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Wirtschaftsausblick | Slowenien

Slowenien will klimaneutral wachsen

Das Vertrauen der Verbraucher im Land steigt, die Geschäftstätigkeit nimmt Fahrt auf. Öffentliche Investitionen und private Konsumausgaben sorgen für Konjunkturimpulse.

Von Kirsten Grieß | Ljubljana

Top-Thema: Klimaschutz kostet Milliarden Euro

Slowenien hat Mitte Mai 2024 einen aktualisierten Nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) vorgelegt. In der Neufassung erhöht die Regierung den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch deutlich: Bis 2030 sollen es 33 Prozent statt bisher 27 Prozent sein. Der Kohleausstieg ist für 2033 vorgesehen, Strom soll dann unter anderem aus neuen, großen Wasserkraftwerken und einem zweiten Reaktor im Kernkraftwerk Krško kommen. Die Regierung will die Industrie, den Gebäudesektor und den Verkehr dekarbonisieren.

Die Pläne sind ehrgeizig, teuer und vor allem der Bau des Kernkraftwerks ist umstritten. Allein das Kraftwerksprojekt soll bis zu 15 Milliarden Euro verschlingen. Für den Herbst will die Regierung ein Referendum zur Nutzung von Kernenergie und den Bau von Krško 2 ansetzen. Zur Umsetzung der Einzelmaßnahmen des NECP kalkuliert Slowenien bis 2030 rund 23 Milliarden Euro an Investitionen ein. Nur ein kleiner Teil davon kann über EU-Programme gegenfinanziert werden. Den Hauptteil müssen Industrie, Privathaushalte und die öffentliche Hand schultern.

Wirtschaftsentwicklung: Weiteres Wachstum bis 2025

Sloweniens Wirtschaft wuchs 2023 real um 1,6 Prozent, deutlich stärker als der EU-Durchschnitt. Für das laufende Jahr erwartet die Europäische Kommission einen weiteren Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,3 Prozent. Im Jahr 2025 soll sich das Wachstum dann mit einem Plus von 2,6 Prozent fortsetzen. Wichtigster Wachstumstreiber ist die starke Inlandsnachfrage, gespeist aus steigenden öffentlichen Investitionen und einem robusten privaten Konsum.

Finanzielle Situation der Verbraucher verbessert sich

Laut Eurostat sollen die Ausgaben der Privathaushalte 2024 um 1,5 Prozent steigen, 2025 sogar um 2,2 Prozent. Die Prognosen fußen auf einer besseren finanziellen Lage der Haushalte: In den ersten vier Monaten stiegen die nominalen Durchschnittslöhne um 7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Experten erwarten, dass das Lohnwachstum auch 2024 hoch bleiben und bis zu 7,6 Prozent erreichen wird. Gleichzeitig verlangsamt sich die Inflation. Im Mai lag die Preissteigerungsrate im Jahresdurchschnitt bei 4,6 Prozent. Für das Gesamtjahr 2024 geht die Nationalbank von einem Rückgang auf 2,4 Prozent aus - das sind 4,8 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.

Staatliche Investitionen sind die zweite tragende Säule der Konjunktur. Analysten der slowenischen Nationalbank prognostizieren für 2024 einen Zuwachs von 6,6 Prozent. Das ist auch auf einen effektiven Einsatz von Mitteln aus dem EU-Wiederaufbaufonds zurückzuführen: Slowenien stehen aus dem Topf 2,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Bis Mitte Juni wurde davon knapp ein Drittel ausgezahlt. Zusätzlich werden für 2024 rund 500 Millionen Euro an Kohäsionsgeldern erwartet. Die Mittel fließen vorrangig in den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe, aber auch in große Infrastrukturprojekte. Über Ausschreibungen werden zudem Anlageinvestitionen der Privatwirtschaft bezuschusst.

Bauleistung geht zu Jahresbeginn zurück

Von Wiederaufbaumaßnahmen und EU-finanzierten Investitionsprojekten profitierte 2023 vor allem die Bauwirtschaft. Die Bauleistung legte im Gesamtjahr 2023 real um 19,2 Prozent zu. In den ersten vier Monaten 2024 schwächelte die Baukonjunktur hingegen, die reale Bauleistung ging um 3,2 Prozent zurück. Angesichts der geplanten Infrastrukturprojekte ist für 2024 aber mit einem Plus für die Branche zu rechnen.

Zum Jahreswechsel 2023/2024 setzte eine Erholung der Industrieproduktion ein. In den ersten vier Monaten 2024 schrumpfte das Produktionsvolumen zwar noch, der Rückgang war mit 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum jedoch geringer als im Gesamtjahr 2023. Im April 2024 zog die Leistung zuletzt deutlich an und lag um 7,4 Prozent höher als im April 2023. Analysten des slowenischen Wirtschaftsinstituts IMAD leiten aus den Entwicklungen den Beginn eines leichten Aufwärtstrends für das verarbeitende Gewerbe ab. Aufgrund der hohen Exportquote der slowenischen Industrie bleibt die weitere Entwicklung volatil und von einer Erholung der Auslandsnachfrage abhängig.

Arbeitslosigkeit erreicht neues Rekordtief

Die Arbeitslosenquote sank 2023 im Jahresdurchschnitt auf ein Rekordtief von 3,7 Prozent. Analysten erwarten für 2025 einen weiteren Rückgang. Für den angespannten Arbeitsmarkt, der seit Jahren unter fehlenden Fach- und Arbeitskräften leidet, sind das keine guten Nachrichten. Laut einer Umfrage der Agentur für Arbeit wird die Beschäftigung insbesondere im Bau- und Gastgewerbe 2024 weiter stark wachsen. Um offene Stellen zu besetzen, sind Arbeitgeber zunehmend auf Arbeitskräfte aus Drittländern angewiesen. 

Die slowenische Exportwirtschaft startete optimistisch in das Jahr: Im 1. Quartal 2024 zogen die realen Warenexporte nach drei rückläufigen Quartalen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,1 Prozent an. Für das Gesamtjahr 2024 rechnet IMAD mit einem Plus von 0,9 Prozent. Der Export nach Deutschland, einen der wichtigsten Zielmärkte, ging in den ersten drei Monaten des Jahres indes zurück.

Deutsche Perspektive: Klimapolitik birgt Chancen

Der klimaneutrale Umbau bietet deutschen Unternehmen neue Chancen. Insbesondere im Bereich der energetischen Gebäudesanierung können deutsche Produkte und Know-how zum Einsatz kommen. Der weltweit führende Hersteller von Ventilatoren für Lüftungs- und Heiztechnik, ebm-papst, ist seit 30 Jahren in Slowenien vertreten. Durch neue Logistikflächen und zusätzliche Investitionen in die Produktionsanlagen erweitert das Unternehmen seine Aktivitäten im Land. Unter den meisten deutschen Unternehmen in Slowenien ist die Stimmung allerdings verhalten. Die schwache Auslandsnachfrage trübt die Aussichten. Größere Betriebe suchen händeringend Arbeitskräfte, während die Lohnkosten steigen. 

Die Frühjahrsumfrage der Deutsch-Slowenischen Industrie- und Handelskammer zeichnet ein gemischtes Bild zur Stimmung der deutschen Unternehmen: Die Befragten loben das Wirtschaftsumfeld und die Infrastruktur des Landes. Als größtes Geschäftsrisiko werden hohe Arbeitskosten und Fachkräftemangel, eine unberechenbare Wirtschaftspolitik und die hohe Steuerbelastung benannt.

 

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