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Singapur festigt seine Position als globaler Halbleiterhub
Immer mehr Branchenfirmen investieren in neue Fabs oder Forschungszentren im Stadtstaat. Deutsche Hersteller haben gute Geschäfts- und Kooperationschancen.
30.08.2024
Von Alexander Hirschle | Singapur
Mehrere Firmen aus Deutschland sind bereits als Lieferanten der Halbleiterschmieden in Singapur aktiv. Die Firma Siltronic brachte im Juni 2024 ihr jüngstes Großprojekt zum Abschluss: Den Aufbau einer 150.000 Quadratmeter großen Produktionsstätte für Wafer im Tampines Wafer Fab Park im Wert von rund 2,2 Milliarden US-Dollar (US$). Ab Ende 2024 werden sich die Kapazitäten in dieser dritten Produktionsstätte auf 100.000 Wafer pro Monat belaufen. Bis 2028 sollen die Kapazitäten weiter ausgebaut und die Mitarbeiterzahl auf 600 verdoppelt werden.
Investitionen taiwanischer Firmen bieten Lieferchancen für deutsche Firmen
Auch Unternehmen aus anderen Regionen setzen auf Singapur als Standort. So plant die taiwanische Gesellschaft Vanguard gemeinsam mit dem niederländischen Hersteller NXP eine Großinvestition im Stadtstaat: 7,8 Milliarden US$ sollen in den Aufbau einer Wafer-Fabrik fließen, in der 12-Inch-Wafer für Chips mit Strukturgrößen zwischen 40 und 130 Nanometern hergestellt werden sollen. Diese sind vorwiegend für die Verwendung in Fahrzeugen, in der Industrie oder in Konsumgütern vorgesehen. Baubeginn der Produktionsstätte ist im 2. Halbjahr 2024. Die ersten Auslieferungen sind für 2027 geplant.
Vanguard wird 60 Prozent an dem Joint Venture mit dem Namen "VisionPower Semiconductor Manufacturing" halten. Die restlichen 40 Prozent werden der Firma NXP gehören. Der Chip-Gigant TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing) ist mit 28 Prozent größter Teilhaber von Vanguard und wird die notwendigen Produktionstechnologien in Lizenz zur Verfügung stellen. Vanguard betreibt bereits eine Produktionsstätte in Singapur, die das Unternehmen 2019 von Global Foundries übernommen hat.
Für deutsche Firmen könnte das gute Geschäftschancen bedeuten, da TSMC in Taiwan selbst auch auf made in Germany setzt. Wie das Nachrichtenportal Nikkei Asia berichtet sollen Experten von TSMC nach Singapur entsandt werden, um den Aufbau der sogenannten Fab zu unterstützen. NXP ist gemeinsam mit Bosch und Infineon bei einem Projekt von TSMC in Dresden involviert. Dort werden in den kommenden Jahren 10 Milliarden US$ in den Aufbau einer Produktionsanlage investiert.
In den vergangenen Jahren gab es im Halbleiterbereich bereits mehrere Ansätze, die internationalen Lieferketten zu diversifizieren und so die starke Abhängigkeit vor allem von China und Taiwan zu verringern. Beobachter stufen das Projekt in Singapur als einen weiteren Beitrag zu dieser Entwicklung ein.
Auch Infineon baut seine Präsenz in der Region aus
Der zweitgrößte taiwanische Auftragsfertiger von Halbleitern UMC (United Microelectronics) betreibt in Singapur seine Fab 12i. Zusätzlich baut das Unternehmen für knapp 5 Milliarden US$ eine weitere Produktionseinheit auf. Deren Kapazitäten belaufen sich auf 30.000 Wafer pro Jahr zur Herstellung von 22- und 28-Nanometer-Chips. UMC plant Anfang 2026 mit der Massenfertigung zu beginnen.
