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Sierra Leone will Stromsektor ausbauen

Strom ist knapp und teuer in Sierra Leone. Häufig kommt es zu Stromausfällen. Nun sollen das Netz und die Erzeugungskapazitäten mit Gebermitteln massiv erweitert werden.

Von Corinna Päffgen | Accra

Lediglich 30 Prozent der sierra leonischen Bevölkerung hat Zugang zu Strom, davon etwa 55 Prozent der urbanen Bevölkerung und nur 5 Prozent der Landbevölkerung. Zudem ist Strom in dem westafrikanischen Land teuer. Trotz hoher Subventionierung hat Sierra Leone mit rund 0,23 US-Dollar (US$) bis 0,25 US$ pro Kilowattstunde die höchsten Stromtarife in der Region.

In dem Land, in dem etwa 8,6 Millionen Menschen leben, fehlt es an einer stabilen und zuverlässigen Stromversorgung, oft kommt es zu mehreren Stromausfällen am Tag, teilweise stundenlang. Gründe dafür sind zu geringe Erzeugungskapazitäten, saisonale Schwankungen sowie eine unzureichende und veraltete Übertragungsinfrastruktur. Hinzu kommen gelegentliche Zahlungsrückstände der Regierung gegenüber den unabhängigen Stromerzeugern (Independent Power Producer, IPPs). So hatte das türkische Unternehmen Karpowership (Karadeniz Gruppe), das mit einem schwimmenden Kraftwerkschiff einen Großteil des Strombedarfs von Freetown deckt, zwischenzeitlich seine Produktion im April dieses Jahres aufgrund hoher Zahlungsrückstände seitens der Regierung gedrosselt.

Sierra Leone profitiert vom westafrikanischen Stromverbund

Das derzeitige Stromversorgungsnetz von Sierra Leone besteht aus einer 204 Kilometer langen 161-Kilovolt-Leitung, die vom Wasserkraftwerk Bumbuna im Norden bis zur Hauptstadt Freetown verläuft, und einer 33-Kilovolt-Leitung, die die Städte Kenema und Bo verbindet. 

Sierra Leone gehört dem West African Power Pool (WAPP) an, dem gemeinsamen Stromverbund der Staaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS. Der Strombedarf kann durch die inländische Stromproduktion bislang nicht gedeckt werden, Branchenkenner schätzen die Versorgungslücke auf rund 25 Prozent. Sierra Leone importiert deshalb Strom aus Côte d‘Ivoire. Dies ist seit 2021 möglich, seit Sierra Leone im Rahmen des CLSG-Projektes (Teil des WAPP; CLSG steht für Côte d‘Ivoire, Liberia, Sierra Leone und Guinea) über eine Übertragungsleitung und Interkonnektoren mit den drei anderen Ländern verbunden ist. Insgesamt handelt es sich um eine 1.360 Kilometer lange 225-Kilovolt-Übertragungsleitung zwischen den vier Ländern, die durch den Süden, Osten und Norden Sierra Leones verläuft.

Anteil erneuerbarer Energien soll weiter steigen

Sierra Leone verfügt über gute Bedingungen für erneuerbare Energien. Die Regierung strebt einen Anteil von Erneuerbaren am Strommix von 85 Prozent bis 2030 an. Bereits jetzt ist der Anteil von rund 45 Prozent an der installierten Erzeugungskapazität relativ hoch. Insgesamt verfügt das Land über eine installierte Erzeugungskapazität von etwa 165 Megawatt. Hinzukommen 65 Megawatt des ölbefeuerten Kraftwerkschiffs und 27 Megawatt aus dem CLSG-Stromverbund.

Tatsächlich verfügbar ist allerdings deutlich weniger, was an wetterbedingten Schwankungen und einer unzureichenden Übertragungsinfrastruktur liegt. Die größten Stromerzeuger sind seit einigen Jahren neben dem Kraftwerkschiff in Freetown das Wasserkraftwerk in Bumbuna mit einer Kapazität von 50 Megawatt in der Regenzeit und 8 Megawatt in der Trockenzeit. Aufgrund der häufigen Stromausfälle spielen zudem Dieselgeneratoren eine wichtige Rolle.

Künftig soll das Potenzial erneuerbarer Energien mehr genutzt werden. Bereits in den letzten Jahren sind im Rahmen verschiedener Programme wie dem Rural Renewable Electrification Project (RREP) Mittel in den Ausbau netzunabhängiger Solarlösungen und Mini-Grids geflossen. 

Dabei waren auch deutsche Unternehmen wie der Systemintegrator Asantys sowie SMA Sunbelt und Hoppecke Batterien beteiligt. Im Rahmen des RESPITE-Projektes (Regional Emergency Solar Power Intervention) soll für 75 Millionen US$ eine 40 Megawatt-Solaranlage mit Speicher entstehen. Daneben sind weitere Solarprojekte geplant. 

Auf der UN-Klimakonferenz COP28 Ende 2023 wurde zudem der Bau des ersten Windparks angekündigt. Der britische EE-Konzern Octopus hat dazu mit der sierra leonischen Sherbro Alliance Partners (SAP) eine entsprechende Vereinbarung getroffen. SAP gehört dem Hollywood-Schauspieler Idris Elba und Siaka Stevens, dem Enkel des ehemaligen Präsidenten. Der Windpark soll über fünf Windturbinen, Solarmodule und Batterien verfügen und auf Sherbro Island entstehen.

Große Projekte können Beteiligungsmöglichkeiten bieten

Zwei US-amerikanische Geberorganisationen stellen große Summen für den weiteren Ausbau der Erzeugungskapazitäten und des Übertragungsnetzes zur Verfügung. Die International Development Finance Corporation hat im Mai bekanntgegeben, dass sie den Ausbau des Stromsektors mit 292 Millionen US$ unterstützt. Das Nant Energy Project umfasst die Entwicklung, den Bau und den Betrieb eines 83,5 Megawatt großen Gas- und Dampf-Kombikraftwerks. Projektentwickler sind Milele Energy aus Kenia und TCQ Power aus Abu Dhabi, gebaut wird das neue Kraftwerk vom indischen Konzern Shapoorji Pallonji. Siemens Energy soll die Gas- und Dampfturbinen liefern und den Betrieb sowie die Wartung übernehmen. Die Grundsteinlegung erfolgte Mitte Juni, die geplante Bauzeit beträgt 36 Monate.

Die Millennium Challenge Corporation (MCC) hat im Juni einen neuen Pakt mit Sierra Leone über 480 Millionen US$ verabschiedet. Dieser sieht drei Entwicklungsbereiche vor: Verbesserung der Verteilung von und des Zugangs zu Strom unter enger Zusammenarbeit mit dem staatlichen Stromanbieter EDSA (Electricity Distribution and Supply Authority), Reformierung des Sektors mit Unterstützung des zuständigen Energieministeriums und der Electricity and Water Regulatory Commission (EWRC) sowie das Transmission Backbone-Projekt zur Verbesserung der Abdeckung und Zuverlässigkeit des Übertragungsnetzes. 

Zu Letzterem gehört auch die Schaffung eines neuen Übertragungskorridors und eines nationalen Einsatzplanungszentrums (dispatch center). Die ersten Ausschreibungen im Rahmen des Paktes werden für nächstes Jahr erwartet. Auch deutsche Unternehmen können sich an den Ausschreibungen beteiligen

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