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Wirtschaftsumfeld | Bulgarien | Wirtschaftsstruktur

EU-Mitgliedschaft fördert Bulgariens Wachstum

Das Land muss parallel gleich zwei Entwicklungsprozesse meistern: die Verbesserung des Lebensstandards in den strukturschwachen Regionen und die Energiewende.  

Von Dominik Vorhölter | Sofia

Bulgarien ist eng eingebunden in globale Wertschöpfungsketten und Deutschland ist größter Handelspartner. Das Balkanland erzielt mit Deutschland eine positive Handelsbilanz. Bulgarien exportiert hauptsächlich pharmazeutische Erzeugnisse, Elektrotechnik, Kupfererzeugnisse, Agrarprodukte und zunehmend IT-Dienstleistungen. Der deutsche Kupferproduzent Aurubis zählt neben Liebherr oder Lufthansa zu den größten deutschen Investoren in Bulgarien. Haupttreiber des bulgarischen Wirtschaftswachstums sind der private Verbrauch und der Export.

EU-Integration bietet Chancen

Bulgarien ist seit 2025 volles Mitglied im Schengenraum. Das Land wird voraussichtlich gegen Ende 2025 der Eurozone beitreten. Beide Schritte versprechen, Transportkosten und Währungskosten für deutsche Unternehmen zu senken. Würden die Binnengrenzkontrollen der EU in Bulgarien beibehalten, würde das 869,8 Millionen Euro an Kosten für den Transport von Personen und Waren pro Jahr verursachen, rechnet der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss vor. Dem Ausschuss zufolge können Transportunternehmen durch die geöffneten Binnengrenzen zwischen 5 und 20 Prozent an Kosten einsparen.

6,4 Mio.

Personen lebten 2023 in Bulgarien.

Quelle: Eurostat 2025

94,7 Mrd.

Euro betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 in Bulgarien.

Quelle: Eurostat 2025

14.690

Euro machte das BIP pro Kopf 2023 aus.

Quelle: Eurostat 2025

Bulgariens BIP pro Kopf in Kaufkraftstandard liegt bei 62 Prozent und damit knapp über der Hälfte des EU-Durchschnitts. Mit diesem Wert ist Bulgarien im EU-weiten Vergleich das ärmste Land, es bietet aber Potenzial für Wachstum. Die Wirtschaft des Landes wächst dynamischer als die der meisten westeuropäischen EU-Mitgliedsstaaten. Dieses Entwicklungspotenzial wissen deutsche Unternehmen und andere ausländische Investoren zu schätzen. Der Investitionsbedarf in Straßen-, Schienen- und Energieinfrastruktur ist hoch. Für diese Vorhaben stehen EU-Fördermittel bereit.

Diese Mittel kann Bulgarien künftig effizient abrufen, wenn das Parlament eine stabile Regierung aufgestellt hat. Das Land muss politische Reformen im Bildungs-, Justiz- und Gesundheitswesen angehen sowie den Ausbau der Infrastruktur vorantreiben. Letzteres ist nötig, um Wertschöpfungsketten besser an den europäischen Binnenmarkt anzubinden. Die größten Herausforderungen aber sind der Kohleausstieg und die Transformation hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung. All dies bietet Unternehmen Beteiligungschancen.

Bulgarien zieht Unternehmensgründer an

Im EU-weiten Vergleich niedrige Lohnkosten und Steuern machen Bulgarien zu einem attraktiven Standort für Unternehmensgründungen. Innerhalb von Südosteuropa gehört Bulgariens Hauptstadt Sofia daher zu den aufstrebenden Zentren für Start-ups. Besonders Sofia hat dabei Investitionen im Bereich Softwareindustrie sowie Forschung und Entwicklung angezogen.

Einen starken Beitrag zum wachsenden Dienstleistungssektor trägt neben der IT-Industrie auch der Tourismus bei. Bulgarien positioniert sich als Destination für Kuren und möchte damit das Image vom Billigtourismus loswerden. Die Regierung fördert den Gesundheitstourismus und versucht, Investoren und auch Gäste anzulocken.

Bulgariens verarbeitende Industrie liefert elektronische und hydraulische Komponenten für den Maschinenbau sowie Aluminiumwannen für die Automobilindustrie. Besonders eng verflochten sind die bulgarische Automobil- und Elektroindustrie, die Kfz-Teile und andere Vorprodukte an europäische Abnehmer liefern. Zusätzlich hat sich die Elektroindustrie als Ausrüster von E-Bike-Produzenten etabliert. Heimische und international agierende Unternehmen betreiben moderne Produktionsstätten. Das macht Bulgarien zu einem attraktiven Absatzmarkt für deutsche Ausrüstung und Maschinen.