Die taiwanische Global Foundries errichtete 2023 ebenfalls eine Wafer-Fab. Deren Kosten wurden auf 4 Milliarden US$ veranschlagt. Auch zahlreiche andere Branchenfirmen haben in den vergangenen Jahren ihre Präsenz in Singapur ausgebaut, darunter die deutsche Firma Infineon. Sie hat ihre regionale Zentrale für Asien-Pazifik im Stadtstaat und erweiterte dort 2023 ihren "Co-Innovation-Space". Das lokale Start-up Silicon Box eröffnete Mitte 2023 eine milliardenschwere Halbleiterfabrik. Und die US-Gesellschaft Applied Materials hat bereits 2022 eine Investition von 600 Millionen US$ bis 2030 angekündigt. Die Entwicklung im Bereich künstliche Intelligenz wird dazu beitragen, die Nachfrage hochzuhalten und weitere Investitionen anzuziehen.
Deutschland liefert 80 Prozent mehr Maschinen für die Halbleiterproduktion
Die singapurischen Importe von Ausrüstung für die Halbleiterherstellung aus Deutschland verbuchten im Jahr 2023 nach jahrelangem Rückgang wieder einen massiven Zuwachs. Mit einem Wert von 135 Millionen US$ erreichten die Lieferungen fast wieder das Niveau von vor der Coronakrise.
Lieferland | Importe 2023*) | Anteil an Gesamtimporten 2023*) | Importwachstum 2023/22 |
---|---|---|---|
Malaysia | 2.413 | 31,1 | -4,8 |
USA | 1.640 | 21,1 | -39,6 |
Japan | 860 | 11,1 | -48,4 |
Taiwan | 800 | 10,3 | -18,3 |
VR China & Hongkong | 744 | 9,6 | -32,3 |
Südkorea | 673 | 8,7 | -39,2 |
Niederlande | 188 | 2,4 | -44,9 |
Deutschland | 135 | 1,7 | 80,8 |
Nach Einschätzung von Tim Philippi, Geschäftsführer der Deutsch-Singapurischen Auslandshandelskammer (AHK, Singaporean-German Chamber of Industry and Commerce), werde Singapur auch künftig ausgezeichnete Absatzchancen für Branchenprodukte made in Germany bieten.
Singapur punktet mit guten Rahmenbedingungen für Chipfirmen
Der Stadtstaat gilt als ein Knotenpunkt des globalen Halbleiterhandels. Rund 1.000 Branchenfirmen sind in Singapur tätig und bilden fast die gesamte Wertschöpfungskette ab. Im Gegensatz zur High-Tech-Schmiede Taiwan haben sich die Chiphersteller vor Ort eher auf Low-End-Chips spezialisiert. Als sogenannte "Commodities" werfen diese allerdings relativ geringe Margen ab. Aber auch hochmoderne Speicherchips werden in Singapur produziert, wie etwa von der US-Firma Micron.
Rund 10 Prozent des globalen Outputs von Halbleitern stammen aus Singapur. Im Stadtstaat werden zudem auch Maschinen und Ausrüstungen für die Halbleiterfertigung produziert.
Abnehmerland | Exporte 2023*) | Exportwachstum 2023/22 |
---|---|---|
VR China & Hongkong | 52,4 | -17,1 |
Malaysia | 11,5 | -19,5 |
Taiwan | 9,0 | -17,3 |
Vietnam | 7,2 | 8,1 |
Südkorea | 6,7 | -2,3 |
Thailand | 5,3 | 27,4 |
USA | 5,2 | -18,7 |
Deutschland | 4,0 | 8,5 |
Japan | 3,8 | -12,7 |
Indonesien | 2,6 | -10,7 |
Die Halbleiterbranche trägt 7 Prozent zur Entstehung des Bruttoinlandsprodukts des Stadtstaats bei. Die Regierung fördert sie unter anderem mit Steuererleichterungen. Der Vorsitzende des Branchenverbandes Singapore Semiconductor Industry Association verweist auf das "National Semiconductor Translation and Innovation Centre". Es wurde im Jahr 2024 für fast 150 Millionen US$ aufgebaut, um das Halbleiterökosystem in Singapur weiter zu stärken.
Der Stadtstaat punktet darüber hinaus als Vertriebsstandort mit sehr gut ausgebildeten Beschäftigten sowie hervorragender Infrastruktur und Logistik. Für Firmenvertreter spielt die Nähe zu den Abnehmern in der Region eine wichtige Rolle. Es werden außerdem umfangreiche Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung getätigt.