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Wirtschaftsausblick | Slowakei

Slowakei zeigt solide Wachstumsraten

Die Konjunkturentwicklung der Slowakei gewinnt an Tempo. Dazu tragen der Privatkonsum und neue Investitionen bei. Zum Problem könnte die wachsende Staatsverschuldung werden.

Von Gerit Schulze | Bratislava

Top-Thema: Investitionsboom in der Energiewirtschaft

In der slowakischen Stromwirtschaft überschlagen sich derzeit die Projektankündigungen. Die Vorhaben verteilen sich auf Atomkraft, Windenergie und Wasserkraft. 

Bei der Windenergie hat die Slowakei enormen Nachholbedarf. Bislang drehen sich dort erst fünf Windräder, weil der Staat keine attraktive Einspeisevergütung gewährte. Mit steigenden Energiepreisen, sinkenden Erstellungskosten und dem Förderprogramm REPowerEU lohnt sich nun der Einstieg für Investoren. Laut Branchenexperten sind derzeit 200 Windturbinen geplant. Zu den Investoren gehören der slowakische Gasversorger SPP sowie die österreichischen Unternehmen WKS Energia, VE Telek und Energiepark.

Regierung plant neuen Atomreaktor

Neben der Windkraft steht der Ausbau der Atomkraft an. Die Regierung hat im Frühjahr 2024 den Bau eines weiteren Kernreaktors mit 1.200 Megawatt Leistung beschlossen. Über die Wahl der Technologie könnte 2025 oder 2026 entschieden werden. Im Gespräch sind Westinghouse, Framatome und Korea Hydro Nuclear Power. Schon jetzt stammen fast zwei Drittel der slowakischen Stromerzeugung aus Kernenergie. 

Viele neue Projekte in der Slowakei gibt es außerdem beim Bau von Batteriespeichern. Der größte Energieversorger Slovenské elektrárne will Batteriespeicher an den Pumpspeicherkraftwerken Dobšiná und Čierny Váh errichten. Auch andere Versorger wie ZSE planen Speicher. Der Bau wird aus EU-Fonds gefördert.

Wirtschaftsentwicklung: Höhere Verschuldung trotz guten Wachstums

Für Wachstumsdynamik in der Slowakei sorgen zurzeit die Privathaushalte, die dank der sinkenden Inflationsrate real mehr Geld in der Tasche haben. Sie profitieren von der guten Lage am Arbeitsmarkt und steigenden Löhnen. 

In seiner Juni-Analyse revidierte das Finanzministerium die Prognose für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) für 2024 auf 2,5 Prozent nach oben. Die Nationalbank erwartet ein Plus von 2,8 Prozent und 2025 von 3,2 Prozent. Etwas darunter liegt die Europäische Kommission mit 2,2 Prozent für 2024 und 2,9 Prozent für 2025. Damit gehört das Land zu den fünf wachstumsstärksten Volkswirtschaften der Eurozone.

Die Verbraucher können mehr konsumieren, weil die Regierung die Energiepreise künstlich niedrig hält und Steuerboni für Kinder einführte. Ruheständler bekommen ab Juli 2024 eine 13. Rentenzahlung. Diese sozialen Wohltaten erhöhen allerdings die Schuldenquote. Das Finanzministerium erwartet für 2024 ein Haushaltsdefizit von knapp 6 Prozent des BIP. Die Europäische Kommission droht bereits mit einem Defizitverfahren.

Um die Einnahmen zu erhöhen, führte die Regierung 2024 eine Mindestkörperschaftsteuer ein, erhöhte die Mehrwert- und Verbrauchsteuern für Alkoholika sowie den Arbeitgeberzuschuss zur Krankenversicherung und erhebt eine Sonderabgabe auf Bankgewinne.

Schwacher Export bremst den Aufschwung aus

Eine Wachstumsbremse ist derzeit der Außenhandel. Im 1. Quartal 2024 sanken die Exporte im Vergleich zur Vorjahresperiode um 7 Prozent. Damit wirkt sich die Konjunkturschwäche in wichtigen Abnehmermärkten negativ aus. Im Hauptindustriezweig, der Automobilindustrie, schrumpften die Umsätze im 1. Quartal 2024 um 13 Prozent zum Vorjahr. Noch stärker sank das Volumen der Neuaufträge: in der Industrie um fast ein Zehntel, im Fahrzeugbau um 14 Prozent.

Auch die Bruttoanlageinvestitionen entwickeln sich 2024 schwächer als im Vorjahr, weil die Ausgangsbasis sehr hoch war (2023: +10,6 Prozent). Erst ab 2025 investieren die Unternehmen wieder stärker in Ausrüstungen. Dabei hilft die vermehrte Abschöpfung von EU-Fördermitteln.

Gesetz soll Investitionen beschleunigen

Die Regierung bereitet ein Investitionsbeschleunigungsgesetz vor, mit dem strategische Bauvorhaben schneller umgesetzt werden können. Davon sollen Autobahnen, Eisenbahnstrecken und Krankenhäuser profitieren. Die Opposition kritisiert die Beschneidung von Eigentumsrechten.

Die staatliche Wirtschaftsförderagentur Sario konnte 2023 gleich 25 neue Investitionsprojekte vereinbaren. Sie betreffen meist Produktionsstätten für Autoteile, Luft- und Wärmetechnik sowie Ausrüstungen für die Energiewirtschaft. Fast die Hälfte der Vorhaben soll im Osten des Landes realisiert werden, wo er höhere Förderquoten und mehr Arbeitskräfte gibt.

Deutsche Perspektive: Neuer Rekord beim Warenaustausch

Dank einer Aufholjagd im Schlussquartal verbuchte der deutsch-slowakische Handel auch 2023 einen Rekord. Destatis ermittelte ein Volumen von 39 Milliarden Euro.

Im 1. Quartal 2024 schrumpfte der Warenaustausch. Laut Eurostat sanken die Importe aus Deutschland um 9 Prozent, die Exporte um 4 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode. Ähnlich schwach entwickelten sich die Warenströme mit den Nachbarländern Tschechien und Polen.

Das Geschäftsklima für deutsche Unternehmen in der Slowakei hat sich in den letzten Monaten deutlich abgekühlt. Das zeigte die Konjunkturumfrage, die mehrere ausländische Handelskammern in Bratislava im Frühjahr 2024 durchführten. Die Hälfte der befragten Unternehmen erwartet für 2024 eine schlechtere Wirtschaftsentwicklung als im Vorjahr. Jede dritte Firma schränkt ihre Investitionsausgaben ein. Sorgen bereiten den Firmen der Arbeitskräftemangel und steigende Lohnkosten. Hinzu kommt die Unsicherheit über den wirtschaftspolitischen Kurs der neuen Regierung in Bratislava.

Dennoch baut die deutsche Wirtschaft ihr Engagement in der Slowakei aus. Sario traf 2023 vier Investitionsvereinbarungen mit deutschen Unternehmen: Lichtgitter will Industriefußböden in Michalovce produzieren, Porsche Batteriemodule in Horná Streda, Brückner Folienstreckanlagen bei Banská Bystrica und Winkelmann Komponenten für Wärmepumpen in Rimavská Sobota.

Im Frühsommer 2024 nahm Evonik eine neue Anlage für Biotenside in Slovenská Ľupča in Betrieb. Außerdem plant der Automobilzulieferer ZF Slovakia die Produktion von Elektromotoren in seinem Werk Trnava.

Weitere Informationen (zum Beispiel Rechtsinformationen oder Branchenberichte) finden Sie auf unserer Länderseite Slowakei.

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