Der Dienstleistungssektor ist der größte Arbeitgeber Bedeutung der Wirtschaftszweige in Bulgarien (Anteile in Prozent)

Sektoren

Anteil an Bruttowertschöpfung 2023

Anteil an den Beschäftigten 2023

Dienstleistungen (Handel und Gastgewerbe)

23,1

25,3

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

2,9

14,9

Verarbeitendes Gewerbe

15,3

16,5

Information und Kommunikation

8,2

4

Energieversorgung

3,8

6,2

Baugewerbe

4,4

5,5

Rest (Finanz- und Versicherungswesen, Öffentlicher Sektor)

42,3

27,6

Quelle: Eurostat 2025

Strukturwandel bietet Möglichkeiten

Bulgarien verfügt über eine starke metallurgische Industrie, produziert Kohle, Eisen, Kupfer und Blei. Bulgarien ist außerdem der viertgrößte Produzent von Braunkohle in der EU. Der Bergbau beschäftigt rund 120.000 Menschen und generiert rund 5 Prozent des BIP.

Bulgarien beginnt nun mit dem Strukturwandel und steigt schrittweise aus der Braunkohleförderung und Kohleverstromung aus. Daran können sich deutsche Unternehmen beteiligen. Kurzfristig benötigen die Unternehmen aus Braunkohle- und Energierevieren Unterstützung bei der Umschulung von Mitarbeitern. Mittelfristig müssen Unternehmen der Metallbearbeitung und der Chemieindustrie ihre Produktion klimaneutraler aufstellen. Dabei kann der deutsche Maschinen- und Anlagebau mit Ausrüstung helfen. Für Projekte im Rahmen des Strukturwandels stellt die EU Fördermittel bereit.

Ein weiteres strukturelles Problem bremst aber die langfristige Wirtschaftsentwicklung aus: Bulgariens demografische Situation. Die Bevölkerung altert und schrumpft. Viele, vor allem junge Menschen, verlassen Bulgarien, um stattdessen im Ausland zu arbeiten. Damit sich das ändert, muss die Regierung dafür sorgen, dass sie im eigenen Land attraktive Arbeitsplätze finden.

SWOT-Analyse Bulgarien

S

Stärken Strengths

  • Niedrige Löhne im EU-Vergleich
  • Kein Mindestkapital erforderlich bei Gründung eines Unternehmens 
  • EU-Fördermittel in Höhe von 29 Milliarden Euro verfügbar bis 2027
  • Eurozonenbeitritt zum Ende des Jahres 2025 erwartet
  • Arbeitskräfte mit teilweise guten Deutsch- und Englischkenntnissen
W

Schwächen Weaknesses

  • Unsicheres geschäftliches Umfeld, Mangel an Berechenbarkeit
  • Langsames Reformtempo wegen dauerhaft politischer Krisen
  • Mängel in der Infrastruktur
  • Ineffiziente öffentliche Verwaltung, EU-Fördermittel werden zum Teil nicht abgerufen
  • Berufsausbildung nicht am Bedarf der Wirtschaft orientiert
O

Chancen Opportunities

  • Günstige geostrategische Lage zwischen Europa, Nahost und Asien
  • Nachholbedarf bei Dekarbonisierung der Industrie
  • Strukturwandel in den Kohleregionen startet jetzt
  • Nähe zu Rumänien als Wachstumsmarkt für E-Mobility-Technologien
  • Innovativer IT-Sektor
T

Risiken Threats

  • Starker Einfluss der Politik auf Rechtsprechung
  • Korruption im EU-Vergleich sehr hoch
  • Unternehmen zahlen häufig verspätet
  • Demografische Krise, Abwanderung von Arbeitskräften
  • Preiskampf bei Ausschreibungen und häufig langwierige Anfechtungen öffentlicher Auftragsvergaben
Ausführliche Informationen zur Wirtschaft finden Sie in den Wirtschaftsdaten kompakt.

 

Regionen sind ungleich entwickelt

Die meisten ausländischen Direktinvestitionen fließen nach Sofia. Weitere Wirtschaftszentren sind die Region Stara Zagora mit überwiegend Maschinen- und Bergbau sowie die Schwarzmeerhafenstädte Varna und Burga. Im Norden und Süden des Landes gibt es strukturschwache Regionen. Diese sind von mangelhaften Verkehrsanbindungen und Bevölkerungsabwanderung in die umliegenden Wirtschaftszentren geprägt. Städte und Gemeinden in den Regionen modernisieren ihr Wasser- und Abfallmanagement und bieten Absatzmöglichkeiten für deutsche Hersteller von Umwelttechnologien.

Wachstum ist regional ungleich verteiltEckdaten der EU-Planungsregionen in Bulgarien (2022)

Gebiet

Anteil am BIP (in %) 

BIP pro Kopf (in Euro)

Bevölkerung (in Tausend) 

Sofia, Blagojewgrad, Pernik, Kjustendil (BG41)

48,9

20.800

2.018

Plowdiw, Chaskowo, Pasardschik, Smoljan, Kardschall (BG42)

14,1

11.900

1.303

Burgas, Sliwen, Jambol, Stara Sagora (BG34)

13,2

10.300

951

Varna, Dobritsch, Schumen, Targowischte (BG33)

9,9

9.300

826

Garbrowo, Ruse, Radgrad, Silistra, Veliko Tarnovo (BG32)

7,2

8.900

691

Vidin, Montana, Vraza, Pleven, Lovetch (BG21)

6,7

8.500

677

Quelle: Eurostat 2025

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