschweiz (Kantone Glarus, Schaffhausen, Appenzell A. Rh., Appenzell I. Rh., St. Gallen, Graubünden, Thurgau) | 12,5 | 83.603 | 1,2 |
Zentralschweiz (Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Zug) | 9,6 | 93.135 | 0,8 |
Tessin | 4,5 | 102.031 | 0,4 |